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SCHWEINFURT
Schweinfurt sucht Zukunft für die Stadt des Sports
Eine der größten Liegenschaften in Sachen Sport für die Stadt Schweinfurt ist das Areal des Willy-Sachs-Stadions an der Niederwerrner Straße. Allerdings sind dort kaum noch Kapazitäten verfügbar, der Trainings- und Spielbetrieb des FC 05 Schweinfurt mit allen Jugend- und Erwachsenenmannschaften und der American Footballer lastet das Stadion aus.
Foto: Werner Ruf | Eine der größten Liegenschaften in Sachen Sport für die Stadt Schweinfurt ist das Areal des Willy-Sachs-Stadions an der Niederwerrner Straße.
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 27.04.2023 03:16 Uhr

Kultur und Industrie, das sind die Markenzeichen Schweinfurts. Doch ebenso sehr ist die Wälzlagerstadt eine Stadt des Sports. Und zwar nicht nur, weil man mit dem FC 05 ein fußballerisch über die Grenzen der Stadt bekanntes Aushängeschild hat. Die Zahl der Sportvereine in der 53 000-Einwohner-Stadt ist im Verhältnis zu anderen Städten gleicher Größe überdurchschnittlich: 70 Sportvereine und sechs Betriebssportgemeinschaften gibt es, in ihnen sind 21 059 Mitglieder organisiert. Es gibt sportlich fast nichts, was man nicht tun könnte.

Die Vielfalt der sportlichen Aktivitäten und die Vielfalt der Vereine und ihrer Liegenschaften zu erfassen und daraus Vorschläge für die Zukunft zu entwickeln, ist das Ziel des Sportentwicklungsplanes, den der Stadtrat im September 2015 genehmigte. Der Arbeitskreis mit Schul- und Sportreferent Jürgen Montag, Sportamtsleiter René Gutermann, Sportamtsmitarbeiterin Christina Rumpel, dem BLSV-Kreisvorsitzenden Kurt Vogel und dem Vorsitzenden des Stadtverbands für Sport, Karlheinz Kauczok, ist seit Monaten am Werk.

Zuletzt wurden im Herbst mit dem den Sportentwicklungsplan erstellenden Institut für kommunale Sportentwicklungsplanung aus Potsdam Fragebögen an 6000 zufällig ausgewählte Bürger in der Stadt und an die Vereine, Schulen und Kindertagesstätten verschickt.

Bürger beteiligen sich

Mit der Resonanz ist Jürgen Montag sehr zufrieden. „Wir wollen mit den Vereinen ins Gespräch kommen“, betont Montag, „dazu müssen wir aber eine Bestandsaufnahme machen und Bürger und Vereine befragen.“ Die nutzten das Angebot rege. 1436 Schweinfurterinnen und Schweinfurter beantworteten die Fragen zu ihrem „sportlichen“ Nutzungsverhalten, ein positiv zu bewertender Rücklauf von 24 Prozent. 52 Prozent der Sportvereine, 78 Prozent der Schulen und 69 Prozent der angefragten Kindertagesstätten schickten ihre Bögen zurück.

Im Moment wertet INSPO die Bögen aus und lässt sie mit den von der Stadt zur Verfügung gestellten Daten in seine Gesamtbetrachtung einfließen. Der aus Baden-Württemberg stammende Jürgen Montag ist aus seiner alten Heimat zum einen mitgliedermäßig viel größere Sportvereine, aber auch ein geringeres Angebot gewohnt. „Es ist erstaunlich, dass es ein so großes und vielfältiges Angebot gibt“, konstatiert Montag. Er betont, dass Stadt und Stadtrat aus einer Position der Stärke und ohne Zeitdruck die bestehenden Strukturen analysieren und gemeinsam mit den Vereinen Handlungsoptionen entwickeln wollen. „Der Teufel“, erklärt Montag schmunzelnd, „steckt ja wie immer im Detail.“

Sportentwicklungsplan stößt auf Zustimmung

Hallen und Plätze gut ausgelastet

In der Wälzlagerstadt sogar in mehreren. Da ist zum einen das Thema Hallenbelegung: für den regulären Sportunterricht von der ersten bis zur zwölften Klasse, für den Trainingsbetrieb und für Turniere bzw. den regulären Rundenbetrieb am Wochenende. Da balgen sich Korbballer, Handballer, Basketballer, Volleyballer und viele andere um Termine. „Die Hallen sind sehr gut ausgelastet“, weiß René Gutermann. Die Stadt sei sich bewusst, dass man eine weitere Sporthalle gebrauchen könnte. Doch müsse man Kosten und Nutzung abwägen, wozu der Sportentwicklungsplan seinen Teil beitragen soll.

