Wie sich Tradition und Moderne vereinen lassen, zeigen die Gochsheimer Planpaare schön nach ihrem Auftritt beim Festakt in der Frankenhalle Sennfeld. Nach dem Tanz wird erst einmal neuzeitlich abgeklatscht in der überlieferten Tracht.
Seit 1649 feiern Gochsheim und Sennfeld Friedensfest. Dazu gehören singen, musizieren, Predigt und Tanz bei Kirm und Kärm, die mit dem Friedensfest gefeiert werden, in den beiden Dörfern. Das haben die Vorfahren so festgeschrieben.
Die Tradition lebt, das ist auch den jungen Leuten zu verdanken, die mit Begeisterung Dreher und Hüpfer tanzen, stolz drauf sind, Planpaare zu sein. Oder Fichtenburschen, Mundschenk oder einer der vielen Helfer und Akteure im Hintergrund, ohne die das alles nicht möglich wäre.
Das Friedensfest hat seit November vergangenen Jahres einen besonderen Status: Es steht auf der Bayerischen und deutschen UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes. Zusammen mit den Oberammergauer Passionsspielen, zum Beispiel. Bezirksheimatpfleger Klaus Reder sagt das, um zu zeigen, in welcher Liga Sennfeld und Gochsheim spielen.
Gesang, Musik, Tanz und Predigt
Nach der Seligsprechung in der Residenz in München (stellvertretender Landrat Peter Seifert) im November, der offiziellen Auszeichnung, gibt's jetzt noch ein gemeinsames Fest in Sennfeld. Mit Gesang, Musik, Plantanz und Predigt, wie es sich gehört.
Und mit Kirchweih-Atmosphäre: Planbaum (etwas kleiner als sonst), der Gochsheimer Plankuchen, Wimpel und die Wappen beider Dörfer mit dem Reichsadler. Dazu kommt eine großen Kapelle aus Musikverein Gochsheim/Weyer und den Jungen Sennfeldern, der Posaunenchor Sennfeld, der Zuhörerchor mit Frankenlied und Bayernhymne.
Gochsheims Bürgermeisterin Helga Fleischer und ihr Sennfelder Kollege Emil Heinemann sind stolz auf die gelebte Tradition in ihren Dörfern und gehen auch auf die geschichtlichen Hintergründe ein. „Mir ist nicht bange, dass auch unsere Urenkel noch Friedensfest feiern“, sagt Fleischer.
Gemeinsam haben damals im 17. Jahrhundert Sennfeld und Gochsheim dafür gekämpft, wieder reichsfrei zu sein, nicht zur Herrschaft des Würzburger Fürstbischofs zu gehören. Die Gemeinsamkeit wird auch seit 1999 bei einem gemeinsamen Grenzsteinfest gefeiert. Eine schöne neue Tradition, findet sie. Allein hätte es keines der Dörfer geschafft, sich erfolgreich mit der Herrschaft anzulegen, betont Emil Heinemann.
Außergewöhnlich und einmalig
„Wir feiern kein Bier-und Weinfest“, sagt Emil Heinemann. Außergewöhnlich und einmalig sei das Friedensfest. Mut, Standhaftigkeit und Ausdauer der Vorfahren wird gefeiert, sagt er. 14 Jahre Rechtsstreit haben die Gochsheimer und Sennfelder im 17. Jahrhundert ausgehalten, um das zu bekommen, was ihnen wichtig war: Freiheit.
Heinemann spricht in diesem Zusammenhang von der den Franken eigenen positiven Sturheit. Freiheit sei heute für viele ein Traum. Und wie es das Beispiel der beiden Dörfer zeigt, nichts, was einem in den Schoß fällt. Trotz der vielen Gemeinsamkeiten gibt's aber schon einen eigenen Sennfelder und einen eigenen Gochsheimer Patriotismus. Gochsheims Pfarrerin Monika Roth-Stumptner sagt den Predigt-Teil an: Ein witziges, lockeres Gespräch der Pfarrer Stefan Stauch (Sennfeld) und Wolfgang Stumptner (Gochsheim).
Die Bemerkung der Pfarrerin, zwischen den Dörfern herrsche einig Liebe sorgt für Bewegung und Heiterkeit im Publikum. Ihr Nachsatz bringt allerdings alles wieder ins Lot: „Es gibt Sticheleien hin und her.“
Die beiden Pfarrer sticheln auch ein bisschen. Der Gochsheimer meint, bis die Sennfelder in die Pötte kommen, haben die Gochsheimer schon ihr halbes Kirchweih-Tagesprogramm absolviert. Und der Sennfelder erzählt zur großen Heiterkeit der Sennfelder im Saal, warum er immer nur eine Ehrenrunde mittanzt, am Plan: Anfang August fängt sein Bein immer so an zu zwicken, bei der Kirchweih schafft er dann wirklich keinen weiteren Tanz mehr. . .
Tradition in jungen Händen
Beide Pfarrer freuen sich, dass die Tradition in den Händen der jungen Leute liegt, die mit Begeisterung bei der Sache sind. Sie werden aber auch ernst, beten für Frieden und Freiheit hier und in der Welt.
Bevor die Planpaare unter Applaus die Bühne stürmen und deutlich zeigen, wie stolz sie sind und wieviel Spaß sie haben, macht sich Bezirksheimatpfleger Klaus Reder Gedanken zum Thema Fortschritt und Frieden. Welchen Sinn macht feiern, wenn einem Fest die Tiefe fehlt, fragt er. Und was ist ein Brauch ohne die Menschen, die ihm Lebenskraft geben?
Das Dorf als Lebensform
Für Reder ist ein Dorf vor allem eine Lebensform, eine Gemeinschaft. Dabei gelte es, eine Balance zwischen Individualismus und Gemeinschaft zu finden. Gemeinsame Momente ohne Stress wünscht sich Reder in den Dörfern. Dazu braucht es Treffpunkte ohne laufende Kosten und Satzungen, eine neue Kultur der Nachbarschaft, in der man mitmacht, sich nicht abschottet. Reder fordert eine neue soziale Kultur, in der jeder einen Platz und eine Aufgabe hat. „Schieben wir unsere Alten und Schwachen nicht ab.“
Was er sich noch wünscht: Das Fremde nicht als Bedrohung sehen und sich die Welt ins Dorf zu holen. „Das macht zufriedener und dankbarer.“
Heimatverbunden und weltoffen: Für Regierungspräsident Paul Beinhofer ist das die Kombination für die Zukunft. Friede und Freiheit sei ein hochaktuelles Thema, es sei wichtig, für seine Rechte und seine Freiheit einzutreten.