zurück
Schweinfurt
Grenzenlose Euphorie: So feierten die Fans in Schweinfurt den Sieg ihrer türkischen Nationalmannschaft
Sie wissen, wie man feiert: Die türkische Community in Schweinfurt fiebert bei der EM mit. Wie die Fans die Spiele verfolgen und den Sieg ihrer Mannschaft feiern.
Jubel im Sportheim Türkiyemspor SV 12 in Schweinfurt beim Führungstreffer der Türkei im EM-Achtelfinale gegen Österreich.
Foto: Josef Lamber | Jubel im Sportheim Türkiyemspor SV 12 in Schweinfurt beim Führungstreffer der Türkei im EM-Achtelfinale gegen Österreich.
Marco Karaschinski       -  Marco Karaschinski ist in Lübeck geboren und aufgewachsen. Nach seiner schulischen Ausbildung zum Kaufmännischen Assistenten mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik und seinem Abitur zog es ihn 2019 nach Würzburg. Hier studierte er Political and Social Studies und arbeitete als freier Mitarbeiter in der Würzburger Lokalredaktion. Marco Karaschinski ist seit April 2024 Volontär bei der Main-Post.
Marco Karaschinski
 |  aktualisiert: 07.07.2024 02:34 Uhr

Die Sportgaststätte des Türkiyemspor SV 12 in Schweinfurt bebt unter den Jubelschreien, dem Hämmern auf die Tischplatten und den umfallenden Stühlen, als sich die Fans der türkischen Nationalmannschaft bei der frühen Führung in der ersten Minute in die Arme fallen. Über 70 Leute aller Altersgruppen kamen in das Vereinshaus, um gemeinsam mit ihren Vereinskollegen,  Freunden und Familie das Achtelfinale der türkischen Nationalmannschaft gegen Österreich zu verfolgen.

Gekommen waren sie aus allen Ecken Schweinfurts und dem Umland. Bereits eine halbe Stunde vor Spielbeginn waren die Sitzplätze der Gaststtätte belegt. Selbst Organisator und Vereinsvorstand Yusuf Ülgül ist überrascht und erfreut über den starken Andrang. "Es ist schön, dass so viele gekommen sind, das liegt aber bestimmt daran, dass das Spiel nicht im Free-TV übertragen wird", schätzt er.

Fotoserie

Die Sportgaststätte hüllt sich in ein weiß-rotes Farbenmeer und schon vor dem Anpfiff wird diskutiert, analysiert und spekuliert. Es würde kein leichtes Spiel werden, sind sich alle einig, aber der Glaube an die Mannschaft ist da.

"Drei zu eins für die Türkei" hallt es beinahe einstimmig bei der Frage nach dem Endstand durch den Raum. Ülgül ist jedoch etwas vorsichtiger mit seiner Analyse: "Das wird ein schwieriges, Spiel, aber wir können in der Verlängerung gewinnen", schätzt er. Das größte Problem seien die vielen gelben Karten, mit denen neun ihrer Spieler vorbelastet in die Partie gegangen sind.

Volles Haus im Vereinsheim des Türkiyemspor SV 12 in Schweinfurt beim EM Spiel der Türkei gegen Österreich. Mit Flaggen, Trikots und Schals unterstützen die Zuschauer ihre Mannschaft.
Foto: Josef Lamber | Volles Haus im Vereinsheim des Türkiyemspor SV 12 in Schweinfurt beim EM Spiel der Türkei gegen Österreich. Mit Flaggen, Trikots und Schals unterstützen die Zuschauer ihre Mannschaft.

Es kehrt Ruhe ein und Andacht legte sich auf die Gesichter der Zuschauerinnen und Zuschauer, als die ersten Klänge der Nationalhymne ertönen. Der Anpfiff wird mit einem kräftigen Applaus begleitet. Es solle eine sportliche Veranstaltung sein, sagt Ülgül. "Wir schenken hier grundsätzlich keinen Alkohol aus. Wir sind ein Sportverein und keine Kneipe, außerdem, sind hier viele Jugendspieler, die das Spiel schauen wollen, das wäre unpassend und nicht vorbildhaft", erklärt der Vorstand.

Grenzenloser Jubel im Sportheim Türkiyemspor SV 12 in Schweinfurt beim Schlusspfiff im EM-Spiel Türkei gegen Österreich.
Foto: Josef Lamber | Grenzenloser Jubel im Sportheim Türkiyemspor SV 12 in Schweinfurt beim Schlusspfiff im EM-Spiel Türkei gegen Österreich.

Statt Bier in Plastikbechern werden tablettweise Tee und Wasser serviert. Nach dem frühen Führungstreffer in der ersten Minute für die Türkei ist deutlich spürbar, dass vielen ein Stein vom Herzen gefallen ist. Jede Abwehraktion und Parade wird beklatscht und mit Jubelrufen begleitet. Jeder Fehlpass geht mit einer Welle der Enttäuschung und einer kurzen Analyse einher.

Tee und Wasser statt Bier und Bratwurst

Zufriedenes Gemurmel setzt beim Pfiff zur Halbzeit ein. Die Zwischenbilanz ist zwar positiv, aber verhalten. Harun Afacanoglu und sein Sohn Deniz spielen beide bei Türkiyemsport und sind zufrieden mit dem Zwischenstand." Es ist ein schönes Spiel, wir werden gewinnen und dann feiern wir die ganze Nacht", sagt Harun. "Wir sind noch zu passiv gegen Ball, da muss noch mehr kommen, aber wir gewinnen das", ergänzt Deniz.

