
Zwei Jahre Corona-Pause und richtig Bock auf brettharten Metal: Heaven Shall Burn sind wieder da. Laut, hart, aggressiv - und bestens gelaunt. Was für ein Abriss der Thüringer am Freitagabend im Schweinfurter Stattbahnhof. Ein zweistündiger Trip zurück zu den Wurzeln, raus aus den großen Hallen, rein in die kleinen Clubs -und über 400 Fans sind aus dem Häuschen.
Ganz alltäglich ist das nicht, wenn eine Band, die auf den großen Rock-Festivals der Nation schon mal Headliner ist, in einer kuschligen Kaschemme auftritt. Ganz außergewöhnlich aber ebenfalls nicht: Club-Tour nennt sich das und ist in der Szene recht beliebt. Zwischendurch mal zurück an die Basis. Das erfüllt die Künstler, erinnert sie an das, was ihre Leidenschaft für Musik ausmacht, an all das, was vor dem Geldverdienen war: Spaß und Schweiß.
Beides gibt's im Stattbahnhof satt. Keine Thüringer Rostbratwurst hätte noch hineingepasst in den "großen" Saal des altehrwürdigen Gemäuers, das unter der Wucht der Jungs aus Saalfeld an der Saale schier zusammen bricht. "Das wird fett", hatte das Quintett die vier Gigs in Deutschland und den einen Abstecher nach Österreich angekündigt. "Wir freuen uns riesig darauf, mit Euch die Clubs einzureißen, bevor es dann bald wieder auf die großen Bühnen geht." Dass der Stattbahnhof dabei ist, wundert nicht - die Location ist in der Musikszene genauso eine Institution wie Heaven Shall Burn im deutschen Metalcore.
Mit dem Zug nach Schweinfurt zu Konzerten
Seit 1998 unter diesem Namen aktiv, wird für die Band spätestens 2013 mit dem Album "Veto" ein kommerzieller Schuh draus. 2015 wurden sie gar Trikotsponsor des Fußball-Traditionsklubs FC Carl Zeiß Jena. Und jetzt kommen sie endlich mal ins gar nicht so weit entfernte Schweinfurt. Passend zum Tour-Motto "Neuland": „Wir haben das für diese kleine Konzertreise nicht umsonst gewählt, denn wir spielen in Clubs, in denen wir bisher nicht zu sehen waren. Wir reisen dafür sogar in ferne Länder wie Bremen und Mecklenburg-Vorpommern."

Sänger Markus Bischof erinnert sich "früher mit dem Zug zu Konzerten nach Schweinfurt gefahren" zu sein. "Eine geile Stadt und eine geile Location. Wir selbst sind ja aus dem diefsdn Ösdn" - dialektal kokettieren kommt an. Bischoff ist Krankenpfleger, Tierschützer und Veganer - ein Mensch mit Prinzipien. Ein Mensch, der auf der Bühne aber zwei Stunden explodiert bis das rote Bürohenkel-Hemd, sein Markenzeichen, durchgeschwitzt ist. Seine Haare haben Corona-Länge, der kurze Seitenscheitel ist Geschichte. In Schweinfurt fragt er, das Hemd längst ausgezogen: "Abschneiden oder lang lassen?" Die Mehrheit ist für "lang lassen".
Gesellschaftskritik statt martialischer Show
Und eigentlich wegen der Musik da. "Combat", "Counterweight", "Endzeit" - thematisch harte Kost. Bischoff singt von politischen und gesellschaftlichen Missständen, zeigt Kante gegen Rassismus, Faschismus und Drogenmissbrauch. Heaven Shall Burn brauchen keine martialische Show - ihnen reicht eine puristische Melange aus Metalcore und Melodic Death Metal. Die Fans danken's mit Durchhaltevermögen: Bis zur letzten Zugabe "Hunters will be hunted" surfen sie über den Köpfen der Menge. Bis sich ganz am Schluss auch Bischoff auf Händen durch den Saal bis zum Ausgang auf Händen tragen lässt.
Auch mal was anderes: Es gibt für diese Clubtour keine klassische Vorgruppe. Jedes Bandmitglied hat sich für eine Stadt einen regionalen Support-Act ausgesucht. Für Schweinfurt Gitarrist Alexander Dietz: Die Autumn Kids, ein Hardcore-Fünfer aus Bamberg, der im Juni sein erstes vollwertiges Album veröffentlicht - und seine Sache richtig gut macht.