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Schweinfurt
Früher Warteliste, heute leere Plätze: Schweinfurter Musikerin Petra Eisend gibt das "Caleidoskop" auf
Seit 35 Jahren ist Petra Eisend Teil der Schweinfurter Kulturszene. Doch mit Corona kam der Einbruch, das Publikum blieb aus. Jetzt gibt sie einen Teil ihres Studios auf.
Seit fünf Jahren residiert die Schweinfurter Musikerin Petra Eisend mit ihrem 'Studio für Handpan & Percussion' in der Rosengasse. Während Corona kam das 'Caleidoskop' dazu. Das soll nun Ende Oktober schließen.
Foto: Désirée Schneider | Seit fünf Jahren residiert die Schweinfurter Musikerin Petra Eisend mit ihrem "Studio für Handpan & Percussion" in der Rosengasse. Während Corona kam das "Caleidoskop" dazu. Das soll nun Ende Oktober schließen.
Désirée Schneider
 |  aktualisiert: 28.09.2024 02:36 Uhr

Durch die großen Fenster fällt Licht auf das Parkett, in einer Ecke steht ein mannshoher Gong – in der Mitte des weitläufigen Raumes steht Petra Eisend und blickt sich um. "Damit geht ein Kapitel zu Ende", sagt sie. Ende Oktober soll die Eventlocation "Caleidoskop" im ersten Stock der Rosengasse 9, mitten in der Schweinfurter Innenstadt, schließen.

Ein Schritt, der ihr nicht leicht falle, sagt Eisend. "Das ist eine tolle Location, und es hat mir immer viel Spaß gemacht, aber manchmal muss man sich vielleicht auch eingestehen, dass man den Zeichen der Zeit nicht mehr gerecht wird", sagt die 62-Jährige. Livemusik stecke seit Jahren in der Krise, das habe auch sie zu spüren bekommen. Seit 35 Jahren sei sie als Musikerin bereits Teil der Schweinfurter Kulturszene – lange mit der afrikanischen Trommel Djembé, mittlerweile ist die Handpan, ein Blechklanginstrument, ihre Passion.

"Ich glaube, dass ich bisher einen sehr wichtigen Beitrag zur Schweinfurter Kulturszene geleistet habe", sagt Eisend. Seit fünf Jahren residiert sie mit ihrem "Studio für Handpan & Percussion" im zweiten Stock des ehemaligen Geschäftshauses in der Rosengasse. Zuvor hatte sie in einem Anbau der Alten Reichsvogtei unterrichtet. Doch mit der Corona-Pandemie habe sich alles verändert, sagt Eisend.

Handpan-Fans aus ganz Deutschland angereist

Vor der Pandemie seien ihre Workshops gut besucht gewesen, zeitweise habe sie sogar mit Wartelisten arbeiten müssen, sagt sie. "Mir war immer klar, dass Schweinfurt den Bedarf in dem Bereich nicht abdeckt und dass ich überregional denken muss", sagt Eisend. Schon bald seien Handpan-Interessierte aus ganz Deutschland zu ihren Kursen angereist. "Ich war mit meinem Studio in der deutschen Handpan-Szene ziemlich federführend", sagt die 62-Jährige.

Doch die Pandemie habe auch der Handpan-Szene stark zugesetzt. Unterricht in Präsenz war plötzlich nicht mehr möglich. Viele Kolleginnen und Kollegen seien deshalb auf Onlineformate umgestiegen. Ein Schritt, den sie jedoch nicht habe mitgehen wollen, sagt Petra Eisend: "Für mich war immer klar: Digitale Medien, das ist weder meine Leidenschaft, noch meine Stärke. Das bin ich einfach nicht. Bevor ich das mache, suche ich mir lieber etwas anderen, entwickele andere Formate."

Trotz der gerade auch finanziell für die Kunstszene belastenden Zeit, habe sie sich deshalb mitten in der Pandemie entschlossen, ihre Räumlichkeiten zu erweitern. Als die Tanzschule ein Stockwerk unter ihrem Studio auszog, habe sie die Chance ergriffen und die rund 180 Quadratmeter großen Räumlichkeiten übernommen. "Ich hatte immer diese Vorstellung, diese bunte Seifenblase von einem Kulturzentrum – das hier mit allen möglichen Aktivitäten zu beleben, alles unter einem Dach", sagt Eisend.

Risiko eingegangen: Große Investition mitten in der Pandemie

Mitten in der Pandemie ein durchaus riskantes Vorhaben. "Aber ich dachte damals: Naja, irgendwann muss das doch wieder vorbei sein", erinnert sich die 62-Jährige. Eine fünfstellige Summe habe sie in die Renovierung und Umgestaltung der Räume gesteckt – doch ein Ende der Pandemie war nicht in Sicht. Glücklicherweise seien ihr die Vermieter sehr entgegengekommen. "Das war großartig, sie haben mich sehr unterstützt", sagt Eisend.

Ende 2021 seien dann die ersten Veranstaltungen in der neuen Eventlocation Caleidoskop angelaufen: kleinere Konzerte, die "Klangauszeit" als musikalisch begleitetes Entspannungsformat, Workshop-Wochenenden. Einiges davon sei auch gut angenommen worden, sagt Eisend. Doch insgesamt sei die Resonanz einfach zu niedrig geblieben. Gerade der Workshop-Bereich habe sich nie von Corona erholt, die Teilnehmerzahlen brachen ein.

"Früher habe ich Wartelisten geführt, jetzt sitze ich manchmal mit drei bis vier Teilnehmern hier."
Petra Eisend, Musikerin aus Schweinfurt

"Früher habe ich Wartelisten geführt, jetzt sitze ich manchmal mit drei bis vier Teilnehmern hier", sagt Petra Eisend. Damit sei sie nicht allein. Viele ihrer Kolleginnen und Kollegen hätten mit einer stark rückläufigen Nachfrage zu kämpfen, sagt sie. Letztlich sei es jedoch keine rein finanzielle Entscheidung gewesen, das Caleidoskop aufzugeben. Auch private Gründe hätten eine Rolle gespielt, sagt Eisend. So habe sie sich den langjährigen, aber auch zeitintensiven Traum von einem eigenen Pferd erfüllt. Da habe sie beruflich ohnehin kürzertreten müssen.

Einige Konzerte werden aber noch im Caleidoskop stattfinden. Eisends persönliches Highlight: Am 29. Oktober treten der international bekannte Handpan-Künstler Manu Delago und der US-amerikanische Hackbrettspieler Max ZT auf. "Das ist mein persönliches Abschiedsgeschenk an mich", sagt sie. Im November finden noch 2 Konzerte statt: Jochen Volpert feat. Carola Thieme zum einen und ein Mantra/Kirtan-Konzert mit der Varieté-Band um und mit Dirk Denzer. Auch eine Klangauszeit wird es noch geben. Das "Ambient Sound Project", das am 28. September geplant war, wurde wegen Krankheit abgesagt.

In die Zukunft blicke sie dennoch hoffnungsvoll. Denn ganz aus der Kulturszene verabschieden wolle sie sich noch nicht. Neben ihrem Studio im zweiten Stock sollen auch ihre Kurse an Schulen und ihre Konzerte in Kliniken und Heimen weiterbestehen. "Das ist eine ganz andere Form der Bühne", sagt Eisend. "Ich komme mit Menschen, die in einer sehr schwierigen Lebenssituation sind, in intensive Eins-zu-eins-Begegnungen. Da erlebe ich die Musik noch einmal in einer ganz anderen Sinnhaftigkeit."

 
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