"Ohhh Türkiye" hallt es beim zweiten Treffer der Türkei, nur wenige Minuten nach Anpfiff der zweiten Halbzeit durch das Restaurant und den Innenhof. Es wird sich in den Armen gehalten, getanzt und gejubelt. Die Euphorie ist greifbar, schlägt jedoch nach wenigen Minuten in ein entsetztes Schweigen beim Anschlusstreffer Österreichs um. "Wir haben uns zu sehr auf der Führung ausgeruht", wird am Nachbartisch kopfschüttelnd festgestellt.

Die Spannung ist kaum auszuhalten

In der heißen Schlussphase des Spiels wird kaum noch geredet. Alle blicken gebannt auf den Bildschirm. Jeder Vorstoß der Österreicher ist von erregten Rufen begleitet, jede Parade des eigenen Torhüters wird gefeiert wie ein Tor. "Pfeif doch endlich ab, Mann", ertönt es in den letzten Sekunden der Nachspielzeit aus mehreren Kehlen. Dann ist es endlich geschafft und der erlösende Schlusspfiff ertönt.

An die 400 Fans der türkischen Nationalmanschaft versammelten sich auf dem Schweinfurter Volksfestplatz nach dem EM-Spiel der Türkei gegen Österreich, um den Sieg ihrer Mannschaft zu feiern.
Foto: Josef Lamber | An die 400 Fans der türkischen Nationalmanschaft versammelten sich auf dem Schweinfurter Volksfestplatz nach dem EM-Spiel der Türkei gegen Österreich, um den Sieg ihrer Mannschaft zu feiern.

Es gibt kein Halten mehr. Fans springen auf die Stühle, halten sich in den Armen, stimmen Fangesänge an, Tränen laufen bei einigen der älteren Fans. Es wird einander beglückwünscht, abgeklatscht und gelacht. Die Anspannung ist der Erleichterung gewichen und viele binden sich die türkische Flagge um und verlassen das Vereinsheim gen Parkplatz, denn jetzt soll gefeiert werden.

400 Fans feiern auf dem Volksfestplatz

In einem Autokorso und unter lautstarken Gehupe, begleitet von Fangesängen, geht es vom Vereinshaus in Richtung des Schweinfurter Volksfestplatzes. Trotz Straßensperrungen der Polizei entlang des Roßmarkts schließen sich immer mehr Autos an. Als der Volksfestplatz in Sicht kommt, eröffnet sich der Blick auf ein Meer aus Flaggen und feiernden Fans.

An die 400 Menschen tummeln sich auf dem Platz, liegen sich in den Armen, machen Bilder und stimmen Fangesänge an. Selbst Familien mit ihren kleinen Kindern treffen sich zum Feiern und bestaunen die Masse an Menschen, die feiert, als wäre ihnen der EM-Titel bereits sicher. Vereinzelt wird in der Menge Feuerwerk gezündet. Die gesamten Straßen um den Volksfestplatz sind gesäumt mit Autokorsos.

Bis in die frühen Morgenstunden ertönen die Fangesänge und Hupen der Autokorsos durch die Schweinfurter Innenstadt. Am kommenden Samstag trifft die Türkei im Viertelfinale auf die Niederlande.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Marco Karaschinski
Bier
Fans
Polizei
SV Theilheim
Söhne
Türkische Nationalmannschaften
Volksfestplatz Schweinfurt
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Doris Hauptmann
    Es werden nicht nur die kranken Personen und Kinder gestört. Ich fühle mich ebenfalls im Schlaf gestört. Man fährt mindestens 1-2 Stunden laut hupend durch die Stadt. Wenn man das störende Hupkonzert hört, weiß man sofort welche Nation gewonnen hat. Wenn die deutsche Manschaft gewinnt, wird auch mal gehupt. Allerdings nicht stundenlang. Es reicht völlig, wenn man seiner Freude kurz Ausdruck verleiht. Immer wieder im Kreis hupend herum zu fahren, ist eine Lärmbelästigung und zwar zwischen 23.00 Uhr 1.00 Uhr in der Nacht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Stefan Krug
    wie hat eigentlich die Kabine ausgeschaut ;-)
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Wolfgang Schöller
    Ich hätte dazu eine Bitte: Nach einem Gewinn des Spiels durch die türkische Mannschaft bitte am Krankenhaus St. Josef (Wirsingstraße und Rüfferstraße) nicht mit Dauergehupe vorbeifahren. Kranke Patienten brauchen ihre ungestörte Nachtruhe. Und die Kinder von Anwohner ebenso.
    Als Rettungsassistent noch ein Tipp: Feuerwerkskörper in der Masse gezündet verursachen oftmals gefährliche Verletzungen. Wäre doch schade, wenn die Freude über einen Sieg mit einem Unfall endet.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Helga Scherendorn
    eine Frage hätt ich da noch: Warum werden bei den Türkeispielen ununterbrochen gepfiffen, wenn der Gegner am Ball ist? Ist das eine Respektsbezeugung?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten