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Grafenrheinfeld
Glöckle-Pläne in Grafenrheinfeld: Kompromiss in Sicht?
Im Frühjahr gab es in Grafenrheinfeld Protest gegen die Pläne der Baufirma Glöckle, 85 Hektar für den Sand- und Kiesabbau zu nutzen. Was die Regierung nun vorschlägt.
Protest gegen Sand- und Kiesabbau bei Grafenrheinfeld: Rote Tafeln entlang des Abbaugebiets sollten im Frühjahr die Dimension des Projekts veranschaulichen.
Foto: Josef Schäfer | Protest gegen Sand- und Kiesabbau bei Grafenrheinfeld: Rote Tafeln entlang des Abbaugebiets sollten im Frühjahr die Dimension des Projekts veranschaulichen.
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:03 Uhr

Felder und Wiesen in der Größenordnung von 118 Fußballfeldern will das Bauunternehmen Glöckle für seine zukünftige Sand- und Kiesausbeute in der Grafenrheinfelder Flur nutzen. Bürger und Gemeinde wehren sich, die 84,2 Hektar an der Straße von Grafenrheinfeld nach Gochsheim (bis zum Schweinfurter Industrie- und Gewerbepark Maintal) entsprichen 17 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche in der Gemeinde. Nun hat die Regierung von Unterfranken auf Antrag der Firma eine landesplanerische Beurteilung vorgenommen: Die Flächen müssen deutlich reduziert werden.

Entwarnung gibt es aus Sicht Grafenrheinfelds aber nicht. Bürgermeister Christian Keller erklärte, die Gemeinde und der beauftragte Anwalt werden die von der Regierung zugesandten Unterlagen prüfen und sich in einer der nächsten Gemeinderatssitzungen damit befassen. Grundsätzlich habe die Stellungnahme der Regierung „gutachterliche Qualität“, so Keller, der darauf verweist, dass das Planfeststellungsverfahren abgewartet werden muss.

Der Gemeinderat hat sich sehr klar gegen das Vorhaben ausgesprochen, 2012 schon einen Antrag Glöckles, in dem es um 14 Hektar Abbaufläche ging, abgelehnt. „Es gibt eine überwältigende Allianz zwischen Gemeinderat, Grundstückseigentümern, Landwirten und Bürgern. Grafenrheinfeld sagt klar „Nein!“ zu einer weiteren Ausbeutung seiner Felder und Äcker“, so Keller. Nutzen möchte die Baufirma  das Gelände zwischen seinem bestehenden Sand-, Kies- und Bauschuttrecyclingwerk, dem Vogelschutzgebiet Sauerstücksee (eine ehemalige Sand- und Kiesausbeute) und dem Schwebheimer Wald im Osten, der vorhandenen oder möglichen Ortsbebauung (mit einem Abstand von 150 Metern) im Westen, dem Hochwasserschutzgebiet im Süden (auf Höhe des Gewerbegebietes Richtung Röthlein) und der Straße im Norden in drei Bauabschnitten.

Glöckle-Pläne in Grafenrheinfeld: Kompromiss in Sicht?

Geplant ist die Baustoffgewinnung zuerst an der Straße und auf der Länge des Vogelschutzgebietes. Verfüllt werden soll dieses Areal anschließend mit Material aus dem zweiten Bauabschnitt (im Süden des Vogelschutzgebietes). Dieses soll dann mit dem Boden aus dem dritten Abschnitt (zwischen Wassergraben und Gewerbegebiet) verfüllt werden. Der dritte Bauabschnitt wäre nach der anvisierten Nutzungsdauer von 50 Jahren eine weitere Wasserfläche.

