Am Morgen des 14. März fährt ein Mann auf einer Dorf-Hauptstraße im Landkreis Richtung Schweinfurt – mit etwa 50 km/h. Ein schweres Mercedes-SUV überholt ihn, schert urplötzlich fünf Meter vor ihm ein – und der Fahrer führt, offenbar grundlos, "eine Notbremsung bis zum Stillstand durch". Der Mann am Steuer hinter ihm muss ebenfalls "bis zum Stillstand abbremsen", um einen Zusammenstoß zu vermeiden.
Der SUV-Fahrer fährt einfach weiter "und lenkt sein Fahrzeug mehrfach wissentlich und willentlich in den Gegenverkehr", heißt es in der Antragsschrift der Staatsanwältin. So habe er sein Gefährt zunächst über die Mittelspur gesteuert und dann immer weiter auf die Fahrspur einer entgegenkommenden Hyundai-Fahrerin. Die muss "in das Straßenbankett ausweichen, um einen Frontalzusammenstoß zu verhindern", gerät ins Schleudern und kommt quer auf der Staatsstraße 2270 zum Stehen.
Gefährlich für Allgemeinheit
Das sind nur zwei von acht "gefährlichen Eingriffen in den Straßenverkehr", die sich der Staatsanwaltschaft zufolge der 38-jährige Physiotherapeut innerhalb von nur zehn Tagen im März dieses Jahres erlaubt haben soll. Stets habe er andere Verkehrsteilnehmer entweder nach dem Überholen ausgebremst oder durch Steuern in den Gegenverkehr zum Ausweichen und/oder Abbremsen bis zum Stillstand genötigt. Kurz vor einem Zusammenstoß sei er wieder in "seine" Fahrspur zurückgekehrt. Zu einem Verkehrsunfall kam es letztlich nie.
Vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Schweinfurt wird derzeit wegen dieser Delikte und ein paar Sachbeschädigungen gegen den "Beschuldigten" verhandelt. Der gelernte Physiotherapeut ist seit April in der Forensik untergebracht, weil er die Taten im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen haben soll, weil weitere rechtswidrige Taten zu erwarten seien und er "für die Allgemeinheit gefährlich ist".
Auch schwerere Taten möglich
Wie gefährlich – dazu wurde am dritten Verhandlungstag der psychiatrische Sachverständige von der Universität Würzburg gehört, der in seinem ausführlichen Gutachten zu einer klaren Diagnose und Empfehlung kommt. Demnach leidet der 38-Jährige an einer "chronisch verlaufenden paranoiden Schizophrenie", und das seit elf Jahren. Bei den Taten lag demnach eingeschränkte oder gänzlich aufgehobene Steuerungs- und Schuldfähigkeit vor.
Rechtlich kann er demnach nicht dafür bestraft werden. Aber die Gefährlichkeit des Mannes in seinem derzeitigen Zustand und die Wahrscheinlichkeit weiterer schwerer Straftaten bestätigt der Gutachter. In akuten psychotischen Phasen könne es sogar zu noch schwereren Straftaten kommen. Die Voraussetzungen des Paragrafen 63 Strafgesetzbuch zur Unterbringung des Beschuldigten in der Forensik lägen deshalb vor. Mindestdauer: eineinhalb Jahre.
"Lebenslang Medikamente"
Die Diagnose höre sich dramatisch an, so der Psychiater. Es sei dennoch eine Erkrankung, "mit der man umgehen und leben kann", wenn man sie nicht verleugne. "Dass Sie lebenslang Medikamente nehmen müssen, muss Ihnen klar sein", sagt der Gutachter zum Beschuldigten. Dieser hatte über seien Verteidiger erklären lassen, dass er "sämtliche Vorwürfe" der Staatsanwaltschaft "nicht in Abrede stellt". Er selbst könne sich "nicht aktiv an die Vorkommnisse erinnern", sei aber froh, dass niemand durch sein Verhalten zu Schaden gekommen sei.
Am Montag, 19. Dezember, sollen die Plädoyers gehalten und am gleichen Tag auch das Urteil verkündet werden.