
Die fragwürdigen "Liebesbeweise" für eine Kollegin haben einen aus Schweinfurt stammenden ehemaligen Staatsanwalt bereits die Karriere kostet. Jetzt endet auch seine Freiheit: Das Bayerische Oberste Landesgericht als letzte Instanz hat die Revision gegen eine Haftstrafe endgültig verworfen, bestätigt der Leiter der Pressestelle, Stefan Tratz.
Die öffentlich gewordene Leidenschaft des 36-Jährigen für eine frühere Studienkollegin bereitet der Würzburger Justiz seit Jahren Kopfzerbrechen, in drei Prozessen war gegen den Juristen verhandelt worden. Sie habe den in Würzburg und Schweinfurt tätigen Staatsanwalt nur als guten Freund angesehen, sagte die Anwältin selbst als Zeugin vor Gericht aus. Dies habe sie ihm auch deutlich gemacht.
Studienkollegin und Anwältin über Jahre verfolgt
Indizien und Zeugenaussagen in den drei Verfahren belegten, dass der Mann die Kollegin seit 2013 in Würzburg verfolgte. Die Nachstellungen gingen über Jahre: Er lauerte an ihrer Wohnung unter ihrem Balkon oder spähte im Internet ihre Familie aus. Zeugen zufolge soll die Juristin stark unter der Verfolgung gelitten haben.
Zwar ging der Mann die Betroffene nicht direkt an. Aber er zündete beispielsweise Autos von Menschen aus ihrem Umfeld an und wurde dafür zunächst zu einer eineinhalbjährigen Haftstrafe mit Bewährung verurteilt. Während die Bewährung noch lief, beschädigte er - mit Perücke als Frau getarnt - erneut Fahrzeuge: die Autos eines Kanzleikollegen der Anwältin in Würzburg sowie ihrer Schwester in München.
Aus Gründen der Unabhängigkeit vertrat ein Staatsanwalt aus Hof die Anklage. Der Angeklagte bezichtigte vor Gericht Staatsanwalt und Polizei, nicht sorgfältig ermittelt zu haben. Das Landgericht Würzburg bestätigte jedoch im Juli 2021 die Verurteilung am Amtsgericht zu sechs Monaten Gefängnis ohne Bewährung. Der Verurteilte ging in Revision.
Durch die Taten des früher in Schweinfurt und Würzburg tätigen Jurist war herausgekommen, dass er am Asperger-Syndrom leidet: Diese Erkrankung macht Betroffene zu Außenseitern, die sich schwer tun, soziale Kontakte aufzunehmen. Schuldunfähig ist der Mann nach Auffassung eines Gutachters dadurch nicht. Verteidiger Hanjo Schrepfer hatte es als "tragisch" bezeichnet, dass die Krankheit seinem Mandanten "offensichtlich auch die Fähigkeit nahm, verteidigungstaktisch sinnvoll vorzugehen". Eine Inhaftierung, so der Anwalt, "wäre vermeidbar gewesen".
Offene Frage: für ein halbes Jahr oder zwei Jahre ins Gefängnis?
Nach der Entscheidung des Bayerisches Obersten Landesgerichts muss der verurteilte 36-Jährige nun in Haft. Ob für sechs Monate oder gar für zwei Jahre, ist noch offen. Denn die 18 Monate Haft, für die der Jurist wegen ähnlich gelagerter Taten bereits verurteilt worden war, waren zunächst zur Bewährung ausgesetzt. "Das Gericht, welches die Bewährung zu überwachen hat, kann die Bewährung in dem früheren Urteil widerrufen, so dass der Verurteilte die Freiheitsstrafe zu verbüßen hat", teilt ein Sprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft Hof auf Anfrage mit. Dies sei aber noch nicht entschieden.
Für die Justiz ist die Haft jedenfalls heikel: Sie hat eine Fürsorgepflicht für den Gefangenen und muss ihn vor möglichen Übergriffen anderer Häftlinge schützen, die ihn aus seiner Zeit als Staatsanwalt in Unterfranken kennen könnten. Anfragen bei weit entfernten Gefängnissen nach einer Haftmöglichkeit laufen nach Information dieser Redaktion bereits seit geraumer Zeit.