Sehr geehrter Herr Gabriel, es ist schon erstaunlich: Da wird ein europäisches Land gnadenlos in Grund und Boden gebombt, da werden Zivilisten gejagt, gefoltert, vergewaltigt, ermordet, da sind Millionen auf der Flucht, und wir diskutieren darüber, wie unhöflich die Ausladung des Bundespräsidenten war?
In einem Gastbeitrag für den "Spiegel" zeigen Sie sich zwar "irritiert", äußern aber ein gewisses Verständnis. Dann eröffnen Sie allerdings gleich ein neues Diskussionsfeld: Sie werfen dem ukrainischen Botschafter vor, "Verschwörungstheorien" zu verbreiten. Ich kann ja verstehen, dass man in der SPD inzwischen ziemlich dünnhäutig ist – ein zaudernder Kanzler, eine Nordstream 2-belastete Ministerpräsidentin, die Altlast Gerhard Schröder. Und dann dieser nicht sehr diplomatische Chefdiplomat. Das kann einem schon mal die gute Laune verhageln. Aber ist jetzt wirklich der Moment für eine Ehrenrettung der Russlandpolitik der SPD?
Lassen Sie uns rekapitulieren: Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hatte behauptet, der heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier habe "seit Jahrzehnten ein Spinnennetz der Kontakte mit Russland geknüpft", die bis in die heutige Bundesregierung hineinwirkten.
Sieht nicht so aus, als würden Melnyk und Sie noch Freunde werden
Im "Spiegel" kontern Sie, Herr Gabriel, der Begriff "Spinnennetz" unterstelle, dass der frühere Kanzleramts- und Außenminister "die Interessenvertretung Russlands in Deutschland mitorganisiert" habe: "Das ist wahrheitswidrig und bösartig." Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzlerin Angela Merkel hätten mehr als alle anderen in Europa dafür getan, die Ukraine zu unterstützen.
Melnyk reagierte sofort auf Twitter: "Bösartig ist vor allem IHRE & Ihrer SPD-Kumpane jahrelange Putin-freundliche Politik gewesen, die den barbarischen Vernichtungskrieg ... erst herbeigeführt hat. Die Aufarbeitung kommt noch. Shame on you."
Sieht nicht aus, als würden Herr Melnyk und Sie noch Freunde werden, Herr Gabriel. Für Ihre Sicht der Dinge führen Sie jede Menge Belege an und versäumen auch nicht, darauf hinzuweisen, dass "die Ukraine bis zum Angriffskrieg durch Russland von schwerster Korruption gekennzeichnet war". Sie listen auf, wer nach der Besetzung der Krim 2014 und den Kämpfen in der Ostukraine an welchen Verhandlungen beteiligt war, und dass es nie die Schuld Deutschlands gewesen sei, wenn sich dann niemand an die Abkommen gehalten habe.
Sie widersprechen außerdem Melnyks Vorwurf, Steinmeier, seine Nachfolger und die Bundeskanzlerin seien "quasi voraussetzungslos" für den Abbau der Sanktionen eingetreten, die damals gegen Russland verhängt worden waren. Ob der Vorwurf berechtigt ist oder nicht, eine "Verschwörungstheorie" ist er jedenfalls nicht. Das Online-Lexikon Wikipedia verweist im Eintrag über das Minsker Abkommen, das 2015 für Frieden in der Ukraine sorgen sollte, auf zwei außenpolitische Denkfabriken, die zu der Einschätzung gekommen seien, die EU habe ihre eigene Verhandlungsposition geschwächt, indem sie eine Aufhebung der Sanktionen ohne ein Entgegenkommen Russlands in Aussicht gestellt habe: "Äußerungen europäischer Politiker und speziell deutscher Politiker wie Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier würden die gemeinsame europäische Linie untergraben."
Den russischen Medien kommen Ihre Anmerkungen gerade recht
So kompliziert die Bewertung der Vergangenheit sein mag, so vorhersehbar funktioniert die Gegenwart: Den russischen Medien kommen Ihre Anmerkungen gerade recht, Herr Gabriel: "Ex-Chef des Auswärtigen Amtes beschuldigt ukrainischen Botschafter der Verbreitung von Verschwörungstheorien", meldete die Agentur Tass. Und Melnyk twitterte wiederum prompt, Sie, Herr Gabriel, bekämen nun "Beifall von den alten Vertrauten aus Moskau".
Ist es wirklich das Gebot der Stunde, haarklein zu diskutieren, wer in der Vergangenheit was wann wo geleistet hat oder eben nicht? Und dabei "die beleidigte SPD-Leberwurst zu spielen", wie Reinhard Bütikofer von den Grünen es nennt? Gerade die SPD sollte kein gesteigertes Interesse daran haben, dass noch weiter auf ihrem Putin-"Schmusekurs" (so der Vorwurf der Grünen schon 2013) der letzten Jahrzehnte herumgeritten wird.
Deshalb soll hier der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba das Schlusswort haben: "Ich respektiere gründliche Selbstreflexion, aber leider haben weder die Ukraine noch Deutschland, noch Europa Zeit für einen langen Übergang zum neuen Kurs. Es ist an der Zeit, die Fehler der Vergangenheit durch Taten in der Gegenwart zu korrigieren."
Mit freundlichen Grüßen,
Mathias Wiedemann, Redakteur
Was ich als zunehmend unerträglich finde, wie sich der ukrainische Botschafter bei uns aufführt. Er schadet seinem Land mehr als er nützt.
Was hat Deutschland den schon groß getan, außer, von wenigen Ausnahmen abgesehen, ein paar Stahlhelme und vergammelte NVA Altbestände zu liefern? Da wo es Putin besonders weh tun würde, bei der Energie, sind wir die Blockierer in der EU.
