Gut zwei Stunden dauert die Fahrt. Sie beginnt in der Schultesstraße, führt quer durch die Stadt bis weit ins Maintal hinein und endet schließlich in der Ledward-Kaserne, wo schwere Bagger die frühere Kaserne schon weitgehend plattgemacht haben und Raum für die Erweiterung der Fachhochschule, die I-Factory, möglicherweise für eine Landesgartenschau und eine städtische Veranstaltungshalle schaffen.
Anfang des Monats ist Hans Schnabel in den Ruhestand gegangen. Seit 1986 hat er für die Stadt gearbeitet, die meiste Zeit als Leiter des Liegenschaftsamtes und Wirtschaftsförderer und es ist eine stolze Bilanz, die er auf dieser Rundfahrt präsentieren kann. „Ich hatte einer der schönsten Jobs in der Stadt“, resümiert er. „Die Projekte hatten ein Anfang und ein Ende und man sieht auch später noch, was in 20, 30 Jahren erreicht worden ist.“
Große und auch kleinere Projekte
150 Millionen Euro sind quasi durch seine Hände gegangen, hat Schnabel zusammengerechnet. 50 Millionen durch den Kauf- und Wiederverkauf im Maintal, 50 Millionen im Zuge der Konversion der amerikanischen Liegenschaften und 50 Millionen für die unzähligen kleineren und mittleren Projekte, die aufzuzählen, jeden Rahmen sprengen würden.
Man kann sich getrost auf einige Highlights beschränken, um aufzuzeigen, was unter der Mitwirkung Schnabels in den letzten 30 Jahren in der Stadt geschehen ist. Er selbst nennt sich einen Pragmatiker, der immer nach Lösungen gesucht hat und sich dabei durchaus gegen manchen Bedenkenträger in der Verwaltung hat durchsetzen müssen. „Wir wollten möglichen Investoren immer das Gefühl geben, wir kümmern uns.“
Es begann mit SRAM
Einer dieser Investoren war Stanley Day, der Besitzer von SRAM, einer großen Fabrik für Fahrradkomponenten in den USA, der 1997 den Fahrradbereich von Sachs übernehmen wollte. Irgendwie hatte Schnabel mitgekriegt, dass eine Landkreisgemeinde dem Amerikaner für den Bau einer eigenen Fabrik ein kostenloses Grundstück angeboten hatte.
380 Arbeitsplätze drohten der Stadt verloren zu gehen und dabei war diese doch gerade dabei, den Gewerbe- und Industriepark Maintal zu erschließen. Schnabel erzählt die Geschichte gern, wie er Oberbürgermeisterin Gudrun Grieser im Urlaub anrief und grünes Licht dafür bekam, Day ein Komplettangebot für seine Fabrik im Maintal zu machen. Komplettangebot hieß: Grundstück, Finanzierung, das Modell für die Fabrik.
Weil Day bei Sachs im Wort stand, war Eile geboten. Stadt und der begeisterte Investor wurden sich schnell einig, „24 Tage hat es gedauert, bis die Baugenehmigung vorlag.“
Spurt auf die letzten Grundstücke
SRAM war der Startschuss für das Maintal, das sich zunächst eher zögerlich füllte, auch weil die Stadt die Größe der Fläche mit der Zahl der Arbeitsplätze verknüpfte. Relativ schnell ist auch der Traum von Großansiedlungen geplatzt, BMW war im Gespräch. Dafür hat es viele kleinere und mittlere Bauherren gegeben. Beispielsweise den Businesspark, nach einem Vorbild in der Partnerregion Motherwell, der auch kleinen Unternehmen eine Chance im Maintal gibt.
Nach einem Durchhänger in der Finanzkrise 2007/2708 ging es stetig voran, in den letzten beiden Jahren hat es einen Spurt auf die letzten freien Grundstücke gegeben. Finanziell hat sich das Maintal für die Stadt gelohnt, schaut man auf die Arbeitsplätze und die Gewerbesteuern. Der Erwerb und die Erschließung der Grundstücke wurden durch den Verkauf gedeckt. „Wir schreiben eine schwarze Null“.
