Für Bayerns Landwirte ist die Tierhaltung der wichtigste Betriebszweig und spielt mit jährlich sieben Milliarden Euro fast 70 Prozent der Verkaufserlöse ein. Anders sieht die Situation im Landkreis Schweinfurt aus, wo der Ackerbau überwiegt, wo neben dem Getreide und den Zuckerrüben, den Ölsaaten und dem Mais die Sonderkulturen Wein, Spargel, Beerenfrüchte und der Kräuteranbau intensiv gepflegt werden.
Die in den letzten fünf Jahrzehnten vom Veterinäramt, dem Statistischen Landesamt und vom Bauernverband für den Landkreis notierten Zahlen zeigen bei der Tierhaltung einen deutlichen und stabilen Trend nach unten. Stadt und Landkreis Schweinfurt sind beim Fleisch auch rein rechnerisch längst keine Selbstversorger mehr. Seit 1999 ist der Bestand an Rindern um 10 000 Stück auf heute 14 000 und bei den Schweinen von 73 000 auf 23 500 gesunken.
Warum gibt es immer weniger Kühe?
Mit 5000 Hektar Grünland liegt der Landkreis weit unter dem Landesdurchschnitt. Schon in den benachbarten Kreisen summieren sich die Wiesen auf zumindest die doppelte Fläche. 1970, also vor 50 Jahren, standen in den damals viel kleineren, aber auch viel zahlreicheren Ställen noch knapp 50 000 Rinder. 1990 war es noch 40 000, im Jahr 2000 dann 23 500 und heute sind es im ganzen Landkreis noch 14 000. Tierhaltung mache Arbeit, "viel Arbeit" und sei neben dem Ackerbau kaum zu bewältigen, sagt Manfred Kraus, Geschäftsführer des Bauernverbands Schweinfurt. Auch wegen der enorm hohen Investitionen in jeder Sparte der Landwirtschaft sei es geboten, ein Segment und dieses konsequent zu bedienen. Kraus untermauert das Muss zur Spezialisierung mit Beispielen: Der Stallplatz pro Milchkuh sei mit über 10 000 Euro zu veranschlagen, ein neuer Mähdrescher ab 300 000 Euro zu haben. Geschrumpft ist die Anzahl der Rinderhalter im Kreis von 620 im Jahr 1999 auf jetzt 189 Bestände.
Welche Rolle spielt das Tierwohl im Schweinestall?
Drastischer noch ist der Rückgang bei der Schweinehaltung. In den Ställen im Landkreis standen 1970 über 100 000 Tiere. Vor 20 Jahren waren es 70 000. Heute sind es 25 000 in weniger in 195 Beständen (im Jahr 2011: 425 Höfe). Wo die Reise hingeht, das zeigt ein Blick auf die Anzahl der Ferkelerzeuger. Waren vor 50 Jahren noch 1700 Züchter und 10 000 Tiere gemeldet, so sind es heute gerade noch 31 Betriebe mit 1500 Tieren. "Goldene Nasen hat mit der Schweinemast der Bauer seit Jahrzehnten nicht verdient", sagt Manfred Kraus. Nur durch Menge habe sich der Arbeitsaufwand gelohnt. Aktuell sei dies auch durch die immer schärferen gesetzlichen Vorgaben nicht mehr erfüllt. Mehr Tierwohl praktiziere der Landwirt gerne. Doch über den Preis beim Schweinefleisch seien diese Forderungen nicht zu finanzieren.
Wer hält Schafe und Ziegen?
Die Schafhaltung war im Landkreis Schweinfurt noch nie ein großes Thema. Knapp 5000 Tiere waren 1999 notiert und ähnlich viele sind es aktuell. Fast verdoppelt hat sich in der gleichen Zeit die Zahl der Halter von 55 auf über 100. Ähnliches gilt für die Ziegen. 328 Tiere teilen sich heute auf 78 Bestände auf. Für die Schafe wie die Ziegen sieht der Geschäftsführer des Bauernverbands eine Zukunft als Landschaftspfleger.
Profitieren Landwirte vom Pferdeboom?
Nicht für die Landwirtschaft, sondern für das Hobby sind die aktuell 1492 registrierten Pferde angeschafft. Vor 20 Jahren waren es 520. Als Zucht spielen Pferde im Landkreis Schweinfurt keine Rolle. Mehrmals Nachwuchs im Jahr gibt es nur bei den Wildpferden auf dem Naturerbe "Brönnhof". Das Einstellen von einigen wenigen Pferden als Zubrot hat sich laut Bauernverband nicht bewährt. Die Tiere bräuchten eine umfassende Pflege, die am besten professionell und 24 Stunden am Tag und an sieben Tagen in der Woche zu leisten sei. Ein Ertrag sei so nur in einem größeren Stall zu erwirtschaften.
Weniger Rind, weniger Schwein, mehr Geflügel?
Keine Einbrüche gibt es beim "weißen Fleisch" des Federviehs. Für das laufende Jahr nennt das Veterinäramt knapp 60 000 Tiere (darunter Hühner, Enten, Gänse, Puten und Tauben). Sprunghaft gestiegen ist in jüngster Zeit die Anzahl der Bestände, was Amtsleiter Thomas Wiethe auch auf ein in der Zeit der Pandemie attraktiver gewordenes Hobby zurückführt. Für die Landwirtschaft gilt beim Geflügel laut Bauernverband die gleiche Voraussetzung wie beim Großvieh: Nur professionell geführte Ställe mit hohen Stückzahlen würden den nötigen Ertrag bringen.
Welche anderen Tiere werden noch gehalten?
Auch die Imkerei hat in jüngster Zeit als Hobby an Bedeutung gewonnen. Dem Schweinfurter Veterinäramt sind 3218 Völker und 463 Bestände (2011 noch 187 Bestände ) gemeldet. Vermerkt sind in den Statistiken aber auch Exoten wie Alpakas, Perlhühner oder Strauße. Deren Stückzahlen liegen deutlich unter 100. Darüber ist nur noch das Damwild als Farmwild mit 132 Exemplaren vermerkt.
Geht das Sterben der kleinen Höfe weiter?
Die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe im Landkreis lag 1970 noch bei 6500. 20 Jahre später waren es 3050 und im Jahr 2010 dann 1300. Heute bewirtschaften 1076 Betriebe die landwirtschaftliche Nutzfläche von knapp 50 000 Hektar (Gesamtfläche des Landkreises 84 100 Hektar). Während bei der Anzahl der Unternehmen mit 60 und mehr Hektar (84 Höfe) seit 2003 kaum eine Veränderung auftrat, schrumpft die Anzahl der kleineren Höfe. Unter fünf Hektar sind es nur noch 110 (406 im Jahr 2003), unter zehn Hektar 157 (237) und unter 20 Hektar 248 (405). Jedes Jahr melden sich nach den Angaben des Bauernverbands fünf Prozent der Betriebe ab. Verantwortlich sei dafür zumeist, dass die nächste Generation den Hof nicht übernehme.