Grafenrheinfeld verweist auf bereits hohe Flächenverluste 

Die Gemeinde wehrt sich, weil man in den vergangenen Jahrzehnten sehr viel Fläche verloren hat. „Grafenrheinfeld hat seit 1972 von seinen damals rund 1000 Hektar landwirtschaftlichen Nutzflächen mehr als die Hälfte verloren“, so Bürgermeister Keller. „Wir haben in den letzten Jahrzehnten bereits rund 110 Hektar zur Versorgung der regionalen Bauwirtschaft mit Bodenschätzen wie Sand- und Kies geopfert. Wir haben unseren Beitrag somit bereits längst geleistet. Grafenrheinfeld ist schon sehr viele Kompromisse eingegangen.“

Mit der Zusage, dass aufgefüllte Flächen wieder als wertvolles Ackerland genutzt werden können, hat Grafenrheinfeld laut Keller eigene Erfahrungen gemacht. „Die Auffüllungsfläche einer ehemaligen Sand- und Kiesausbeutung neben dem Sauerstücksee zeigt unmissverständlich, dass auf aufgefüllten Flächen dauerhaft keine vernünftige Landwirtschaft mehr stattfinden kann. Für die Landwirtschaft sind solche Flächen weitestgehend verloren. Für immer“, erklärt der Bürgermeister.

Die Regierung schlägt einen Kompromiss vor, wie es in der ausführlichen Pressemitteilung heißt. Grundsätzlich entspreche "das Vorhaben in der beantragten Größenordnung nicht den Erfordernissen der Raumordnung. In deutlich verkleinertem Umfang und unter der Berücksichtigung von Maßgaben zu Belangen der Landwirtschaft, der Wasserwirtschaft, des Immissionsschutzes, des Naturschutzes, des Verkehrs sowie des Denkmalschutzes wird das Vorhaben in der Größe von rund 44 Hektar als raumverträglich beurteilt", so die Regierung. Beantragt waren der Abbau von 4,8 Millionen Tonnen Sand und Kies auf 85 Hektar. Den Vorschlag aus Würzburg kann die Gemeinde nicht nachvollziehen. Man stehe, so Christian Keller, zu dem Beschluss von 2012, als man die damals beantragten weiteren 14 Hektar schon abgelehnt hatte.

Kompromiss zwischen Rohstoffsicherung und Landwirtschaft

Als höhere Landesplanungsbehörde habe die Regierung im Ende April eingeleiteten Raumordnungsverfahren 73 Stellungnahmen der beteiligten Behörden, Verbände, Kommunen und Bürger abgewogen. "Ergebnis ist ein Kompromiss zwischen den Belangen der Rohstoffsicherung auf der einen und der Landwirtschaft sowie der Gemeinde Grafenrheinfeld auf der anderen Seite", so Pressesprecher Johannes Hardenacke.

Der Grafenrheinfelder Baggersee, früher von der Firma Glöckle ausgebaggert, ist zwar auch im Herbst idyllisch, doch für die Gemeinde sind die Pläne der Baufirma, in großem Stil weitere Flächen zum Sand- und Kiesabbau nutzen zu wollen, nicht tragbar.
Foto: Fuchs-Mauder | Der Grafenrheinfelder Baggersee, früher von der Firma Glöckle ausgebaggert, ist zwar auch im Herbst idyllisch, doch für die Gemeinde sind die Pläne der Baufirma, in großem Stil weitere Flächen zum Sand- und Kiesabbau ...

Man habe dem dauerhaften Erhalt sehr wertvoller landwirtschaftlicher Böden sowie der Zukunftssicherung örtlicher landwirtschaftlicher Betriebe hohe Bedeutung beigemessen. Deswegen die deutliche Verkleinerung der Fläche. Aus Regierungssicht könnte der nördliche Teil des geplanten Sand- und Kiesabbaus im Anschluss an das bereits bestehende Kieswerk des Projektträgers mit rund 44 Hektar für den Rohstoffabbau genutzt werden. So könnte die Rohstoffversorgung im Raum Schweinfurt ebenso mittel- bis langfristig gesichert werden.

Für die Regierung von Unterfranken aus raumordnerischer Sicht entscheidend bleibe, dass auch der Großteil des verbleibenden Abbaubereiches (rund 32 Hektar) wiederverfüllt werde, "um den land-wirtschaftlichen und siedlungsstrukturellen Belangen Rechnung zu tragen." Der geplante See solle nur zwölf Hektar groß sein, im Idealfall würde diese Fläche aber auch wieder verfüllt.

In einer früheren Version nahm der Leiter der Hauptverwaltung der Gemeinde, Michael Niklaus, Stellung. Diese Stellungnahme wurde nun durch eine ausführliche Mitteilung von Bürgermeister Christian Keller aktualisiert.

 
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