
Musik ist eine Sprache, die jeder Mensch versteht: Das war eine Botschaft des großen Benefizkonzerts für "Demokratie, Freiheit und Vielfalt", in der Alten Schonunger Kirche am vergangenen Sonntag. Die zulässige Obergrenze von 200 Besucherinnen und Besuchern wurde locker erreicht, als namhafte Musikerinnen und Musiker in die Tasten griffen. Dies alles unter der bunt beleuchteten Statue des heiligen Michael, der bekanntlich als Schutzpatron Deutschlands gilt.
Der vermutlich nach dem Erzengel benannte "Michel", Sinnbild des schlafmützigen Deutschen, sieht sich derzeit allerhand Extremen und Versuchungen ausgesetzt, nicht zuletzt an der Wahlurne – die Reise einmal um die Welt der Musik sollte ihn auf bessere Gedanken bringen.
Jörg Schöner hat sich als Lehrer an der Schweinfurter Musikschule gefragt, was er als Privatperson tun könne, um freiheitliche Gesinnung zu fördern, zusammen mit Bürgermeister Stefan Rottmann und Renate Blenk von der Kulturbühne Alte Kirche. Der aus Gochsheim stammende Konzert-Organisator stand dabei unter dem Eindruck großer Demonstrationen für Demokratie, auch in seinem Herkunftsort oder in Schonungen. "Das Smartphone hat geblinkt und gepiepst", so erinnert sich Pianist Mad Bob an Schöners Vorbereitungen für das mehr als dreistündige Event.
Von Udo Jürgens bis Elvis
Das Konzert startete mit dem Kosmopoliten Udo Jürgens, im bewährten Zusammenspiel von Pianist Jörg Schöner und Tenor Eberhard Fasel: "Gegen den Wind", "Die Welt braucht Lieder", "Ihr von morgen (werdet neue Wege gehen)". Rathauschef Rottmann, der später noch selbst zur Trompete greifen sollte, warnte in seiner Rede davor, historische Erfahrungen zu vergessen. Das Leben in Freiheit, Frieden und Wohlstand nach 1945 sei keine Selbstverständlichkeit. Rottmann verwies aufs Würzburger Afrika-Festival und hoffte, dass aus dem Schonunger Konzert Größeres entsteht. Zumindest wird es, laut Veranstaltern, Ende Oktober in der Schweinfurter Disharmonie ein Revival geben.
"Du weißt nicht, was Liebe ist, bevor du nicht den Blues kennst", hieß es bei Mad Bob (Klavier) und Fritz Wenzel (Saxophon) – ebenfalls ein bekanntes Duo, das coole Standards beisteuerte, von "Silver´s Serenade" bis zur "Route 66". Der Zirkus brannte lichterloh, beim Chanson-Duo "Café Sehnsucht" aus Gerolzhofen, alias Silvia Kirchhof und Achim Hofmann: In der schwarzhumorigen Parabel von Georg Kreisler, der selbst vor der Nazidiktatur fliehen musste, steht eine ganze Menagerie in Flammen, am Ende auch der Vogel Strauß, der seinen Kopf einfach in den Sand gesteckt hat.

Stimmen aus der Zeit des Holocaust hat der jüdische Komponist Norbert Glanzberg zu Gehör gebracht: "Schlaf gut, mein Liebes, schlaf gut, so gut", heißt es im traurigen Lied zur guten Nacht – das Wiegenlied einer Mutter, die inmitten der Vernichtungsorgie auf ein schützendes Haus für ihr Kind hofft. Hier wurde es still im voll besetzten Saal.
Musik und Mahnung
Um moderne Verschwörungserzählungen ging es in einer augenzwinkernden Eigenkomposition von Achim Hofmann. Die Lufthansa versprüht seit neuestem Glaubersalz statt Aluminium. So ein Chemtrail hat dann bekanntlich abführende Wirkung. Elton John steuerte "Your Song" bei, interpretiert vom Schonunger Bürgermeister. Das Trompetenspiel von Rottmann, mit Jörg Schöner am Klavier, kam besonders gut an, in Zeiten politischer Misstöne.
Marietta Eder mahnte für den Verein der Freunde von "Schweinfurt ist bunt!", sich an den nahenden Europawahlen zu beteiligen, im Kampf gegen die Extremen. Es gibt, allen Reichsbürgern zum Trotz, seit den 50ern sowieso nur noch einen einzelnen King. Der kehrte in Gestalt von "Duke Elvis" zurück, mit unsterblichem Hüftschwung, Koteletten und Schmalzlocke.
Spott über Schönheitsbilder
Die fränkischen "Herzensblecher" spotteten über das Schönheitsbild von Heidi Klum, dem selbst Männer nachzueifern trachten, oder Elon Musk, der im eigenen Space Taxi zu den Sternen fliegen will. Landrat Florian Töpper griff als Schirmherr des Konzerts zum Mikrofon. Noch könne die Mehrheit die Weichen richtig stellen, in Richtung Zukunft, so Töpper. Harfenistin Anne Kox-Schindelin trug mit silbrigen Klängen zur Entspannung bei. Diakon Frank Menig machte sich Gedanken über Freiheit, Toleranz, Geduld und Respekt aus kirchlicher Sicht.

Beim Poppenhäuser "Boulevard Ensemble" ging es genau um diese, nicht allein christlichen Tugenden: Paul und Alia lieben sich, trotz Scharia, beim Song von Stefan Gwildis, der einfach nur eine "Handvoll Liebe" empfiehlt, als Problemlösung. Dazu gab es Klassiker von Fleetwood Mac und Ingrid Peters. Am Ende trafen sich alle auf der Bühne, zur gemeinsamen Ode an die Freundschaft und Beethovens Freude, dem schönen Götterfunken. Grund zur Freude haben auch die Spendenempfänger der Benefizveranstaltung. Gefördert werden junge Musiker aus der Region.