Mindestens zehn Anrufe gingen in der vergangenen Woche bei Abwassermeister Daniel Keller ein. Was ist an der Kläranlage los? Neun große Schlepper mit Ansbacher und Fürther Kennzeichen standen innerhalb der Umzäunung entlang der beiden Klärschlammbecken, fuhren immer wieder rein und raus. Eine Woche lang. Sie wurden mit Klärschlamm befüllt, der auf Feldern in den Landkreisen Schweinfurt, Haßberge und Kitzingen ausgebracht wurde.
"Das war eine angemeldete Klärschlammentsorgung", verweist der Abwassermeister auf die entsprechenden Genehmigungen der zuständigen Landratsämter und die Rechtmäßigkeit der Aktion. Jede Fahrt mit dem Güllefass ist in seinen Unterlagen dokumentiert. Insgesamt wurden 3700 Kubikmeter Klärschlamm abgefahren, das sind 3,7 Millionen Liter Gülle. "Das war schon eine ganze Menge", räumt Daniel Keller ein.
Klärschlammbecken waren randvoll
Zweimal im Jahr lässt die Gemeinde Bergrheinfeld ihren Klärschlamm abtransportieren. Im Frühjahr und im Herbst. Weil in den vergangenen drei Jahren aber nur wenig ausgebracht wurde, waren die beiden Sammelbecken oberhalb der Kläranlage randvoll. Es musste dringend gehandelt werden. Auch deshalb, weil die Gülle im Frühjahr nur bis Mitte Mai auf die Felder gefahren werden darf. Die Gemeinde Bergrheinfeld arbeitet seit Jahren mit der Firma Wedel aus Ansbach zusammen. Sie hat sich auf die Verwertung von Klärschlamm spezialisiert, übernimmt die Akquise von Flächen für die Klärschlammdüngung, organisiert die vorherigen Bodenuntersuchungen zur Ermittlung des Nährstoffbedarfs, meldet die Flächen übers bayerische Klärschlammnetz vor der Ausbringung an und wickelt auch die Vergütung der Landwirte für die Bereitstellung der Flächen ab.
"Das war schon ein Riesenakt", kann Daniel Keller verstehen, dass die Schlepperparade direkt an der Bundesstraße zwischen Schweinfurt und Werneck für Aufsehen gesorgt hat. So auch bei Georg Weidinger aus Madenhausen. Als er Anfang vergangener Woche dort vorbeifuhr und die vielen großen Traktoren mit den angehängten Güllefässern sah, kamen ihm spontan die Schlagzeilen vergangener Jahre über die Verklappung von Gülle aus Holland auf deutschen Äckern in den Sinn.
4000 Kubikmeter Klärschlamm fallen jährlich an
"Das ist unser Klärschlamm", stellt Abwassermeister Daniel Keller auf Nachfrage dieser Redaktion allerdings klar. Aktuell fallen jährlich etwa 4000 Kubikmeter pro Jahr an. In der Bergrheinfelder Kläranlage, die für 17 000 Einwohnerwerte ausgelegt ist, werden die Abwässer aus Bergrheinfeld, Garstadt und Grafenrheinfeld aufbereitet. Was nach der Klärung übrig bleibt, fließt über eine unterirdische Leitung in die beiden Sammelbecken und wird komplett landwirtschaftlich verwertet.
"Das wird aber immer schwieriger", verweist Daniel Keller auf die 2017 von der EU neu festgelegten Grenzwerte. Danach dürfen pro Ackerfläche fünf Tonnen Klärschlamm in drei Jahren ausgebracht werden. Und der Boden muss vorab auf Schwermetall- und Nitratbelastung untersucht werden. Für die Gemeinde Bergrheinfeld übernimmt das Labor Graser in Schonungen diese Analysen. Auch der Klärschlamm muss viermal im Jahr labortechnisch unter die Lupe genommen werden.
Mittelfristig will die Gemeinde Bergrheinfeld deshalb in die Verbrennung einsteigen. Zumal ab 2032 überhaupt kein Klärschlamm mehr in der Landwirtschaft verwertet werden darf. Das Gemeinschaftskraftwerk Schweinfurt (GKS) beschäftigt sich bereits mit dem Bau einer Anlage zur Verbrennung von Klärschlamm und will im Herbst ein technisches Konzept vorlegen. Gespräche mit dem Schweinfurter Oberbürgermeister über eine Kooperation soll es bereits gegeben haben.
Trotz der groß angelegten Entsorgungsaktion vor Ostern lagert noch immer eine große Menge Klärschlamm an der Bergrheinfelder Kläranlage. Ein Becken ist noch komplett gefüllt. Es soll im Frühjahr 2020 geleert werden. Auch im zweiten Becken befindet sich noch eine Restmenge. Sie wird entweder verpresst und anschließend verbrannt oder im Herbst auf die Felder ausgebracht, informiert Daniel Keller.