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Euerbach
Evangelische Kirche: In Euerbach entsteht ein einladendes, helles Gotteshaus
Zufrieden mit dem Fortschritt der Renovierung sind Planer Ralf Krämer (links) und Pfarrer Martin Bauer.
Foto: Silvia Eidel | Zufrieden mit dem Fortschritt der Renovierung sind Planer Ralf Krämer (links) und Pfarrer Martin Bauer.
Silvia Eidel
 |  aktualisiert: 12.11.2022 02:39 Uhr

Hell und klar, strahlend und einladend wirkt jetzt das Gotteshaus in der mittelalterlichen Kirchenburg von Euerbach. Mit der weit fortgeschrittenen Innenrenovierung hat sich die evangelische Kirche in einen lichten Raum verwandelt, der von unten nach oben – von der Erde zum Himmel hin – immer heller wird. Die besondere Farbgebung passt zur Kirche mit den vielen Besonderheiten.

Sie ist mit fast 800 Jahren nicht nur eine der ältesten Kirchen im Landkreis Schweinfurt. Sie ist auch eine der ungewöhnlichsten, zumal sie als Dorfkirche eine Krypta unter dem Chorraum hat, eine frühere Unterkirche. Ihr wuchtiger Kirchturm aus dem 13. Jahrhundert, nicht wie üblich im Osten, sondern im Westen des Gebäudes, war einst ein Wehrturm mit Schießscharten. Auch das Glockengeläute, eines der ältesten in ganz Franken mit Glocken von 1478 und 1524, zeugt von der Geschichte. Und der geheimnisvolle unterirdische Gang in der Kirchenburg setzt dem Ganzen die Krone auf.

Elemente der Romanik, der Gotik und des Barock

So wie sich die Kirche in ihren Jahrhunderten immer wieder verändert hat und Elemente der Romanik, der Gotik und des Barock in sich birgt, so zeigt die aktuelle Renovierung in ihrer Farbgebung die heutige Sicht eines Gotteshauses: als einladendes helles Gebäude.

Hell und licht wirkt nach der Renovierung der Kirchenraum. Der Stuck an der Decke wird nun deutlich sichtbar.
Foto: Silvia Eidel | Hell und licht wirkt nach der Renovierung der Kirchenraum. Der Stuck an der Decke wird nun deutlich sichtbar.

"Wir haben natürlich Befunde durchgeführt, wie die Kirche in den verschiedenen Epochen ausgesehen hat", erläutert Planer Ralf Krämer. Bauzeitlich war beispielsweise ein kräftiges Ochsenblut-Rot festzustellen. Wohl im Barock war auch das Türkis modern, mit dem die Sitzbänke zuletzt angestrichen waren. "Grün, Weiß, Gelb waren die Farben des Barock", ergänzt Kirchenvorstandsmitglied Johannes Krüger.

Aufgearbeitet wurde auch der Holzboden auf der Empore.
Foto: Silvia Eidel | Aufgearbeitet wurde auch der Holzboden auf der Empore.

Weil sich der Kirchenvorstand anhand von Testanstrichen an den Wänden nicht einig wurde, lobte er einen Künstlerwettbewerb aus. Das Konzept des Münchner Künstlers Manfred Mayerle, der mit dem Kunstreferat der evangelischen Landeskirche zusammenarbeitet, überzeugte. "Heute hat man eine andere Sicht in der Kunst", erklärt Krämer. Der ganze Kirchenraum soll zeitgemäß licht sein und eine Einheit bilden, alle Element darin verbinden – so wie es die Kirche an sich sein will.

Ein lasiertes Grau auf dem Holzpodest am Boden geht daher über in helleres Grau der Bänke, nach oben hin in abgetöntes Weiß und gipfelt in der Decke mit klarem weißem Stuck. Der Chorbogen in Altrosa-Grau bleibt zwar abgesetzt, aber er trennt nicht mehr den Altar- vom Besucherraum.

Nichts Störendes hängt mehr an den Wänden. Statt Wandlampen werden neue Einbau-LED-Leuchten in die Decke des Kirchenschiffes versenkt und neu auch in die Empore, die über dem Eingangsbereich hängt und diesen bislang verdunkelte. Auch die Lautsprecher sind aus dem Raum verschwunden und werden jetzt an die Bankseiten gesetzt.

