
Sind die alten Arbeiterhäuser in dem Quartier zwischen Fritz-Soldmann- und Gartenstadtstraße nicht zu retten? Diese Frage können nur Fachleute beurteilen. Laut Bauverein Schweinfurt, der im Besitz der Häuser ist, ist die Antwort klar: Die Häuser können nicht saniert werden. Und so müssen sie weg, der Zukunft weichen, einer modernen Gartenstadt wie sie sich der Bauverein vorstellt – mit verschiedenen Wohnformen, verschiedenen Angeboten, für Familien, für Senioren und so weiter.
Wie soll die moderne Gartenstadt in diesem Quartier aussehen? Ganz anders als heute. Auf den ersten Blick wirken die Pläne ähnlich, doch spätestens die Entwürfe zeigen: rein optisch liegen zwischen der alten Bebauung mit den Wand an Wand gebauten Reihenhäusern und dem, was sich Architekten nun ausgedacht haben, Welten.
Mehrfamilienhäuser mögen Sinn machen, um Platz in der Stadt zu schaffen für mehr Wohnraum; auch Doppelhaus-Hälften oder Reihenhäuser. Dass sie zwangsläufig so gebaut werden müssen, wie es in der Gartenstadt geplant ist, macht keinen Sinn. Das Satteldach hat ausgedient. Geplant werden nur noch Häuser mit Flachdächern.
Viele der Gartenstreifen hinterm Haus verschwinden, dafür gibt es gemeinsame Grünflächen für Urban Gardening; also Gärtnern in der Stadt. Man denkt an Barrierefreiheit, an Regenwasserversickerung. Alles keine schlechte Idee. Nur mit der ursprünglichen Struktur der Gartenstadt scheint das nicht mehr viel zu tun zu haben. Die Arbeiterhäuser werden zu modernen Bauten, mal kleiner, mal größer, mal mit, mal ohne Garten.
So geht ein Stück Schweinfurt verloren, wie es Oberbürgermeister Sebastian Remelé im Bauausschuss des Stadtrats formuliert hat. Stimmt. Dass es Zwänge dafür gibt, dass es nicht anders geht, dahinter steht aber ein großes Fragezeichen.
Warum kann man die alte Struktur nicht wirklich aufgreifen? Warum müssen Dächer immer flach sein? Warum gibt es offenbar nur eine Formsprache, die zum Standard moderner Gebäude aufgestiegen ist? Quadratisch, praktisch, ungut. Häuser, die überall zu finden sind – ob in Schweinfurts neuem Stadtteil Bellevue, in der Innenstadt oder einem Neubaugebiet auf dem flachen Land.
Andere Städte machen es vor, lassen Arbeiterviertel stehen, renovieren alte Häuser oder ahmen sie nach. Um Geschichte eben nicht ganz auszuradieren, sondern zu erhalten und wieder mit Leben zu erfüllen.
Schweinfurt hatte mit der Sanierung im und nahe dem Zürch gezeigt, dass man lebenswerten Wohnraum schaffen kann ohne auf das 08/15-Konzept (quadratisch-praktisch-teuer&gesichtslos) zurückzugreifen.
Das erfordert etwas mehr Planungsgrips und Engagement, aber auch das Beispiel des Domicil-Pfelegeheims in der Theresienstadt zeigt, dass es machbar ist.
Man (Bauausschuss, Stadtrat) muss halt willens sein und nicht auf das bequeme Vehikel des vorhabenbezogenen Bebauungsplans zurückgreifen, das Investoren fast alle Freiheit lässt und fast immer zu 08/15 führt.