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Stadtlauringen
In der deutschen Botschaft auf Madagaskar wird am Nationalfeiertag Käsekuchen à la Stadtlauringen serviert
Sarah Braun aus Stadtlauringen war für "Handwerker ohne Grenzen" auf Madagaskar im Einsatz. Was 20 Frauen von ihr lernten und wie die Reise ihren Arbeitsalltag bereichert.
'Der Einsatz war ein voller Erfolg!', sagt die Stadtlauringer Bäckerin Sarah Braun, die für 'Handwerker ohne Grenzen' zwei Wochen auf Madagaskar war und jungen, alleinerziehenden Frauen die Grundlagen des Bäckerhandwerks beibrachte.
Foto: René Ruprecht | "Der Einsatz war ein voller Erfolg!", sagt die Stadtlauringer Bäckerin Sarah Braun, die für "Handwerker ohne Grenzen" zwei Wochen auf Madagaskar war und jungen, alleinerziehenden Frauen die Grundlagen des ...
Irene Spiegel
 |  aktualisiert: 15.04.2025 16:20 Uhr

Möglicherweise gibt es in der Bäckerei Braun in Stadtlauringen bald eine neue Spezialität: Bananenbrot aus Madagaskar. Juniorchefin Sarah hat das Rezept von ihrem Einsatz für "Handwerker ohne Grenzen" mitgebracht. Das ist ein europäisches Netzwerk von Handwerksorganisationen, die Handwerkerinnen und Handwerker für Einsätze in der internationalen Zusammenarbeit fortbilden und an Projekte vermitteln.

Zwei Wochen verbrachte die 36-Jährige in der madagassischen Hauptstadt Antananarivo und zeigte dort jungen Frauen, wie Brot, Brötchen, Brezeln, Kekse und Kuchen gebacken werden. Weil es auf Madagaskar reichlich Bananen gibt, kamen aber nicht nur deutsche Spezialitäten in den Backofen, sondern auch das beliebte "Mofomamy akondro", wie das Bananenbrot auf Madagassisch heißt.

"Die Madagassen mögen gern Süßes", erzählt Sarah Braun. Die 36-Jährige genießt gerade bei einer Tasse Kaffee ihren Feierabend in der Mittagssonne auf der Terrasse der elterlichen Bäckerei in der Kirchtorstraße in Stadtlauringen. Seit Ende März ist sie zurück. Ein paar Tage habe es gebraucht, wieder in den deutschen Arbeitsrhythmus zu kommen. An Wochenenden steht die junge Bäckerin ab 3 Uhr in der Backstube.

Fotoserie

In Antananarivo begann der Arbeitstag erst um halb neun. Die Backstube befand sich in einem Restaurant, und an manchen Tagen musste improvisiert werden. Zum Beispiel als der Strom über mehrere Tage ausfiel und der Elektroofen kalt blieb. Auch die elektrische Teigmaschine stand still. Kurzfristig wurde ein Kohleofen besorgt und der Teig eben mit der Hand geknetet. "Das dauerte zwar alles dreimal so lange, aber es hat gut funktioniert", sagt Sarah Braun lachend.

Vom Modemanagement in die Bäckerei

In Stadtlauringen arbeitet die 36-Jährige in einer gut ausgestatteten Bäckerei gemeinsam mit den Eltern Barbara und Hans-Jürgen Braun, ihren beiden Tanten und dem Onkel sowie einem Gesellen. Nächstes Jahr feiert der Familienbetrieb 100-Jähriges. Sarah ist als vierte Generation eingestiegen. Danach hatte es erst gar nicht ausgesehen. Sarah studierte nach dem Abitur Modemanagement in Hamburg und arbeitete sechs Jahre für eine Exportfirma in Hongkong.             

Die Stadtlauringer Bäckerin Sarah Braun bringt jungen Frauen auf Madagaskar das Handwerk des Backens bei.
Foto: Sarah Braun | Die Stadtlauringer Bäckerin Sarah Braun bringt jungen Frauen auf Madagaskar das Handwerk des Backens bei.

Vor ein paar Jahren kam sie dann zurück nach Stadtlauringen und machte eine Bäckerlehre im elterlichen Betrieb. "Das war schon ein Kulturschock", beschreibt die 36-Jährige den Wechsel von der Metropole aufs Land. Sie wollte raus aus der Modebranche, obwohl ihr die Arbeit immer viel Spaß gemacht hat. In Bangladesch hat sie aber die Arbeitsbedingungen der Textilarbeiterinnen gesehen. Und dann über ihr weiteres Berufsleben nachgedacht.

"Ich wollte schon immer in die Entwicklungszusammenarbeit", sagt Sarah Braun. Früher hat man von Entwicklungshilfe gesprochen, diesen Begriff will man heute nicht mehr verwenden. Denn es geht darum, dass man die Menschen in den Ländern, mit denen man zusammenarbeitet, achtet und respektiert. Sie werden nicht als Empfänger von Hilfsleistungen betrachtet, sondern als Partner auf Augenhöhe.

Die junge Bäckerin aus Stadtlauringen lernte die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Entwicklungsorganisation Sequa kennen, die seit 1991 Projekte und Programme der internationalen Zusammenarbeit durchführt. Ziel ist es, die Lebens- und Arbeitsbedingungen möglichst vieler Menschen zu verbessern. Im Einsatz hierfür sind "Handwerker ohne Grenzen".

Backkurs soll alleinerziehenden Frauen berufliche Wege eröffnen

Die Qualifizierung erfolgt über die Fortbildung zum internationalen MeisterSarah Braun machte die einjährige Ausbildung an der Handwerkskammer Schwaben. Hier, so sagt sie, lernt man Kompetenzen jenseits der Fachlichkeit. Zum Beispiel Faktenwissen über Arbeitsbedingungen, Klima, Unterkunft oder kulturelle Besonderheiten. Zum Lehrgang gehörte auch eine Projektwoche. Die brachte Sarah Braun damals nach Westafrika, in den Senegal.

