Das Standardwerk zum Thema Hochspannungstechnik wurde in Schweinfurt geschrieben und ist bereits in vierter Auflage erschienen. Autor Professor Dr. Ing. Andreas Küchler leitet an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS) das Institut für Energie- und Hochspannungstechnik (IEHT) am Standort Schweinfurt. Spezialisiert hat sich die Forschungseinrichtung auf die Anforderungen der elektrischenIsoliertechnik für die Energiewende.
Dabei geht es auch um den Aufbau der Hochspannungskabel, Muffen und Transformatoren für die Stromautobahn SuedLink, die eine der zentralen Voraussetzungen für die Stromversorung zu 80 Prozent aus erneuerbaren Energien in Deutschland bis spätestens im Jahr 2050 ist. Und dabei gelte: "Isolation ist nicht alles, doch ohne Isolation ist alles nix", sagt dazu im Gespräch mit der Redaktion Professor Dr. Ing. Markus H. Zink (Stellvertretender Leiter IEHT) und: "Wir sorgen dafür, dass der Strom in geregelten Bahnen fließt."
Vor dem Jahr 2000 war Forschung an den damaligen Fachhochschulen kaum angesagt. Diese hatten zunähst nur einen Lehrauftrag. Geforscht wurde an den Universitäten. Vor knapp zwei Jahrzehnten begann dann die Forschung an den Hochschule für angewandte Wissenschaften. Als zehn Jahre später der Transrapid zu den Akten gelegt wurde, war auf einmal Geld da, und die FHWS bewarb sich um Technologie-Projekte. So entstand auch das IEHT als technologische Schnittstelle zwischen den Laboren der Hochschule und externen Partnern. Zusammengeführt und weiterentwickelt werden dort die energie- und hochspannungstechnischen Kompetenzen. Bei der Bewerbung konnte die Fakultät Elektrotechnik damals eine Trumpfkarte ausspielen: das zu Beginn der 1980er-Jahre gebaute Hochspannungslabor an der Ecke Ignaz-Schön-/Paul-Gerhardt-Straße, das bis heute als bestens ausgestattet und im Fachhochschulbereich "einzigartig" (so Kühler) gilt.
"Wir haben die Chance ergriffen und uns in der Hochspannungswelt einen Namen gemacht", sagen die beiden Professoren Zink und Küchler, die im Institut Forschung und Lehre verbinden und die Studierenden frühzeitig einbeziehen – beim Ausbau des Knowhows sowie der nationalen und internationalen Vernetzung und der interdisziplinären Zusammenarbeit in der Hochschule.
Geld für die Forschung
Weil das Institut erfolgreich ist, fließen auch Forschungsgelder sowohl aus der öffentlichen Hand für die Grundlagenforschung (etwa von der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG oder direkt aus den Ministerien) wie auch aus der Wirtschaft (etwa für gezielte auf eine Firma bezogene Projekte). Getragen wird die Vernetzung zudem durch die Doktoranden, die aus der eigenen Hochschule kommen und für die Doktorarbeit mit einer Universität zusammenarbeiten, und externen Studenten, die von einer Uni kommen und wissenschaftliche Erkenntnisse aus den Bereichen Hochspannungstechnik, Materialwissenschaft, Maschinenbau, Wärmetechnik, Mechatronik, Metrologie, Wirtschaftsingenieurwesen oder etwa Nachrichtentechnik gewinnen wollen. Derzeit beläuft sich die Summe der Drittmittel im zu laufenden Projekten im LETH auf stattliche 3, 5 Millionen Euro. Diese Gelder sind das Ergebnis jahrelanger anerkannter Forschungsarbeit. Aus gleichem Grund sind die beiden Professoren auch in internationale und nationale Fachgremien berufen.
Bei der Forschung zur Energiewende hat sich das Institut auf Isoliermaterialien für hohe Gleichspannungsanwendungen spezialisiert. Im Hochspanungslabor blitzt es bei den erfolgreichen Versuchsanordnungen nicht. Im Visier steht nämlich das Vermeiden von (sanften und auch weniger sanften) elektrischen Entladungen, sodass die Isoliersysteme auch über Jahrzehnte zuverlässig funktionieren.
Da immer mehr Energie durch möglichst kaum dickere Kabel, wenig größere Muffen oder etwa durch Transformatoren mit gewohnten Ausmaßen geschickt werden soll, muss auch bei der Isolierung immer platzsparender gearbeitet werden. Längst vergangen sind die Zeiten, als zwischen der inneren und der äußeren Leitschicht mit zähen Ölen getränktes Isolierpapier gesteckt wurde. Vor allem der Einsatz von Kunststoffen bei der Isolierung hat leistungsstarke Kabel bei kaum größeren Volumen ermöglicht. Waren vor 20 Jahren Spannungen von 400 bis 500 Kilovolt das Maß aller Dinge in der Hochspannungstechnik, so werden heute 1,1 Millionen Volt auf den Weg gebracht. Von zentraler Bedeutung sind auch flüssige Isolierstoffe, die auch kühlen können. Erforscht werden am EEHT neben den konventionellen Trafoölen die besser durchschaubaren Paraffine, damit das Verständnis für die elementaren Vorgänge untersucht werden kann.
Da auch bei dieser Art der Isolierung der Chemiker oder Materialwissenschaftler, der an der FHWS nicht ausgebildet wird, gefragt ist, hat sich beispielsweise eine enge Zusammenarbeit mit der Uni in Würzburg entwickelt. Analysiert werden der Alterungsprozess von Materialien, Einflüsse durch Feuchtigkeit oder dem möglichst ganz zu vermeidenden Kontakt mit Luft, aber auch die Belastbarkeit und die Einflüsse der Umgebungs- und/oder schwankender Temperaturen auf das Isoliermaterial, das in der Regel während zumindest drei Jahrzehnten nicht ermüden sollte.