
Ein Anschauungsstück in Sachen demokratischer Entscheidungsfindung, dazu lange Unterhaltung und einige Überraschungen – das alles bekamen die Zuhörerinnen und Zuhörer am Montag im Stadtrat geboten. Bestens gefüllt war der Ratssaal ausnahmsweise, 14 Personen wollten live dabei sein. Zum Glück fanden sich ausreichend Stühle, denn Ausdauer war an diesem Abend gefragt.
Das Dauer-Thema Marktplatzumgestaltung stand wieder an. Viele erhofften sich Antworten auf die Fragen: Wie geht es mit der Planung weiter und was kostet der ganze Spaß eigentlich?
Zumindest bei Zweitem herrscht jetzt Klarheit. Fast acht Millionen Euro sind kein Pappenstiel, da mussten viele schlucken. Aber es geht um die gute Stube der Stadt. Hier schlägt Gerolzhofens Herz, hier werden rauschende Feste gefeiert.
Nur noch im Geländewagen über den Marktplatz
Und Pflaster und Leitungen sind dermaßen marode, dass es Zeit dafür wird. "Es vergeht kein Tag, dass ein Stein lose ist oder ein Spalt breiter geworden ist", räumte Bürgermeister Wozniak ein. Und sein "Vize" Servatius hatte folgenden Tipp: nur mit dem Geländewagen drüberfahren!
Da hat er recht, denn wer beim Gang über den Platz nicht genau hinschaut, dem droht Unheil, was öfters vorkommt. CSU-Mann Arnulf Koch klagte, seine Frau sei neulich "böse gestürzt". Umso überraschender dann sein Hinweis, dass er dem teuren Entwurf nicht zustimme. Auch auf die Gefahr hin, dass er dafür zu Hause beschimpft werde. Oha!
Wie der sparsame Herr Koch denken auch viele andere an die horrenden Kosten für Schulneubau und Kindergarten in den nächsten Jahren. Und so begann eine sehr lange Diskussion. Ein Hin und Her und ein Für und Wider war das.
Der Planer muss kräftig schlucken
Einige fragten nach Einsparungen (die man bald finden möchte), andere hatten wieder mal Einwände, weil Parkplätze fehlten und keine Außengastronomie wegen der Feuerwehr möglich ist. Dass die ihre Drehleiter parken muss, wenn's brennt, dürfte allen klar sein. Dann platzte dem Planer der Kragen, weil er zigfach Geprüftes nochmals prüfen soll, was er als "Misstrauen" empfand.
Jedenfalls tickte und tickte die Uhr. Gut Ding will eben Weile haben. Demokratische Entscheidungen brauchen halt Zeit, manchmal sehr viel. Prinzipiell ist es gut so, dass der Stadtrat unser anvertrautes Steuergeld nicht schnell verpulvert.
Doch irgendwann wurde es selbst dem Profi zu viel. Als der Bürgermeister nach über drei Stunden um 22.36 Uhr auf die Uhr blickte, danach in müde Gesichter und schließlich auf die Tagesordnung, wo weitere heiße "Eisen" standen, wollte er nicht mehr - und ließ über ein vorzeitiges Sitzungsende abstimmen. Eine echte Seltenheit!
Die überraschende Erkenntnis: Nur eine hauchdünne Mehrheit wollte aufhören. Die anderen hatten offenbar keine Lust, ins Bett zu gehen. Eines haben aber alle mit nach Hause genommen: Im Stadtrat braucht man nicht nur Argumente, sondern auch reichlich Sitzfleisch.