Silvesternacht 2018 in Schweinfurt. Zwei fremde Männer treffen an einer Tankstelle aufeinander, kommen ins Gespräch. Einer der beiden Männer lädt den anderen auf ein Bier ein. Die Männer beschließen, ihren Weg gemeinsam fortzusetzen. Am Ende wird der Spendable der beiden ohne Handy und Geldbeutel, dafür blutüberströmt und mit zahlreichen Kopfverletzungen im Schweinfurter Marienbach liegen. Der andere muss sich nun wegen Raub und schwerer Körperverletzung vor Gericht verantworten.
"Der spendiert Ihnen ein Bier und wird dann überfallen?" Die Richterin des Schweinfurter Landgerichts zeigte sich am ersten Verhandlungstag fassungslos angesichts der widersinnigen Tat, deren Hergang sie nun zu rekonstruieren versucht. Wie kann es passieren, dass zwei wildfremde Menschen sich an Silvester begegnen, ein Bier zusammen trinken und dann der eine den anderen so zurichtet? "Ich bin einfach immer unglaublich freundlich zu anderen", sagte das Opfer bei seiner Aussage mit einem hilflosen Schulterzucken. "Ich habe Geld für Stoff gebraucht", erklärte der Täter, als würde das die Tat rechtfertigen.
Angeklagter bestreitet brisantes Detail der Tat
Zuvor hatte der 31-jährige arbeitslose Schweinfurter sich noch ahnungslos gegeben. "Ich streite das nicht ab, dass ich das gewesen sein könnte", gab er zu Protokoll. Aufgrund exzessiven Alkohol- und Drogenkonsums könne er sich jedoch an die Tat nicht mehr erinnern. Heroin, Methadon, verschreibungspflichtige Schmerzmittel und Unmengen Wodka habe er an dem Tag konsumiert. Erst als die Richterin ihm klar machte, dass sie ihm das nicht glaubt, wurde er konkreter. Als das Opfer die Biere bezahlt habe, habe er Scheine im Wert von 70 Euro in dessen Geldbeutel gesehen. Die habe er gebraucht, um sich Drogennachschub zu kaufen. Als das Opfer das Geld dann nicht freiwillig rausrückte, habe er es sich zusammen mit dem Mobiltelefon mit Gewalt beschafft. Danach habe er das Opfer einfach liegen lassen.
Hier unterscheidet sich Version der Anklage von der des Beschuldigten. Nachdem er ihn bereits bewusstlos geschlagen habe, habe er ihn zusätzlich noch mit Tritten in den Marienbach befördert, so der Vorwurf, den der Beschuldigte bestreitet. Unstrittig ist, dass das Opfer am Ende im Bach landete. "Wie ich da rein gekommen bin, weiß ich nicht mehr. Es kann auch sein, dass ich gestolpert und ausgerutscht bin", sagte der Geschädigte aus.
Opfer nimmt Entschuldigung nicht an
Er sei zur Tatzeit selbst stark betrunken gewesen und außerdem hätten die Kopfverletzungen seine Erinnerung beeinträchtigt, klagte der ebenfalls 31-Jährige Schweinfurter. Er erinnere sich lediglich noch daran, wie er im Wasser panisch zu sich gekommen sei. Komplett durchnässt und voller Schlamm sei er gewesen. Aufgrund der Verletzungen habe er sich nur mit großer Mühe aus dem Wasser retten können. Erst nach einer Weile habe er durch laute Rufe auf sich aufmerksam machen können. Nach der Tat habe er lange Zeit unter schweren Schmerzen gelitten. Immer noch wache er zwei bis drei Mal die Woche nachts auf, weil ihn Albträume quälten.
"Ich möchte mich bei dem Geschädigten entschuldigen", meldete sich irgendwann der Angeklagte zu Wort. "Die Entschuldigung wird leider nicht angenommen", antwortete der Geschädigte, ohne ihn anzuschauen. Inwiefern die Reue des Angeschuldigten das Strafmaß beeinflusst, wird an zwei weiteren Prozesstagen geklärt werden.