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Schweinfurt
Herr Mützenich, will Bundeskanzler Scholz nicht, dass die Ukraine den Krieg gewinnt?
In der Debatte um Waffenlieferungen werfen Kritiker Olaf Scholz zu große Zögerlichkeit vor. So reagiert der SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich beim Interview in Schweinfurt auf die Vorwürfe.
'Natürlich helfen wir - und das nicht erst seit dem Krieg': Rolf Mützenich, der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion beim Interview in Schweinfurt.
Foto: Anand Anders | "Natürlich helfen wir - und das nicht erst seit dem Krieg": Rolf Mützenich, der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion beim Interview in Schweinfurt.
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:09 Uhr

Rolf Mützenich hat keinen leichten Job in diesen Tagen. Vom Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion erwartet Bundeskanzler Olaf Scholz, dass er die eigenen Parteifreunde bei der Stange hält, wenn es gilt, Kompromisse in der Ampel-Koalition durchzusetzen. Gerade in Bezug auf den Krieg in der Ukraine, der in der Friedenspartei SPD viele Grundsätze infrage stellt, ist das eine besondere Herausforderung. Am Rande eines Besuchs beim Automobilzulieferer ZF in Schweinfurt, zu dem ihn der Bundestagsabgeordnete Markus Hümpfer eingeladen hatte, traf diese Redaktion den 62-Jährigen aus Köln zum Interview. 

Frage: Die Grünen sind die Profiteure der Ampel-Koalition. Ihre Ministerinnen und Minister sind die Populärsten in den Umfragen, bei den vergangenen Landtagswahlen legte die Partei stark zu, während die SPD verlor. Herr Mützenich, sind Sie neidisch?

Rolf Mützenich: Nein, Neid darf in der Politik nicht zählen. Es geht um Verlässlichkeit, dass man umsetzt, was man den Wählerinnen und Wählern versprochen hat. Man darf dabei nicht taktisch vorgehen. Ich hoffe, das weiß auch jeder in der Koalition. Wir haben große Herausforderungen, die nicht nach Tageslaune entschieden werden. Das gilt für Arbeitsmarkt-Fragen, für den Umbau der Wirtschaft hin zu klimaschonender Produktion, aber insbesondere für den Krieg in der Ukraine und die immer noch nicht bewältigte Pandemie.

Viel Kritik gibt es an der Kommunikationsstrategie von Bundeskanzler Olaf Scholz. Nicht zuletzt der Hickhack um die Lieferung schwerer Waffen erweckt bei vielen den Eindruck, als wolle er der Ukraine nicht wirklich helfen.

Mützenich: Natürlich helfen wir – und das nicht erst seit dem Krieg. Zwei Milliarden Euro haben wir seit 2014 an finanzieller Hilfe geleistet. Das ist uns ganz wichtig gewesen, spätestens nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim. Wir dürfen die Unterstützung der Ukraine nicht allein an der Frage nach Waffenlieferungen festmachen. Aber auch da haben wir vom ersten Kriegstag an - in enger Abstimmung mit den Partnern - Material zur Selbstverteidigung der Ukraine geliefert. Dazu zählen auch Waffen.

"Ich finde es etwas müßig, zwischen schweren und nicht so schweren Waffen zu unterscheiden."
Rolf Mützenich, SPD-Fraktionschef im Bundestag
Aber was ist mit schweren Waffen?

Mützenich: Ich finde es etwas müßig, zwischen schweren und nicht so schweren Waffen zu unterscheiden. Da stellt sich jeder unterschiedliche Dinge vor. Bei der Lieferung von Waffen achten wir darauf, dass Deutschland keine Alleingänge macht, die Nato nicht Kriegspartei wird und unsere Bündnisverteidigung jederzeit gesichert ist. In diesem Dreiklang haben wir jetzt weiteren Lieferungen und der Ausbildung von ukrainischen Soldaten an schwerer Artillerie auf deutschem Boden zugestimmt.

Aus der Union kommt gleichwohl der Vorwurf, der Bundeskanzler wolle nicht, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt.

