Sie habe einen Begleitschutz haben wollen, damit sie ihre Sachen aus der Wohnung der Mutter und deren Lebensgefährten holen könne. Damals, am 6. Dezember 2021, als sie mit ihrem Freund zur Polizei ging. Doch die Beamten, so erzählt es eben jener Freund jetzt vor Gericht, merkten, dass da mehr dahinter steckt – und fragten nach. Und dann, sagt der 29-Jährige, habe die Frau alles erzählt.
Dass sie im Alter von 15 Jahren eine sexuelle Beziehung mit dem Lebensgefährten der Mutter eingegangen sei. Dass sie mit 16 oder 17 entschieden habe, dass sie das nicht mehr wolle. Dass der Lebensgefährte der Mutter daraufhin gedroht habe, sie und die Mutter, die irgendwann von diesem Verhältnis gewusst und es gebilligt haben soll, zu verlassen. Und, dass sie es also über sich ergehen lassen musste. Das geht aus der Aussage des Polizeibeamten vor Gericht hervor, der bei der ersten Vernehmung der jungen Frau bei der Polizei dabei gewesen war.
Als die junge Frau 18 Jahre alt war, so der Polizeibeamte, sollen die Mutter und ihr Lebensgefährte ihr empfohlen haben, sich zu prostituieren, da "dies doch der einfachste Weg wäre, die Schulden zu begleichen". Schulden, die die junge Frau bei dem 54-Jährigen gehabt haben soll, weil er ihr Geld für den Motorradführerschein und ein Motorrad geliehen haben will.
Angeklagter soll junge Frau auf Internetportal angemeldet haben
Der Lebensgefährte soll daraufhin ein Profil für die junge Frau auf einer entsprechenden Internetseite angelegt haben, sie fortan zu Rastplätzen gefahren und Termine mit Freiern für sie vereinbart haben. Als sie aussteigen wollte, sei sie von den beiden Angeklagten immer wieder überredet worden, damit weiterzumachen, "damit die Familie ihren Lebensunterhalt bestreiten könne", wie es auch in der Anklageschrift heißt.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem 54-Jährigen sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen, Zwangsprostitution und Zuhälterei, der 51-jährigen Mutter Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen und Zwangsprostitution vor. Seit Mitte Januar müssen sich die beiden vor dem Landgericht Schweinfurt verantworten. Der Prozess fand teilweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt – wie etwa die Aussage der jungen Frau selbst.
Ermittler fanden bei der Wohnungsdurchsuchung eine Festplatte
Nicht aber die Aussage ihres Freundes. Unter Tränen, erinnert er sich, habe sie ihm damals erzählt, dass sie als Prostituierte gearbeitet habe. Er habe sich Zeit genommen, ihr zugehört. "Ich war erschüttert", sagte der junge Mann und gab zu, es erst einmal nicht geglaubt zu haben. Als er anschließend selbst im Internet recherchierte, habe er sie auf Fotos erkannt.
Und er habe ihr schließlich angeboten, bei ihm einzuziehen. Doch die beiden Angeklagten hätten sie nicht so einfach gehen lassen, sie immer wieder davon überzeugen wollen, doch zu bleiben. Und den beiden sogar gedroht. Irgendwann seien sie schließlich zur Polizei gegangen.
Bei der anschließenden Durchsuchung der Wohnung der Angeklagten fanden die Ermittler auf einer externen Festplatte Fotos von der jungen Frau, die teilweise auf der Internetseite benutzt worden waren. Außerdem fanden sie eine Telefonnummer auf Zetteln im Büro der Angeklagten, die auch auf dem Internet-Profil der jungen Frau hinterlegt war und über die sie offenbar Kontakt zu Freiern hatte.
Verteidigung der Angeklagten bemängelte Ermittlungen
Was die Ermittlungen jedoch erschwerte: Zwei Computer, die sie dort vorfanden, seien verschlüsselt gewesen, sagte einer der Beamten vor Gericht. Und zwar so, dass man sie bis heute nicht entschlüsseln konnte.
Die Verteidigerinnen und Verteidiger der beiden Angeklagten bemängelten die polizeiliche Arbeit. Auch der Angeklagte schüttelte während der Vernehmung der Beamten immer wieder den Kopf, so als könne er nicht nachvollziehen, warum dies und jenes nicht ermitteln worden ist. Man könne nicht ausschließen, dass sie die Fotos nicht selbst von sich gemacht habe, darauf liefen die Argumente der Verteidigung hinaus. Auch an der Aussage der jungen Frau äußerte sie Zweifel.
Vonseiten der Verteidigung dürften noch Beweisanträge folgen. Die Verhandlung wird am Freitag, 10. Februar, fortgesetzt.
Wegen solcher Praktiken und solchen taktischen (taktlosen) Spielchen ist der Anwaltsberuf zurecht in Verruf gekommen. Recht auf Verteidigung hin oder her.