Zwei Jahre später kam nun der erste Projekteinsatz für "Handwerker ohne Grenzen" auf Madagaskar, dem größten Inselstaat Afrikas. Aufgabe der Stadtlauringer Bäckerin war es, in zwei Wochen 20 alleinerziehenden Müttern aus benachteiligten Stadtvierteln von Antananarivo das Backhandwerk beizubringen, um sich selbstständig machen zu können oder eine Festanstellung zu bekommen.

Hier werden Croissants gebacken. 
Foto: Sarah Braun | Hier werden Croissants gebacken. 

Madagaskar ist eines der ärmsten und eines der am stärksten von Korruption betroffenen Länder der Welt. Mehr als drei Viertel der Bevölkerung lebt in extremer Armut. "Jeden Tag habe ich Kinder gesehen, die auf Müllbergen nach Essen suchten." Für Sarah Braun schwer zu akzeptieren, weil das Land reich an Ressourcen und fruchtbaren Böden ist. Was sie sehr berührt hat: "Die Menschen sind zwar arm, aber so herzlich, offen und hilfsbereit." 

Sauerteig gelingt auch mit Weizenmehl

Zu Beginn jeden Tages wurden die Rezepte und Abläufe des Backens erklärt. Danach ging's an die Praxis. Die Bäckerin aus Stadtlauringen zeigte den Frauen, wie man die Teige knetet, einen Sauerteig ansetzt oder Brezeln formt. Apropos Sauerteig: Weil es kein Roggenmehl gab, nahm Sarah Braun Weizenmehl. Das Brot gelang. Eine Erfahrung, die Sarah Braun mit nach Hause nimmt. Künftig wird es in Stadtlauringen Brötchen und Baguette aus Weizensauerteig geben.

Die jungen Frauen waren wissbegierig und lernten schnell. "Wir haben zusammen gebacken, fast wie in der heimischen Backstube." Von Baguette über Toast bis hin zu Croissants und Käsekuchen. Und die Qualität sei richtig gut gewesen, lobt die Bäckerin ihre Schülerinnen.  

Die Frauen durften auch selbst Wünsche äußern, was sie gerne backen möchten. Dabei wurde berücksichtigt, welche Produkte sich in Madagaskar gut verkaufen lassen und welche Zutaten vor Ort vorhanden sind. Die Kursteilnehmerinnen kalkulierten dann selbst, zu welchem Preis sie die Produkte herstellen und verkaufen können.

Sarah Braun im Kreis ihrer Kursteilnehmerinnen: 'Die Frauen haben mich zutiefst inspiriert, nicht zuletzt aufgrund ihrer Freude, ihres Engagements und ihres Wissensdurstes.' 
Foto: Sarah Braun | Sarah Braun im Kreis ihrer Kursteilnehmerinnen: "Die Frauen haben mich zutiefst inspiriert, nicht zuletzt aufgrund ihrer Freude, ihres Engagements und ihres Wissensdurstes." 

"Die meisten Frauen möchten sich selbstständig machen", weiß Sarah Braun. Zum Beispiel mit einer Gargotte, das sind kleine Ladentheken mit Straßenverkauf. In Antananarivo gebe es kaum Bäckereien, sondern vielfach nur Fabrikware. Eine Möglichkeit für die Frauen wäre es auch, so Sarah Braun, eine gemeinsame Bäckerei zu eröffnen, die qualitativ hochwertige Produkte anbietet. Oder einen Partyservice zu gründen, der Büros und Veranstaltungen beliefert. 

Zuschuss für die Selbstständigkeit

Teilweise erhalten die Frauen einen Zuschuss, um sich selbstständig machen zu können. Denn die Anschaffung der Geräte sei mit hohen Kosten verbunden. "Ein Elektroofen kostet 100 bis 200 Euro", weiß Sarah Braun, die den Frauen spontan ihre von Zuhause mitgebrachte Teigmaschine schenkt. "Die Entschlossenheit dieser jungen Frauen, trotz aller Widrigkeiten ihre Träume zu verwirklichen, das hat mich tief berührt." 

Der Käsekuchen nach Stadtlauringen-Rezept kam besonders gut an. 
Foto: Sarah Braun | Der Käsekuchen nach Stadtlauringen-Rezept kam besonders gut an. 

Höhepunkt des zweiwöchigen Backkurses war die Präsentation aller Backwaren bei der Zertifikatsübergabe im madagassischen Handwerksministerium. Der Vertreter der Deutschen Botschaft sei so begeistert gewesen, erzählt Sarah Braun, dass die Frauen gleich ihren ersten Auftrag erhielten. Sie sollen für die Festveranstaltung zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober in der deutschen Botschaft die Backwaren herstellen. Vor allem der Käsekuchen habe dem Botschaftsvertreter besonders gut geschmeckt.  

Auf ihrem Handy zeigt Sarah Braun ein Foto von strahlenden Frauen, die stolz ihr Zertifikat in den Händen halten. "Solche kleinen Projekte bringen sehr viel, weil sie direkt am Menschen sind", sagt sie. Die 36-Jährige will deshalb auch künftig für "Handwerker ohne Grenzen" im Einsatz sein. "Lust hätte ich auf Ruanda oder Äthiopien." Als Nächstes aber steht erst einmal das 100. Jubiläum der elterlichen Bäckerei 2026 an. Möglicherweise wird das Fest mit "Mofomamy akondro" gefeiert, dem süßen Bananenbrot aus Madagaskar.   

 
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