
Kariertes Hemd, Jeans, schwarzer Bart und ein freundliches Gesicht, sonst ist nichts Auffälliges an ihm. Der Mann mit dem alten blauen Ford heißt Mohamad Douba.
Der 30-Jährige lebt seit seinem 21. Lebensjahr in Schweinfurt. Am 1. September organisierte er als in Deutschland lebender Syrer eine Gedenkveranstaltung für die Opfer der Terrorattacke von Solingen: "Was in Solingen passiert ist, hat mich erschüttert. Der Terror hat uns aus Syrien vertrieben und darf niemals einen Platz auf der Welt haben".
In Schweinfurt leben Menschen aus 128 Nationen. Von den 56.146 Einwohnerinnen und Einwohnern (Stand 31. Dezember 2023) besitzen 13.000 Menschen und damit rund 24 Prozent einen ausländischen Pass. Die meisten der in Schweinfurt lebenden Ausländerinnen und Ausländer stammen aus Syrien (1949), dicht gefolgt von der Türkei (1780).
Douba ist einer der "Ausländer" in Schweinfurt
Mohamad Douba ist einer der Ausländer, die in Schweinfurt leben. Im Rahmen des sogenannten Arabischen Frühlings kam es 2011 in Syrien in vielen Städten zu Protesten. Mohamad Douba nahm an den Demonstrationen teil. Und wurde dafür inhaftiert. "Wie viele Menschen in meinem Land habe ich immer von politischer Freiheit geträumt", sagt der 30-Jährige. Mit 17 Jahren saß Mohamad Douba im Gefängnis und wurde gefoltert. "Ich war froh, dass ich den deutschen Stuhl nicht erleben musste."
Der sogenannte deutsche Stuhl ist eine Foltermethode. "Der Metallstuhl, auf dem der Häftling festgeschnallt wird, um ihm die Wirbelsäule zu überdehnen, soll über die Stasi nach Syrien gelangt sein, andere Quellen sprechen von flüchtigen Nazi-Kollaborateuren, die die Foltermethode nach Syrien gebracht hätten", heißt es unter anderem auf der Internetseite der Taz.
Douba floh aus der Türkei und kam nach Schweinfurt
Nach seiner Entlassung versteckte sich Douba ein Jahr lang zu Hause: "Ich habe mich nicht vor die Tür getraut. In Syrien kann man einfach so auf der Straße inhaftiert oder getötet werden", erzählt Douba, der damals 18 Jahre alt war. "Wenn es an der Haustür klopft, steigt der Blutdruck, das Herz schlägt schnell, und das Gesicht wird blass. Schnell aus dem Wohnzimmer verschwinden. Den Fernseher auf einen öffentlichen Sender stellen und im Schlafzimmer hinter dem Bett verstecken. Es könnten die Geheimdienste da sein, um mich zu holen", so beschreibt Mohamad Douba sein Leben zu Hause.
Der Weg vom Mohamad Douba führte ihn dann von Aleppo, wo er geboren wurde, in die Türkei, um der ständigen Angst und Bedrohung zu entkommen. Aber: "In der Türkei ist der Rassismus gegen syrische Flüchtlinge groß, und das Schlimmste ist, dass es dort kein Gesetz gibt, das das verurteilt. Man hat das Gefühl, dem Rassismus ausgeliefert zu sein", sagt er.
Ende 2015 kam er schließlich nach Deutschland. Neben dem Sprachkurs arbeitete er als Aushilfe bei der Firma Promera Anlagen-Systeme in Schweinfurt. "Nach dem Sprachkurs habe ich mich dort gleich um einen Ausbildungsplatz beworben, und den habe ich auch bekommen", erzählt er. Der Konstruktionsmechaniker ist mittlerweile deutscher Staatsbürger. "Ich habe mir nicht ausgesucht, in welchem Land ich geboren wurde. Aber ich bin jetzt froh, einem Rechtsstaat anzugehören".
In Deutschland ankommen und in Schweinfurt leben
"Das Versammlungsrecht in Deutschland ist das, wovon ich immer geträumt habe und wofür ich gefoltert wurde", sagt Mohamad Douba. Die Gedenkveranstaltung, die er organisierte, verlief friedlich und ohne Zwischenfälle. Nach Angaben der Schweinfurter Polizei gab es "null Vorkommnisse".
Der zweifache Familienvater blickt zuversichtlich in seine Zukunft in Deutschland: "Ich habe keine Angst vor Rechtsextremismus in Deutschland. Das Land wird von Gesetzen regiert und nicht von menschenverachtenden Diktaturen", sagt Douba.
"Mein deutscher Kollege Johannes hat mir bei meiner Ausbildung sehr geholfen. Wie er gibt es viele in Deutschland, die keine Rassisten sind", sagt der Mann im karierten Hemd und zieht ein Parkticket für seinen blauen Ford.