
Weil der Raps im heißen Sommer nicht hochkommt, suchte der Agrarbetriebswirt Jürgen Schmidt nach einer Alternative - auch zum Mais, der bei der Schweinefütterung nicht unproblematisch ist. Nach einem ersten und erfolgreichen Versuch mit Hirse im Jahr 2017 stehen heuer rund um Wetzhausen auf den Feldern von Schmidt mehrere Sorten der Hirse, die Hitze und die Trockenheit bislang gut verträgt und – angesichts des Klimawandels– ein Getreide mit Zukunft sein kann.
Älteste Getreideart
Die Geschichte der Nutzung der Hirse durch den Menschen reicht mindestens 8000 Jahre zurück, als dieser mit dem mineralstoffreichen Spelzgetreide ungesäuertes Brot herstellte. In China wird das Süßgras Hirse seit 4000 Jahren landwirtschaftlich genutzt und in Mitteleuropa war das kleinfruchtige Korn im Altertum wie im Mittelalter ein Hauptnahrungsmittel, dessen Name aus dem Altgermanischen kommt und mit „nahrhaft“ oder „Sättigung“ gleichgesetzt wird.
In Westafrika, Ostafrika und im Sudan ist Hirse die Grundlage für das Brauen von Bier, in Äthiopien die wichtigste Nahrungspflanze für den Menschen. In Deutschland gibt es noch keinen Markt für die Erzeuger von Hirse. Hirse wird hier lediglich und auch nur bisweilen als Vogelfutter abgesetzt. Schmidt produziert für den Eigenbedarf im Schweinestall. Doch da Hirseprodukte glutenfrei sind, könnte die Nachfrage an Hirse auch für den menschlichen Verzehr steigen.
Pflegeleicht
Nach der Fahrt zu den Äckern mit heuer fünf Sorten des wohl ältesten Getreides überrascht auf dem Feld ein Summen und ein Brummen. Allenthalben sind Insekten zu beobachten, „weil nur nach der Saat einmal gespritzt und gedüngt wird“, sagt Jürgen Schmidt. Hirse sei erstaunlich pflegeleicht. Trotzdem sucht der Landwirt die Felder ständig auf, „weil ich als Pionier beobachten und Erfahrung sammeln muss“.
Gegenüber 2017 ist die Hirse heuer ein „bisserl kleiner“, wofür Jürgen Schmidt die anhaltende Trockenheit verantwortlich macht, die von den Rissen auf der Ackerkrume belegt ist. Auf ansonsten gutem Boden zeigen sich an den Pflanzen aber keine Ausfälle.
„Sehr guter Ertrag“
Bereits im zweiten Jahr des Anbaus ist der 30-Jährige zuversichtlich, ein Futtergetreide für seinen Zuchtbetrieb (300 Sauen) mit dem Schwerpunkt Ferkelerzeugung gefunden zu haben. Der im Jahr 2017 „sehr gute Ertrag auf den Trockenstandorten“ hat auch seinen Schwager überzeugt, der heuer erstmals Hirse für seine Kühe anbaut.
„Die Schweine haben das Futter einwandfrei angenommen“, sagt der Vollerwerbslandwirt, der „nach und nach“ mehr Hirse dem Futter zugemischt hat. Und das Fleisch der Schweine? „Ich glaube, es ist zarter. Belegen kann ich dies nicht.“ Jedenfalls sei die Hirse als Viehfutter leichter verdaulich und von der Qualität her zwischen Triticale (Kreuzung aus Weizen und Roggen) und Mais einzustufen.
Trockene Standorte
Eine erste Saat (Einzelkornpflanzung wie beim Mais, aber halber Pflanzabstand) hatte Schmidt diesmal am 20. April ausgebracht, also vergleichsweise früh, denn Hirse ist frostempfindlich. Entwickelt hat sich heuer die erste Saat besser als die zweite, die zwei Wochen später auf die Felder kam. Schmidt begründet dies mit den im April noch reichlich feuchten Böden. Doch auch die etwas zurückgebliebene zweite Saat steht gut im Korn, „weil die Hirse bei Trockenheit pausiert und erst bei Nässe weiterwächst“.
Mitte August tragen heuer viele Rispen bereits braune – also reife – Körner. Im letzten Jahr musste nach der Ernte mit dem Mähdrescher (normales Schneidwerk) die Hirse getrocknet werden. Heuer scheint dies nicht nötig. Ist das Korn in der Scheune, werden Stengel und Wurzeln auf dem Feld kleingemulcht und in den Boden eingearbeitet.
„Ich werden weiter Hirse anbauen und noch viele Sorten ausprobieren“, sagt Jürgen Schmidt über das kleinfruchtige Spelzgetreide, das sich bestens in die Fruchtfolge einfüge.


