
Das Klischee, dass Nazis männlich sind, eine Glatze haben und gewaltbereit sind, hält sich nach wie vor, wenn von Nazis die Rede ist. Doch dies greift viel zu kurz und unterschätzt vor allem die Rolle der Frau in der rechtsextremen Szene gewaltig. Die Diplom-Sozialwirtin und Mitbegründerin des Nürnberger Instituts für sozialwissenschaftliche Forschung, Bildung und Beratung (ISFBB), Birgit Mair, ist Expertin auf dem Gebiet des Neonazismus in Franken. Im Rahmen der 32. Schweinfurter Frauenwochen hielt sie im Kulturzentrum "Stattbahnhof" einen vom Bündnis für Demokratie und Toleranz "Schweinfurt ist bunt" veranstalteten Vortrag zum Thema "Frauen in der rechten Szene".
Noch bis in die Zweitausender spielten laut Mair Frauen keine große Rolle in der Neonaziszene und innerhalb der extremen Rechten. Dies hat sich in den letzten Jahren deutlich gewandelt, wie Mair in ihrem eineinhalbstündigen Vortrag an zahlreichen Beispielen aufzeigte. Ob in der Neonazi-, der Querdenker-, oder in der Reichsbürgerszene: rechtsextreme Frauen mischen heutzutage kräftig mit.
Gefahrenpotential von Frauen für die demokratische Grundordnung
Ein prominentes Beispiel, welches Mair nannte, ist das der Reichsbürgerin, Ex-AfD-Bundestagsabgeordneten und Richterin Birgit Malsack-Winkemann. Bei der mutmaßlichen Terrorgruppe, der vorgeworfen wird einen Staatsstreich geplant zu haben, waren auch mehrere Frauen an vorderster Stelle involviert. Malsack-Winkemann sollte nach dem Putsch Justizministerin werden. Dieser Fall zeigt exemplarisch, welchen Einfluss Frauen in der Szene haben und zeigt damit auch ihr Gefahrenpotential für die demokratische Grundordnung, ähnlich dem ihrer männlichen Kameraden.

Ein weiterer prominenter Fall aus der Vergangenheit ist Beate Zschäpe vom Nationalsozialistischen Untergrund (NSU). Mit Susanne E. ist aktuell eine weitere Frau als Unterstützerin des NSU-Trios angeklagt. Ihr Ehemann André E. wurde bereits zu zweieinhalb Jahren wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung (NSU) verurteilt.
Diverse Verflechtungen von Frauen in der rechtsextremen Szene
Eine weitere Frau, die in der rechtsradikalen Szene Bayerns ordentlich mitmischt, ist Jasmine Eisenhardt. Die Oberpfälzerin ist Landesvorsitzende der rechtsextremen Kleinstpartei "Der dritte Weg", die auch in Schweinfurt seit Oktober 2022 eine Parteizentrale unterhält.
Eine weitere Frau, die sich in der Rechtsextremen durchsetze, sei Susanne G. aus Mittelfranken. G., die eine mutmaßliche Rechtsterroristin ist. G. soll gezielt an muslimische Mitbürgerinnen und Mitbürger Patronen versendet haben, um diese einzuschüchtern, erzählte Mair.
Doch nicht nur in erster Reihe stehen Frauen in der rechtsextremen Szene, sondern sie dienen auch als weibliche Strohleute, erzählt Mair über die diversen Verflechtungen von Frauen in der rechtsextremen Szene. Sie mieten oder erwerben Immobilien gezielt für die rechtsextreme Szene, wie beispielsweise in einem bekannten Fall in Regnitzlosau in Oberfranken.
Frauen als moralische Unterstützung verurteilter Rechtsradikaler
Rechtsextreme Frauen dienen außerdem als moralische Unterstützung verurteilter Rechtsradikaler und ihrer Angehörigen. Ein bekanntes Gesicht ist das von Ursula Müller, berichtet Mair. Müller ist die Gründerin der rechtsextremen "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige" (HNG). Rechtsextreme Frauen standen auch dem verurteilten Holocaust-Leugner Gerhard Ittner zur Seite und organisierten für ihn Demos.
Doch auch in den Herzkammern der Demokratie setzen sich Frauen in parlamentarischen Ämtern für rechtsradikale Ideen ein. Mair ging in ihrem Vortrag auch auf rechtsextreme Frauen im bayerischen Landtag ein. Ihren Fokus legte Mair auf die AfD-Fraktionsvorsitzende Katrin Ebner-Steiner aus Niederbayern und ihre Kollegin und Landtagsabgeordnete Elena Roon aus Mittelfranken. Mair schätz die AfD schon seit längerem als eine rechtsextreme Partei ein.
Besonders Ebner-Steiner hält Mair für eine "Scharfmacherin, die einem Björn Höcke in nichts nachsteht". Doch auch in den diversen nach rechts sympathisierenden Protestbewegungen, wie bei den Querdenkern, der Q-Anon-Bewegung oder auch in Teilen der Esoterik-Szene, mischen aus Mairs Sicht "überdurchschnittlich viele Frauen" heutzutage mit.
Information: In einer früheren Version dieses Textes hatten wir im Zusammenhang mit Jasmine Eisenhardt über deren NPD-Mitgliedschaft und ihre aktive Arbeit im Freien Netz Süd geschrieben. Diese Angaben bezogen sich aber nicht auf Eisenhardt, sondern auf Mitglieder der Kleinstpartei "Der dritte Weg". Wir bitten, das Versehen zu entschuldigen. Die entsprechende Passage haben wir gelöscht.