Mützenich: Das stimmt überhaupt nicht. Der Bundeskanzler will, dass Russland der Ukraine keinen Diktatfrieden aufdrückt, zum anderen möchte er dazu beitragen, dass der Krieg schnell endet. Jeder weitere Kriegstag bedeutet mehr Opfer, mehr Leid. Er erhöht auch das Risiko, dass andere Länder in diesen Krieg hineingezogen werden. Deshalb sind die Vorwürfe aus der Union haltlos. Ich würde der Opposition raten, sich auch in der Sprache zu mäßigen.

Beim Interview vor der ZF-Kantine in Schweinfurt: Bundestagsabgeordneter Markus Hümpfer (von links), SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, Pressereferent Dominik Dicken und Main-Post-Reporter Michael Czygan.
Foto: Anand Anders | Beim Interview vor der ZF-Kantine in Schweinfurt: Bundestagsabgeordneter Markus Hümpfer (von links), SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, Pressereferent Dominik Dicken und Main-Post-Reporter Michael Czygan.
Wird die komplette SPD-Fraktion dem 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr zustimmen?

Mützenich: Wir müssen der SPD-Fraktion die Ergebnisse, über die wir zurzeit noch mit der Union verhandeln, erläutern und dann die Abgeordneten überzeugen. Von daher kann ich einer Entscheidung zwar nicht vorgreifen. Ich rechne aber fest mit einer breiten Unterstützung meiner Fraktion.

"Ich möchte mich gerne mit der Union auf das Sondervermögen einigen."
Rolf Mützenich, SPD-Fraktionschef im Bundestag
Sie sind schließlich der Fraktionsvorsitzende . . .

Mützenich: Ich bin der Vorsitzende. Es ist ganz offensichtlich, dass wir die Bundeswehr mithilfe des Sondervermögens stärker und verlässlicher ausstatten wollen. Ich empfehle das auch der Fraktion. Was nicht geht, ist die Haltung von Friedrich Merz (CDU), der angekündigt hat, er werde nur einer bestimmten Zahl an Abgeordneten erlauben, zuzustimmen, um der Ampel die Zwei-Drittel-Mehrheit zu sichern. Zumal die Bundeswehr 16 Jahre lang durch die Union schlecht geführt wurde. Der CDU-Chef scheint seine Abgeordneten als Schachfiguren zu begreifen. Das ist eine Politik, die der Freiheit des Abgeordnetenmandats nicht gerecht wird.

Sie haben mit Blick auf die Union gesagt, der Sonderetat müsse nicht unbedingt in der Verfassung festgeschrieben werden. Da ist wiederum Ärger mit den Ampel-Partnern vorprogrammiert. Die FDP hat sich klar gegen eine Aufhebung der Schuldenbremse positioniert.

Mützenich: Es ist kein Ärger vorprogrammiert. Ich habe das gesagt, weil es eben unterschiedliche Wege gibt, um die Bundeswehr verlässlich auszustatten. Ich möchte mich gerne mit der Union auf das Sondervermögen einigen – in der Sache und mit Perspektive.

Sondervermögen für die Bundeswehr, ein höherer Verteidigungsetat: In diesen Tagen müssen viele Sozialdemokraten lang gepflegte Überzeugungen über Bord werfen. Sie vermutlich auch. Was macht das mit Ihnen?

Mützenich: Wir alle hatten gehofft, durch unsere Politik ein Europa zu schaffen, indem sich Nachbarn, wenn sie Konflikte haben, nicht dazu entschließen, militärische Gewalt anzuwenden. Dass diese Hoffnungen durch die Aggression Russlands jetzt von Putin zunichte gemachte wurden, beschäftigt jeden. Das ist doch klar. Mir ist wichtig, dass wir als SPD jetzt mit dazu beitragen, dass dieser Krieg schnell endet, dass es eine diplomatische Verständigung gibt. Darum bemüht sich der Bundeskanzler.

Hat man in der Vergangenheit zu viel Verständnis für Russland gehabt? Gibt es für die SPD da etwas aufzuarbeiten?

