Die geplante Sperrung des Waldwegs bei Neuhausen, die die Bayerischen Staatsforsten noch im Lauf dieses Monats mit dem Aufstellen von Verkehrszeichen vollziehen möchte, sorgt vor Ort weiter für Unmut. Ein Einwohner des kleinen Michelauer Ortsteils unmittelbar am Rand des Steigerwalds hat sich mit einer Reihe von Fragen beziehungsweise Vorwürfen gegenüber den Verantwortlichen an diese Redaktion gewandt. Dem ist die Redaktion nachgegangen.
Der wohl schwerwiegendste Kritikpunkt: Sollte die verbleibende einzige Zufahrtsstraße nach Neuhausen, von Prüßberg her, nicht passierbar sein, etwa wegen Unwetterschäden oder nach einem Unfall, gelangten Rettungskräfte nicht mehr auf gesichertem Weg nach Neuhausen. Teilen diese die Sorge?
Grundsätzlich dürfen Einsatzfahrzeuge von Hilfs- und Rettungsdiensten im Notfall dank Sonderrechten auch regulär gesperrte Straßen und Wege nutzen. Darauf verweisen Kreisbrandrat (KBR) Holger Strunk als auch Florian Biber, Sachgebietsleiter Rettungsdienst beim Roten Kreuz in Schweinfurt. Unter normalen Umständen können die Retter also weiter problemlos den für den allgemeinen Verkehr gesperrten Waldweg zwischen der Eschenauer Kreuzung und Neuhausen nutzen. Dieser wird auch "sicher" so in Schuss gehalten werden, dass er für Lastwagen befahrbar bleibt, verspricht Barbara Ernwein, die Leiterin des Forstamts in Ebrach.
Anders könnte es aussehen, sollte nach starkem Schneefall, Glatteis oder aufgrund umgefallener Bäume nach einem Sturm die reguläre Hauptzufahrt von Püßberg kommend unpassierbar sein. Dann dürfte wahrscheinlich auch der Waldweg nicht nutzbar sein. In so einem Fall müssten Hilfskräfte sich mit Unterstützung Ortskenntlichen andere Wege suchen, meint KBR Strunk. Notfalls müssten sich Sanitäter mit geschultertem Gerät zu Fuß durchschlagen, meint Biber. Schlimmstenfalls würde die Luftrettung alarmiert.
Nicht das Befahren des Waldwegs sei rechtswidrig, sondern dessen vom Landratsamt angeordnete Sperre, meint der Mann aus Neuhausen. Hat er Recht?
Das Bayerische Waldgesetz (Artikel 13) erlaubt jeder und jedem das Betreten des Waldes zur Erholung. Dies gilt jedoch nicht für das Befahren mit Kraftfahrzeugen. Auch öffentliche Forstwege dürfen nur unter bestimmten Voraussetzungen befahren werden. Unstrittig ist zudem laut Auskunft des bayerischen Forstministeriums, dass ein Befahrungsverbot für Kraftfahrzeuge aller Art gilt, sobald am Weg ein Verkehrszeichen 250 (Durchfahrt verboten) steht.
Um zu beurteilen, ob das bisher geduldete Befahren des Waldwegs legal war (oder noch ist), kommt es laut Ministerium auf dessen Status an: Ist der Weg als öffentliche Straße gewidmet oder nicht? Dies im Zweifelsfall zu klären, sei Aufgabe der zuständigen Verkehrsbehörde.
Diese sitzt im Landratsamt Schweinfurt. Dort heißt es, dass es sich bei dem Waldweg bei Neuhausen um keine" rechtlich-öffentliche Verkehrsfläche" handelt, weil eine entsprechende Widmung fehlt. Da der Waldweg der Allgemeinheit bisher uneingeschränkt zur Verfügung stand, handle es sich um einen "tatsächlich-öffentlichen Weg". Ein solcher dürfe – wie hier der Fall – mit Zustimmung des Eigentümers (Forstamt Hundelshausen/Bayerische Staatsforsten) genutzt werden. Dies war hier laut Landratsamt seit längerer Zeit der Fall. Wegen der stillschweigenden Duldung war das Befahren des Wegs auch legal.
Dies sieht auch Ernwein vom Forstamt Ebrach so. Sie macht aber auch klar, dass es "keinen rechtlichen Grund gibt, die Straße nicht zu sperren". Dies sieht auch die Verkehrsbehörde in Schweinfurt so: Die Staatsforsten sei als Eigentümerin berechtigt, ihre Zustimmung zur Nutzung des Waldwegs nun zu "widerrufen". Das Durchfahrtsverbot werde mit Aufstellen der Verkehrszeichen wirksam.
Ist nach so langer Zeit der Duldung des Verkehrs auf dem Waldweg ein sogenanntes Gewohnheitsrecht abzuleiten?
Das Landratsamt schätzt, dass ein solches Recht nicht besteht. Für eine endgültige Aussage müsste diese Frage aber gegebenenfalls genauer juristisch geprüft werden, heißt es seitens der Behörde.
Ist an der Vermutung des Neuhäusers etwas dran, dass es sich bei der Sperre des Wegs und einen "Racheakt" des Forstamts handeln könnte, weil die Gemeinde Michelau einen Zuschuss zum Unterhalt des Weges von 3000 Euro jährlich abgelehnt hat?
Für Bürgermeister Michael Wolf ist die Zuschuss-Anfrage des Forstbetriebs ein "normaler Antrag" gewesen. Es war das erste Mal. Da der Waldweg auf gemeindefreiem Gebiet liegt, die Gemeinde also auch nicht zum Unterhalt des Weges verpflichtet ist, habe der Gemeinderat den Antrag abgelehnt. Es ging da laut Wolf in erster Linie darum, keinen Präzedenzfall für mögliche Zuschussanträge für den Unterhalt weiterer Wege, die der Gemeinde nicht gehören, zu schaffen. Dem Bürgermeister zufolge habe das Forstamt "im Kontext der Anfrage" erwähnt, dass der Weg im Falle einer Ablehnung gesperrt werden könnte.
Michael Wolf ist neben seinem Nebenberuf als Bürgermeister bekanntlich bei den Bayerischen Staatsforsten beschäftigt. Kommt es hier zu Interessenkonflikten oder gar "Mauscheleien", wie es der Mann aus Neuhausen andeutet?
"Ich bin nicht auf Seiten der Staatsforsten", widerspricht Wolf dem Verdacht, er vertrete im Zweifelsfall eher die Interessen seines Arbeitgebers als die der Gemeinde. Er selbst könne die geplante Sperrung des Waldwegs "nicht nachvollziehen", sagt Wolf.
Letztlich ist dies aber nur eine Verifizierung von Erzählungen, hat aber keinen Einfluss auf das Gewohnheitsrecht.
"Im Kontext " werden die Befürchtungen des Neuhäuser Bürgers bestätigt: Sanitäter zu Fuss auf fast 2 km, ein Waldweg für LKW, aber weder für "tiefliegende" Sanitätswagen oder Rüstwagen der Feuerwehr geeignet. Und war der Harvester erstmal zu Gange.....
Aber lassen wir die Kirche im Dorf und bei der Sache.
Erzählungen zu Folge gab es im 19. Jahrhundert einen Tausch zwischen dem Kloster Ebrach und den Neuhäusern - Wald gegen Wiesen. Seit dieser Zeit, und wohl schon lange davor, wurde also der Waldweg öffentlich genutzt. Vermutlich im Zuge der Enteignung der Klöster anfangs des 20. Jahrhunderts ( was sicher nachprüfbar ist) fiel der Wald und damit auch der Weg wohl an den Staat.
Über eine Sperrung des Weges ist seither nichts bekannt, so dass man gar vermuten könnte, dass den Neuhäusern beim Tausch ein "Wegerecht" eingeräumt wurde.
Somit besteht wohl nicht nur ein Gewohnheitsrecht, sondern möglicherweise ein altes verbrieftes Wegerecht.