Von OB Kurt Petzold zur Stadt geholt
Schnabel ist am 1. April 1986 zur Stadt gekommen. Vom damaligen Oberbürgermeister Kurt Petzold auf den frischgeschaffenen Posten des Pressesprechers und Leiter des Stadtmarketings berufen. Zuvor hatte er 18 Jahre beim Arbeitsamt gearbeitet, wo er nach der achtjährigen Volksschulzeit eine Lehre absolviert und sich anschließend für den gehobenen Dienst qualifiziert hatte. Viele unkten, dass mit der Wahl Gudrun Griesers 1992 zur Oberbürgermeisterin die Karriere des SPD-Mannes zu Ende gehen würde. „Noch am Wahlabend hat mir Gudrun Grieser fest die Hand gedrückt und die Zusammenarbeit angeboten.“ Das sei argwöhnisch beobachtet worden, wie zu erwarten von der CSU, aber auch von den Genossen in der SPD, die in ihm so etwas wie einen Verräter sahen und ihn immer wieder kritisierten. Er ist dann ausgetreten, hat sich keiner Partei mehr angeschlossen.
„Zukunftspaket“ geschnürt
Auf der Rundfahrt sind wir am Gesundheitspark angelangt. Kurz vor den Haushaltberatungen 2006 war klar geworden, dass das Leopoldina-Krankenhaus Arztpraxen und medizinische Versorgungseinrichtungen als Ergänzung braucht, um seine Wirtschaftlichkeit zu sichern. Für die Stadträte war es eine völlige Überraschung, als die Verwaltung, Hans Schnabel und der damalige Finanzreferent Martin Baldauf, ein 23 Millionen schweres „Zukunftspaket“ präsentierten, dessen Schwerpunkte der Gesundheitspark und der Neubau eines Gebäudes für die Volkshochschule in der Schultesstraße waren. Für die Anträge aus den Reihen des Stadtrates mit einem Volumen von zehn Millionen Euro war da kein Geld mehr da.
Schwere Geburt Tagungszentrum
Auf dem Weg ins Maintal kommt man am Tagungszentrum Maininsel vorbei. Ein weiteres Großprojekt. Über zehn Jahre hatte die Stadt nach einem Investor gesucht und war schließlich bei Reinhard Baumhögger und seiner Unternehmensgruppe Ende der 1990er-Jahre fündig geworden. Die Maininsel musste vom Schlachthof geräumt, für den Fleischerring eine Alternative (im Maintal) gefunden werden. Und dann kam es immer wieder zu Verzögerungen. Baumhögger erwies sich als schwieriger und streitbarer Partner. Schließlich wurden Tagungszentrum und Mercure-Hotel (133 Betten) bezogen. Seitdem hat sich die Zahl der Übernachtungen auf 240 000 verdreifacht. Die lauthals vorgetragen Bedenken der etablierten Hoteliers haben sich nicht bewahrheitet, ist Schnabel überzeugt.
Dass man in seiner Position im Blickfeld der Kritik steht und dass es auch Anfeindungen gibt, war Schnabel schon früh klar. So hatte er durchaus Verständnis für die Kleingärtner, die das Maintal nicht aufgeben wollten. Es gab zähe und lange Verhandlungen, emotionsgeladene Proteste und schließlich doch eine Lösung: Geld.
Letzte Projekt Konversion
Mit dem Besuch von Askren Manors, dem Kesslerfield und den Ledward Barracks ist der Bereich erreicht, der Schnabel in den letzten Jahren am meisten beschäftigt hat und mit der Abwicklung einiger Projekte mit in den Ruhestand begleitet.
Dass die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) von einer „Turbokonversion“ spricht, ist kein Wunder, sieht man die Flächen, die bereits geräumt sind, oder die Häuser, die verkauft wurden oder derzeit umgebaut werden. Hier gibt es bald jede Menge dringend benötigter Baugrundstücke, eine Reihe zukunftsweisende Investitionen sind geplant.
Im Rahmen der Konversion sollen auf dem Gelände der Conn-Barracks bei Geldersheim weitere Gewerbeflächen von 100 Hektar entstehen. Sie werden dringend gebraucht, weil im Maintal keine Grundstücke mehr zu haben sind und die Wirtschaft weiteren Bedarf anmeldet. Hans Schnabel wird das weiterverfolgen. Nicht mehr im Beruf, aber als Zeitungsleser.
Was noch fehlt:
Im Jahre 1991 war Herr Schnabel für die Organisation der 1200-Jahrfeier zuständig, das hat er super hinbekommen. Es hat ihn sicher einiges an Nerven gekostet..., wenn man die Bilder von 1991 und heute vergleicht.