Auch auf den Sportplätzen geht es eng zu. Im Willy-Sachs-Stadion zum Beispiel findet sich im regulären Trainingsbetrieb des FC 05 mit seinen vielen Mannschaften aus dem Jugendleistungszentrum und dem Herrenbereich sowie der American-Football-Abteilung des FC im Prinzip an sieben Tagen die Woche kaum noch eine Stunde, wo die Plätze nicht komplett ausgelastet sind. Rege nachgefragt wird auch der für gut 600 000 Euro neu gebaute Kunstrasenplatz, der „selbstverständlich von allen Schweinfurter Vereinen genutzt werden kann und auch genutzt wird“, so René Gutermann.

Interessant ist auch das Thema Liegenschaften. Da offenbaren sich Schweinfurter Spezialitäten, über Jahrzehnte gewachsen. Während in anderen nordbayerischen Städten nur 41 Prozent der Vereine ein eigenes Vereinsgelände haben, sind das in Schweinfurt 54 Prozent. In einer Studie hat das Sportamt nachgewiesen, dass das Defizit auf das Themenfeld Unterhalt bezogen bei Vereinen mit eigenen Liegenschaften fast vier Mal so hoch ist wie bei solchen ohne. Allerdings dreht sich das, wenn man das Defizit pro Mitglied ausrechnet, da es offenbar so ist, dass Vereine mit eigenen Liegenschaften mitgliederstärker sind und so finanziell mehr Ressourcen haben.

Hohe Investitionen

Die Stadt lässt sich ihre Sportstätten etwas kosten. 700 000 Euro pro Jahr stehen im Haushalt für den Unterhalt der städtischen Sportstätten. Diese werden im übrigen nicht kostenlos von den Vereinen genutzt. Die Freien Turner zahlen ebenso einen Obolus für die Benutzung der städtischen Fußballplätze an der Maibacher Höhe wie der FC 05 für die Nutzung der Plätze im weitläufigen Areal des Willy-Sachs-Stadions. 52 000 Euro Einnahmen sind das für die Stadt pro Jahr. An Sportvereine mit eigenen Liegenschaften werden darüber hinaus jährlich 212 000 Euro Zuschüsse für Unterhalt, Bau und Sanierung ausgegeben. Auch das Thema Synergien zwischen den Vereinen wird im Sportentwicklungsplan nicht ausgeblendet. Gibt es sie überhaupt? Wenn ja, wie könnte man das gestalten? Sollten Vereine miteinander fusionieren, um sich für den demographischen Wandel der älter werdenden Gesellschaft zu wappnen?

Ein sensibles Thema, das weiß Jürgen Montag. „Wir machen nur Vorschläge, wollen das Gespräch auf Augenhöhe mit den Vereinen“, betont der Schulreferent. Auf keinen Fall aus den Augen verlieren will man den immer mehr wachsenden Bereich des nicht-organisierten Sports. Wie kann eine Stadt ihren Bürgern ein gutes Angebot für privat organisierte sportliche Betätigung unterbreiten, welche Wünsche gibt es, welche Voraussetzungen?

Chancen durch Konversion?

Einen Blick riskieren sollten die Sportvereine auch auf das Thema Konversion. In den Ledward Barracks, in Askren Manor und am Kessler Field gibt es Hallen und Plätze, die früher von den amerikanischen Soldaten bzw. ihren Kindern genutzt wurden. Die DJK Schweinfurt Giants nutzt das Baseballfeld, ob man weitere Liegenschaften nutzen kann, muss sich zeigen. Kein Thema ist ein reines Sportgymnasium. Eine Voraussetzung wäre ein Landes-Leistungszentrum oder ein Bundes-Leistungszentrum. Das gibt es nicht, egal in welcher Sportart. Und angesichts der vom DOSB und dem Bundesinnenministerium nun beschlossenen neuen Strukturen ist das ein aussichtsloses Unterfangen.

Daten und Fakten

Der Bayerische Landes-Sportverband (BLSV) ist der Dachverband der Sportvereine in Bayern. Er wurde schon im Juli 1945 gegründet. Derzeit sind in 12 022 Sportvereinen in Bayern mehr als 4,52 Millionen bayerische Sportlerinnen und Sportler organisiert. Mehr als 90 700 Übungsleiter und rund 300 000 „Ehrenämtler“ machen den BLSV und seine 54 Sportfachverbände zur nach eigenen Angaben größten Personenvereinigung Bayerns. Mehr Mitglieder hat nur Nordrhein-Westfalen. In Schweinfurt gibt es 70 Sportvereine und sechs Betriebssportgemeinschaften. Zusammen hatten sie zum 1. Januar 2016 21 059 Mitglieder. 74,01 Prozent waren Erwachsene über 18, 25,9 Prozent Kinder und Jugendliche. Die zehn größten Sportvereine in Schweinfurt (Stand 1.1.2016) sind: 1. Deutscher Alpenverein 2850 2. TG 1848 Schweinfurt 2688 3. DJK Schweinfurt 1430 4. Wasserwacht 1419 5. FC 05 Schweinfurt 930 6. TV Jahn Schweinfurt 837 7. 1. SC 1913 Schweinfurt 661 8. TV Schweinfurt Oberndorf 637 9. Freie Turner Schweinfurt 632 10. Brgl. Schützengesellschaft 599
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