Keine falsche Idylle zeichnen, sondern zeigen, wie heutzutage hochwertige Lebensmittel in der eigenen Region erzeugt werden: Das ist Ziel des jährlichen "Stallgesprächs" des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) mit den Medien, immer parallel zur "Grünen Woche" in Berlin. Wo kommt unser Fleisch her und unter welchen Bedingungen wird es produziert? Das stand diesmal im Fokus. Die Landwirte forderten dabei von der Politik eine Verlässlichkeit der Rahmenbedingungen ein.
Tierhaltung und Fleischerzeugung ist mit hohen Investitionen, vor allem für Stallbauten, verbunden. Wer hunderttausende an Euro investiert, möchte Sicherheit haben, dass sich das lohnt. Unwägbarkeiten von der Tiergesundheit bis zu Preisschwankungen gibt es zwar immer. Aber wenigstens die staatlichen Vorgaben sollten berechenbar sein, so die Forderung.
Ferkelerzeugung, -aufzucht und Schweinemast sind das Metier von Christian Weiß in Ettleben. Sein Betrieb war die erste von zwei Stationen des BBV-Kreisverbands. Der hatte mit Kreisobmann Michael Reck, Stellvertreter Matthias Schmittfull und Kreisbäuerin Barbara Göpfert unter dem Motto "Essen aus Bayern: Gegessen wird zuhause" eingeladen, um zu zeigen, dass Regionalität für Qualität steht. Und für Klimaschutz.
190 Muttersauen hält Landwirtschaftsmeister Weiß. Darüber hinaus hat er 930 Ferkelaufzuchtplätze und 960 Mastplätze. Die Mastschweine mit GQ-Status – Geprüfte Qualität: geboren und aufgezogen in Bayern – werden am nächsten Schlachthof Bamberg vermarktet.
Trotz dieser hoch wirkenden Zahlen ist Weiß einer von nur noch 37 Zuchtsauenhalter im Landkreis. Vor zehn Jahren waren es noch dreimal so viel – genau 106 – und vor 50 Jahren noch 1700. Der Schweinebestand insgesamt verringerte sich im Kreis laut BBV-Geschäftsführer Manfred Kraus von 72 000 im Jahr 2000 auf aktuell 27 122. "Eine Selbstversorgung ist nicht mehr gegeben", konstatierte er. Und: "Die Strukturen werden immer größer".
Landwirt Weiß bringt die Muttersauen eine Woche vor Beginn des Wurfs von der Freilaufbucht in einen Kastenstand. Friedlich schlummerten beim Stallrundgang die wenige Tage alten Schweinchen bei der Mutter oder säugten an den Zitzen. 25 Sauen werfen in diesem Stall im gleichen Zeitraum ihre Ferkel. Was den Vorteil hat, dass diese, falls notwendig, an andere Muttersauen weitergegeben werden können.
Frühestens vier Wochen nach der Geburt werden die Sauen wieder "belegt", sprich: künstlich besamt. Ziel sind aus Wirtschaftlichkeitsgründen, so Weiß, 2,3 Würfe pro Sau und Jahr oder anders ausgedrückt knapp 30 Ferkel. Diese werden zu 70 Prozent im Betrieb gemästet, die anderen an Mäster und Metzger in der Region verkauft.
Aus Gesundheitsgründen wollen Mäster einheitliche Bestände, erklärte Weiß. Großbetriebe wie in Norddeutschland oder Dänemark bräuchten eine gewisse Ferkelmenge, weshalb deren Erzeugung ebenfalls größer werde. "Wir wollen aber Durchgängigkeit und kurze Wege, die Regionalität", nannte BBV-Obmann Reck das Problem.
Zahlt sich ein Mehr an Tierwohl unterm Strich nicht aus?
Auch Landwirtschaftsmeister Clemens Schmittfull in Egenhausen mästet Schweine, aber auch Bullen, Masthähnchen und Enten. Zu den verschiedenen Standbeinen zählt seit 2003 auch die Direktvermarktung über den Hofladen mit Wurstküche und Geflügelschlachtraum sowie Brotzeitstube.
Sein neu gebauter Schweinemaststall für 180 Tiere hat Strohbett, Sommerlüftung und überdachten Freilauf. Weil er den Tieren viel mehr bietet als vorgeschrieben und sie gentechnikfreies Futter erhalten, versucht er mit der Initiative "Bayerisches Strohschwein" beim Vermarkten einen Preisaufschlag zu erzielen. Was schwierig ist, wie er erzählte, da die Metzger erklärten, sie könnten diesen nicht auf das Fleisch umlegen. "Der Verbraucher zahlt es nicht".
Etwa 100 Schweine kann Schmittfull direkt vermarkten, 350 werden in den Schlachthof Erlangen gebracht. Rechnerisch könnte er sein Dorf ausschließlich mit seinen Fleisch- und Wurstprodukten versorgen. "Theoretisch müsste keiner mehr raus zum Einkaufen".
Wie die Verschärfung der Düngeverordnung Tierhalter trifft
Bei Tierhaltung geht es auch um Gülle, was das Thema Nitratbelastung aufwarf. Die Art der Messung stellte Manfred Kraus in Frage. Die geplante Verschärfung der Düngeverordnung treffe die Landwirte direkt, erklärte Christian Weiß. Neben weniger Ertrag müsse er mehr Lagermöglichkeiten für Gülle bauen, da der Zeitraum der Ausbringung eingeschränkt werde. Erst 2017 sei die Düngeverordnung herausgekommen und werde jetzt schon wieder verschärft, prangerte Reck die "Schnelllebigkeit der Verordnungen" an.
Planerische Unsicherheit durch die Politik gebe es auf vielen Gebieten, etwa auch bei der Ferkelkastration, kritisierte Weiß. Während die Bauern für eine örtliche Betäubung wie in Dänemark und Holland plädieren, wolle die deutsche Politik eine Vollnarkose per Isofluran-Gas, was mehr Kosten und Zeit brauche und Gesundheitsprobleme für Tier und Mensch berge.
Fast habe es den Anschein, die Politik wolle Tierhaltung in Deutschland bewusst reduzieren, meinte Schmittfull.
Hinweis: In einer früheren Version des Textes hatten wir fälschlicherweise geschrieben, die Sauen würden bereits "fünf Tage nach der Geburt" erneut künstlich besamt. Das haben wir auf "Frühestens vier Wochen nach der Geburt" korrigiert.
"der Verbraucher zahlt es nicht".
Hm, könnte das vielleicht daran liegen, dass die Politik da weder entsprechende Vorgaben macht, wie Tiere artgerecht gehalten zu werden haben, noch hinreichender Aufwand betrieben wird, um festzustellen, ob sich auch alle daran halten?
Ach ja, und dann noch diese ominösen "Freihandelsabkommen", die im Endeffekt nur bedeuten, dass die Preise nur noch mehr gedrückt/ die einzelnen Bauern noch mehr ausgequetscht werden (also eigentlich "UNFREIhandelsabkommen" sind).
Dass das alles nicht nachhaltig ist, wenn auf Teufel komm raus Fleisch "produziert" wird, so dass beim allwöchentlichen kiloweisen Billigfleischgrillen der Grill teurer ist als das Fleisch, tut da nichts zur Sache. Fragt sich nur, wie lange das noch gutgeht/ wie hoch der dafür im Endeffekt zu zahlende Preis ausfallen wird.
Nach dem Motto "auch beim freien Fall ist der Flug eigentlich recht schön, nur der Aufprall halt recht hart"...