
Es gibt kaum ein Thema in Deutschland, bei dem man auf einer Party so schnell Einigkeit unter den Gästen herstellen kann, wie die Deutsche Bahn: Ein kurzes Stichwort und schon wissen meist alle eine mehr oder weniger traurige Geschichte über ihre Erlebnisse mit der Bahn zu berichten. Vereint im Schimpfen und Trinken.
Grundsätzlich ist es allerdings überaus erstaunlich, dass gerade von bayerischen Politikern, auch solchen aus der Region, selbst beim Thema Deutsche Bahn das von Ministerpräsident Markus Söder so forcierte grundsätzliche Ampel-Bashing betrieben wird. Nein, nicht an allem Übel in Deutschland sind SPD, Grüne und die FDP schuld.
Beim Thema Verkehr und Zustand der Deutschen Bahn, das sagen wir jetzt einfach mal so ungestüm, können sich die CSU-Verkehrsminister Peter Ramsauer, Alexander Dobrindt, Christian Schmidt und Andreas Scheuer (in dieser Reihenfolge von 2009 bis 2021 im Amt) mal schön an die eigene Nase fassen. Und von Volker Wissing, dem derzeitigen FDP-Minister, fangen wir jetzt mal gar nicht erst an. Die Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer hat dazu ja schon alles gesagt.
Aber zurück nach Schweinfurt, schließlich soll diese Glosse ja einen konstruktiven Beitrag leisten. Ergo diese Geschichte, die uns eine Krankenschwester aus Schweinfurt, die in Bamberg im Schichtdienst arbeitet, kürzlich schrieb. Sie beginnt um 6 Uhr morgens ihren Dienst. Um rechtzeitig vor Ort zu sein, nimmt sie den ersten Zug gen Domstadt an der Regnitz, um 4.21 Uhr am Hauptbahnhof.
Kürzlich war sie gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten wie jeden Morgen kurz nach 4 Uhr vor Ort, der Zug stand schon da, die Türen verschlossen, die Lokführerkabine dunkel. Kurz vor Abfahrt leuchtete es mal ganz kurz grün an den Türen, doch wenige Sekunden später fuhr der Zug schon los – ohne Passagiere, die hatten das Eine-Sekunde-Türen-auf-Zeitfenster nämlich nicht so blitzgeschwind nutzen können.
Der Zugführer (so die offizielle Bezeichnung für den Menschen, der die Abfahrt am Bahnsteig freigibt) vor Ort in Schweinfurt war offenbar ähnlich verdutzt wie die Fahrgäste. Und zum Glück ein sehr freundlicher und geduldiger Mensch, denn man kann sich ungefähr vorstellen, wie die Laune bei den Fahrgästen um kurz nach 4 Uhr morgens ist, wenn der Zug einfach davonfährt.
Aber dieses ausdrückliche Lob soll hier natürlich öffentlich werden: "Der äußerst nette und verständnisvolle Schaffner stellte allen Anwesenden einen Taxigutschein aus", reagierte schnell und unbürokratisch. Das Taxi war sogar groß genug, um das Fahrrad der Krankenschwester mitzunehmen, das sie in Bamberg nutzt, um vom Bahnhof zum Arbeitsplatz zu kommen. Und so kamen nicht nur sie und ihr Partner rechtzeitig zur Arbeit, auch ein Urlauber schaffte es trotz allem pünktlich nach Nürnberg zum Flughafen.
Von wegen Servicewüste Deutsche Bahn. Mit ein bisschen gutem Willen geht's ja offenbar.