Mützenich: Die Aufarbeitung unserer Russlandpolitik hat bereits begonnen, das ist wichtig. Ich denke aber, dass nicht nur Sozialdemokraten aufarbeiten müssen. Gerade bei Fragen der Energiepolitik hat zum Beispiel auch die Union zu stark auf Putins Energie gesetzt. All das wird die Politik noch viele Jahre beschäftigen.

 
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    es ist eine Dreistigkeit von Sondervermögen zu sprechen. Es sind 100mrd Sonderschulden, die nicht in die Schuldenbremse mit eingerechnet werden sollen. Die mindestens 20mrd jedes Jahr zusätzlich für die BW schon. Mich würde mal von den Politikern der Parteien, die so unbedingt an der Schuldenbremse festhalten wollen, wo sie künftig sparen wollen. Steuererhöhungen für die Reichen und Superreichen wollen sie auch nicht. Streichen von Subventionen für Reiche und Superreiche (z.B. Dienstwagenprivileg, Dieselsubvent., Besteuerung von Flugkerosin) auch nicht. FDP und Csu/ CSU müssen schon sagen, daß sie das Geld bei den kleinen Leuten holen wollen.
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  • S. W.
    Ich kann diese Kriegstreiberei bei der Union, den Grünen, der FDP und den Medien nicht verstehen. Vor kurzem wäre eine solche aktive Kriegsunterstützung, aufgrund der deutschen Vergangenheit nicht denkbar gewesen. Wenn wir humanitäre Hilfe leisten, jetzt und auch schon seit 2014 ist das wohl auch ein sehr großer Beitrag. Ist doch klar dass die USA nie Probleme hat nach Waffen zu schreien...... Kanzler Scholz und seine besonnene Art ist hier absolut richtig. Was wäre wenn Trump in den USA noch an der Macht wäre?
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  • S. C.
    Fast identisch hatte ich mich die Tage geäußert. Kommentar wurde gesperrt, weil er "gegen die Grundsätze verstößt"
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  • S. K.
    Mützenich wird wohl kaum wissen was Kanzler Scholz denkt. Von diesem kommen zZ nur noch Worthülsen und Allgemeinplätze. Dass Frau Strack-Zimmermann die bessere Verteidigungsministerin wäre, ist wohl unstrittig. Man sollte MinisterInnen nicht nach Proporz, Partei oder Geschlecht auswählen, sondern allein nach deren Können!
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    Auf eigenen Wunsch entfernt.
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    Seltsam - auf der einen Seite hat man eine Riesenangst vor der friedlichen Nutzung der Kernenergie, auf der anderen Seite riskiert man es mit taktischen nuklearen Gefechtsfeldwaffen was auf die Mütze zu bekommen.

    Von Kaliningrad (Königsberg) aus sind die Raketen in 4 Minuten in Berlin und kein Natopartner wird das verhindern können. Ebenfalls wird nach erfolgter Eskalation kein Natopartner sein eigenes Land nuklear verwüsten lassen nur um Berlin und die Bundesrepublik zu "rächen".

    Man wird sich dann an den Verhandlungstisch setzen und ein paar zarte Krokodilstränen über die armen Berliner vergießen.
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  • T. D.
    Herr Mützenich will nicht aber die Grünen geben den Takt vor und Bundeskanzler
    Scholz kriegt wie seine "Muß - aber eigentlich will nicht " Verteidungsministerin
    nichts sinnvolles hin .
    jahfrelang haben besonders die jetzigen Regierungsparteien die Bundeswehr kaputt
    gespart und zu einem unfähigen und demotivierten Haufen gemacht . Nur mit
    Geld alleine ist es nicht geana , man braucht ein Konzept und Führungspersonal
    das wirklich sein Handwerk versteht . Davon sind wir meilenweit entfernt !
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  • P. M.
    Die letzten 16 Jahre war ja wohl Frau Merkel am Ruder und soweit ich informiert bin, ist die CDU keine aktuelle Regierungspartei.
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  • S. C.
    Wie kann man auf die Idee kommen, durch Geld- und Waffenlieferungen sich nicht zur Kriegspartei zu machen?
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