Was lange währt, wird endlich gut: Im Juli 2016 wurde das Institut für kommunale Sportentwicklungsplanung aus Potsdam mit dem Sportentwicklungsplan für Schweinfurt beauftragt. Jetzt wurde er vorgestellt. Er umfasst 246 Seiten und ist eine in dieser Form noch nie dagewesene Handlungsempfehlung und Betrachtung des Schweinfurter Sports in all seinen Facetten – vom Vereinssport über den Schulsport bis zum Freizeitsport.
Professor Michael Barsuhn und seinem Team ist Erstaunliches gelungen. Dass Sportreferent Jürgen Montag das Konvolut „sehr gut gelungen“ findet, durfte man erwarten. Doch auch die Vertreter der 71 Schweinfurter Sportvereine finden sich im Sportentwicklungsplan wieder und betrachten ihn wie die Verwaltung als hilfreiche Stütze für die Planung der nächsten zehn bis 15 Jahre. Das liegt auch daran, dass die von Barsuhn aufgezeigten sechs Entwicklungsfelder im Bereich Sportstätten, Schulen, Sportvereine oder selbst organisiertem Sport auf einer breiten Datenbasis beruhen.
Bürger und Vereine befragt, Sportstätten besucht
Barsuhn ist überzeugt, dass man nur durch eine große Bestandserfassung verlässliche Empfehlungen geben kann. Jede Stadt hat andere Voraussetzungen und unterschiedliches Nutzerverhalten. 6000 Fragebögen zum Thema Sport und Sportverhalten verschickte die Stadt an ihre Bürger, 1408 kamen zurück. Sie wurden akribisch ausgewertet wie die Fragebögen der Schulen (Rücklauf 78 Prozent), Kindergärten (69 Prozent) und Vereine (53 Prozent). Aus den Ergebnissen der Befragungen und Begehungen der Sportstätten entwickelte Barsuhn eine verhaltensorientierte Sportstättenentwicklungsplanung, die ganzheitlich orientiert ist. Das im Vergleich zu früher wesentlich umfangreichere Sportprogramm, gerade auch in Schweinfurt, spielt sich nicht nur in den Vereinen ab, sondern immer mehr auch im öffentlichen Raum, wo Menschen privat Sport treiben.
Die Bevölkerung wird älter und es gibt speziell in Schweinfurt einen relativ hohen Anteil an Bürgern mit Migrations- oder Fluchthintergrund. Daraus ergeben sich neue Chancen für die Vereine, die mit ihren Angeboten sich den Zielgruppen anpassen. Viele Studien zeigen, dass rund um das 40. Lebensjahr sich die Motivlage fürs Sporttreiben von Leistungssteigerung und Wettbewerb hin zu Gesundheit, Geselligkeit und Entspannung verändert.
Auch kritische Themen angesprochen
Barsuhn spricht auch Themen an, die bei dem einen oder anderen Verein mit Emotionen belastet sind wie Fusionen. 81 Prozent der befragten Vereine schließen das aus. Interessant war, dass von den Vereinen, die es sich vorstellen können, alle eine Fußballabteilung haben und darüber Kooperationen möglich erscheinen.
Ein großes Thema sind die Sportstätten, gerade im Winter. Dass man hier aus allen Nähten platzt, war klar. Das liegt zum einen daran, dass ab Spätherbst zu den etablierten Hallensportarten wie Handball, Basketball, Volleyball, Korbball oder Faustball noch die Fußballer in die Hallen drängen. Professor Barsuhn fand heraus, dass diese gut 20 Prozent der Hallenkapazitäten brauchen. Er hat auch innovative Vorschläge: Man könnte zum Beispiel Fußballfelder im Freien überdachen und es so ermöglichen, dass ältere Jugendliche und Erwachsene auch im Winter draußen Fußball spielen könnten. Das wäre zwar nicht ganz billig, günstiger als ein Hallenbau aber allemal.
Es fehlen eine Dreifachturnhalle und zwei Zweifachhallen
Schweinfurt hat drei Dreifachhallen, mit jeweils 1215 Quadratmetern für Wettkämpfe geeignet, sowie 33 Mehrzweckhallen unter 968 Quadratmeter Fläche. Das klingt viel, ist es aber nicht: Die Bedarfsanalysen zeigen sehr deutlich, dass investiert werden sollte. Barsuhn sagt, es fehlen eine Dreifachhalle und zwei Zweifachhallen, die wettkampffähigen Vereinssport ermöglichen. Synergien könnte es mit den Schulen geben, denn der Schulsport ist kommunale Pflichtaufgabe.
Während bei den Sporthallen der Großteil in recht gutem baulichen Zustand ist, haben die Begehungen bei den Sportanlagen im Freien deutlich größeren Renovierungsbedarf ergeben. Abgefragt hat das Institut auch das Interesse der Vereine an einer multifunktionalen Stadt- und Sporthalle – das ist sehr groß, fast drei Viertel der Befragten würden eine solche Halle mit bis zu 3500 Zuschauerplätzen befürworten.
Multifunktionale Sporterlebniswelten
Interessant sind die Ideen, wie man privaten und Vereinssport zusammenführen kann. Barsuhn schlägt Sporterlebniswelten im öffentlichen Raum vor, vielleicht auch in Zusammenhang mit dem Park der Landesgartenschau 2026 in den Ledward-Kasernen. Hier könnten sich auch Vereine präsentieren. Dass diese Nachteile haben könnten, wenn man die öffentliche Sport-Infrastruktur stärkt, wie Oliver Schulte (CSU) fragte, glaubt Barsuhn nicht.
Er würde auch Thomas Ends (SPD) Frage, ob sich Schweinfurt nun als „Stadt des Sports“ bezeichnen dürfe, unterschreiben. „Sie sind auf einem sehr guten Weg zu einer echten Sportstadt.“ Für die Umsetzung des Sportentwicklungsplanes soll nun eine Arbeitsgemeinschaft mit Vertretern der Verwaltung, der Vereine und des Stadtrats gegründet werden.
Der Schweinfurter Sport in Zahlen
72 Sportvereine und sechs Betriebssportgemeinschaften gab es 2018 in Schweinfurt. Das sind sieben Vereine und eine Betriebssportgemeinschaft weniger als vor zehn Jahren, die Zahl der Mitglieder steigt aber wieder an. 21 998 Menschen sind als Mitglieder verzeichnet, bei 54 563 Einwohnern ein bundesweit betrachtet überdurchschnittlicher Wert. Die Zahl der Mitglieder in den Sportvereinen und Betriebssportgemeinschaften ist in den vergangenen drei Jahren stark gestiegen – vom Tiefststand 21 059 in 2016 auf jetzt 21 998. Der Anteil der Jugendlichen unter 18 Jahren stieg am stärksten: Es waren 2018 5662, 2017 dagegen 5391.
Die fünf mitgliederstärksten Vereine sind (Stand 2016):
1. Deutscher Alpenverein 2850
2. TG 1848 Schweinfurt 2688
3. DJK Schweinfurt 1430
4. Wasserwacht 1419
5. FC 05 Schweinfurt 930