Da ist es wieder typisch deutsch, dass man, statt flexibel auf eine Situation zu reagieren, lieber Zeit und Aufwand verschwendet, einen Schuldigen zu suchen, so wie eben Gabriel. Das nützt niemanden. Der Blick muss jetzt nach vorn.
Offensichtlich ist keine der Altparteien Union und SPD überhaupt noch dazu in der Lage, zu agieren, man kommt einfach nicht aus der Grütze. Es wird nur noch re-agiert, und das auch nur noch mehr schlecht als recht.
So geben wir Putin nicht nur die Zeit, sondern auch das Geld, weitere Offensiven zu führen.
Da ist es wieder typisch deutsch, dass man, statt flexibel auf eine Situation zu reagieren..."
Haben Sie eigentlich nur eine Minute über das nachgedacht, was Sie da schreiben?
Wer in den vergangenen Jahren große Fehler gemacht hat, sei mal dahingestellt (z.B. die EU mit ihrem Assoziierungsabkommen?)
Aber mit welcher Logik ist Dtl. nun verpflichtet, sich in die Auseinandersetzungen überhaupt einzumischen oder gar milliardenschwere Schäden der eigenen Wirtschaft zu hinzunehmen?
(Abgesehen davon, daß die Sanktionen den Krieg nicht eine einzige Minute verkürzen würde)
Das Heraushalten hat nur leider noch nie funktioniert. Die USA haben das bei zwei Weltkriegen versucht. Da wollte man auch nur Waffen liefern. Das Ergebnis ist bekannt. Immer das selbe tun aber ein anderes Ergebnis zu erwarten, ist gelinde gesagt, naiv.
Unsere Wirtschaft leidet bereits. Und ob es für Putin einen Unterschied macht, ob wir direkt schwere Waffen liefern, oder über diesen Ringtausch mit Slowenien, wage ich zu bezweifeln.
Wenn es drauf ankommt, sind wir wahrscheinlich mit dabei. Diese Entscheidung liegt aber wohl in der Hand des Irren im Kreml, egal, was wir tun.
Aber diese Vorwürfe und Anschuldigungen seitens der Ukraine und vor allem Herrn Melnyk ist langsam nicht mehr zu ertragen.
... "Bösartig ist vor allem IHRE & Ihrer SPD-Kumpane jahrelange Putin-freundliche Politik gewesen, die den barbarischen Vernichtungskrieg ... erst herbeigeführt hat. Die Aufarbeitung kommt noch. Shame on you."
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Eine Unverschämtheit ist das!
Warum macht man denn Frau Merkel bzw. der CDU/CSU keine Vorwürfe?
16 Jahre lang Regierungsverantwortung und soo unschuldig?
Es wäre dringend geboten auch mal mit deutlichen Worten einen Samstagsbrief an Herrn Melnyk zu adressieren !
Und ohne Absprache mit der NATO keine schwere Waffen zu liefern ist richtig!
Dankbarkeit (geht auch anSelenskyj) sieht anders aus.
Nur fordern, egal ob unsere Wirtschaft kollabiert oder wir werden in einen nächsten Weltkrieg gezogen, ist denen egal.
Wenn`s nicht wie gewünscht geliefert wird, dann zieht man an jedem Strang.
Tun wir nicht schon genug?
Was wollt ihr in der EU?
Sollen wir euer Land wieder aufbauen?
Dann solltet ihr euch anders benehmen!
Ein Scholz, der duckmäuserisch und mit verkniffenen Augen Führung verspricht, aber nicht zeigt. Eine Partei, die klein Kevin als Generalsekretär installiert und eine Frau Ekes als Parteiführerin wählt, die ist doch schon am Ende.
Wie sich diese Partei nun gegenüber der Ukraine verhält, unter der Führung von Scholz, das schadet unserem Land und der Einheit Europas.
Was den ukrainischen Botschafter anbetrifft, sollte er tatsächlich etwas „abrüsten“ und z. B. den Brigadegeneral nicht als Looser bezeichnen.
Der Botschafter ist für mich ein Gesandter, aber kein Geschickter!
Laschet 2014: „Marktgängiger Anti-Putin-Populismus“
Im Jahre 2014, nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland, sagte Laschet, damals CDU-Bundesvize, die Debatte über die Krim-Krise werde in seinen Augen einseitig geführt: Es gebe derzeit einen „marktgängigen Anti-Putin-Populismus“ in Deutschland, sagte er der „FAZ“.
Alle Parteien außer die Grünen haben komplett versagt in der Politik zu Russland.
Aber als "wahrscheinlicher" CSU ist man ja gewohnt immer auf die anderen zu zeigen.
Den Herrn Merz hat sie sich jahrelang vom Hals gehalten. Jetzt steht er an vorderster Front und schießt gegen alles was vom Kanzler kommt, ohne Hirn und Verstand. Auf den grünen Wehrdienstverweigerer will ich jetzt gar nicht eingehen.
Dummheit reicht mir als Erklärungsmodell nicht aus, wenn ich betrachte in welch fatale Energieabhängigkeit unsere Politiker*innen Deutschland geführt haben.
Auch die Vernachlässigung der deutschen Verteidigungsfähigkeit wirft Fragen auf. Die Verteidigungsminister von Karl-Theodor zu Guttenberg, über Thomas de Maizière, Ursula von der Leyen, Annegret Kramp-Karrenbauer bis Christine Lambrecht zeichnen verantwortlich für eine Bundeswehr, für die 'bedingt abwehrbereit' ein Euphemismus darstellt.