Alter Kronleuchter lag im Turm

Dieser alte Kronleuchter ist nach seiner Restaurierung zum Prunkstück geworden. Er soll im Turmvorraum der Kirche aufgehängt werden.
Foto: Ralf Krämer | Dieser alte Kronleuchter ist nach seiner Restaurierung zum Prunkstück geworden. Er soll im Turmvorraum der Kirche aufgehängt werden.

Als Glücksfall erwies sich der Fund eines alten Kronleuchters, der im Turm lag und früher im Kirchenschiff hing. "Bei der letzten Renovierung 1972/74 wurde er entfernt", weiß Johannes Krüger. Zu dieser Zeit galten viele Ausstattungsgegenstände in den Kirchen als "unmodern" und wurden weggeworfen. Glücklicherweise hatte Krügers Vater, damals Pfarrer im Ort, das gute Stück aufgehoben. Allerdings war sein Zustand erbärmlich.

Dank einer Spende konnte ein Goldschmied in Bamberg mittlerweile den 1,5 Meter hohen Messing-Kronleuchter mit 24 elektrischen Kerzen restaurieren und in ein echtes Prunkstück verwandeln. Er wird jetzt im Turm-Vorraum aufgehängt, früher eine dunkle Ecke. "Der Leuchter wird den Eingang hell und einladend machen", ist Krüger überzeugt. "Das wird oft in den Kirchen vergessen." Hier aber wird der Besucher gleich festlich empfangen werden. Als Kontrapunkt zum goldfarbenen Kronleuchter am Eingang glänzt jetzt auch der Schlussstein im Chorgewölbe über dem Altar: Der Christuskopf leuchtet vergoldet von oben herab.

Der Schlussstein des Chores über dem Altar, ein Christuskopf, wurde vergoldet.
Foto: Silvia Eidel | Der Schlussstein des Chores über dem Altar, ein Christuskopf, wurde vergoldet.

Bei aller sichtbaren Veränderung in der Kirche verweisen sowohl Krüger als auch Pfarrer Martin Bauer darauf, dass die Renovierung nach 50 Jahren kein Luxus, sondern dringend notwendig war. Die gesamte Technik und Elektrik musste erneuert werden, manches alte Stromkabel war schon schwarz gefärbt von Schmauchspuren. Auch eine neue Bankheizung musste eingebaut werden, technisch ausgereift, stromsparend und gezielt steuerbar.

Renaissance-Taufstein von 1574

Weitere Renovierungen wurden an den Bodenplatten vorgenommen. Holzpodeste und –boden auf der Empore wurden abgeschliffen und neu eingelassen. Nur ausgebessert werden noch die Sandstein-Epitaphien der früheren adeligen Dorfherren. Auch am Renaissance-Taufstein von 1574 und am Barock-Altar von 1688 sind nur Nachbesserungen nötig. Ihre Farben werden korrespondierend zum Kirchenraum beibehalten. Derzeit noch gut verpackt und vor Staub geschützt ist auch die reich bemalte, besondere Kanzel von 1546.

Mehr als eine halbe Million Euro wird die Innenrenovierung kosten. Wie viele Zuschüsse genau die evangelische Kirchengemeinde erwarten kann, ist aktuell noch immer nicht klar, bedauert Pfarrer Bauer. Aber die evangelische Landeskirche wird etwa die Hälfte der Kosten tragen, sagt Krüger, "eine sehr hohe Förderung". Zu verdanken ist das dem Umstand, dass die Gesamtrenovierung in drei Abschnitte aufgeteilt und zeitlich gestreckt war: In die Außenrenovierung 2014, in die Erneuerung der Außenanlagen inklusive Trockenlegung und Blitzableiter und eben jetzt in die Innenrenovierung.

Die Kirchengemeinde hat nicht nur alle Eigenmittel, Spenden und Eigenleistung bereits eingebracht. Sie muss darüber hinaus etwa 80.000 Euro Darlehen aufnehmen, sagt Krüger. Nicht einfach für die evangelischen Christen. Aber wenn an Weihnachten nach gut halbjährlicher Renovierungszeit wieder Gottesdienst in der Kirche gefeiert werden kann, wird ein einladendes, warmes Haus auf sie warten.

 
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