Die historische evangelische Kirche inmitten der mittelalterlichen Gadenanlage in Euerbach braucht Hilfe: Sie muss nach 40 Jahren wieder saniert werden. Vom Dach des wuchtigen, ehemaligen Wehrturms aus dem 13. Jahrhundert sind bereits Schieferstücke herunter gefallen, Teile des Natursteins haben sich auch am Langhaus gelöst. 1,225 Millionen Euro soll eine Außen- und Innenrenovierung kosten, eine gewaltige Herausforderung für die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde.
„Da ist richtig Gefahr in Verzug.“ Was Architekt Joachim Perleth aus Hambach so drastisch ausdrückt, sollen seit dem Herbst auch Latten, Absperrband und ein Netz über dem Eingang zur Kirche Sankt Cosmas und Damian den Gläubigen vermitteln. Probeanstriche um die sandsteinernen, wuchtigen Ecksteine des Kirchturms zeigen, dass hier schon länger diskutiert wird.
Die Sicherheit einer der ältesten Kirchen im Landkreis – die Krypta datiert von 1251 – ist der Hauptgrund. Denn neben den sanierungsbedürftigen Natursteinen an den Eckquadern, den Gesimsen, Fenster- und Türgewändern gibt es Risse im Putz, Schäden im Schieferdach. Zudem hat der Dachstuhl über dem Chorraum ein statisches Problem.
„Teile davon sind noch vom ersten Kirchenbau aus dem Mittelalter“, beschreibt Perleth das dendrochronologische Untersuchungsergebnis des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege. Also absolut erhaltenswert. Aber das Holz hat sich einige Zentimeter zum Hauptschiff aus dem 18. Jahrhundert hin geneigt, der Chorraum-Dachstuhl muss statisch nachgebessert werden. Dass die geplanten Sanierungsarbeiten notwendig und fachlich richtig seien, habe auch das Architektenteam der Evangelischen Landeskirche in München bestätigt, sagt Euerbachs evangelischer Pfarrer Andreas Duft.
Die Experten nahmen das bedeutende Bauwerk der Kirchenburg persönlich unter die Lupe. Vor allem, weil die Landeskirche größter Zuschussgeber der Sanierungskosten sein wird, aber auch, weil das sehr alte Gebäude inmitten der geschlossenen Kirchenburg ein richtiges Schatzkästchen ist. (siehe Info-Kasten unten).
Auf 776 000 Euro sind die Kosten der Außenrenovierung berechnet. Geschuldet ist die enorme Summe zum einen der Sanierung, Sicherung oder dem Ersatz der Natursteine. Gerade die Eckquaderung am einst wehrhaften, knapp 30 Meter hohen Kirchenturm mit seinen schießschartenähnlichen Fenstern muss fachmännisch erhalten werden, fordert das Landesamt für Denkmalpflege. Dazu kommen ein neuer Außenputz, der wulstartig zu den Ecksteinen hin aufgetragen werden soll, eine neue Farbfassung, Ausbesserungen am Dachstuhl, eine neue Schiefereindeckung und ein barrierefreier Zugang.
„Der Bauausschuss des Kirchenvorstands hat jetzt beschlossen, dass wir noch heuer mit diesem ersten Bauabschnitt beginnen“, erklärt Pfarrer Duft. Zwar habe es angesichts der hohen Summe Einwände gegeben und den Vorschlag, den ersten Bauabschnitt aufzuteilen, die Sanierung zeitlich zu strecken. Doch erscheine es der Mehrheit sinnvoller und kostengünstiger, die gesamte Außensanierung in einem Schritt zu erledigen. Problematisch werde sie allemal werden, geben Architekt und Pfarrer zu. Denn das niedrige Torhaus, Zugang zur mittelalterlichen Kirchenburg bietet Lastwagen keine Durchfahrt, so dass Baumaterial und -ausrüstung per Hand oder Kran zur Kirche gebracht werden müssen.
Denn nach der Außen- soll in einem zweiten Bauabschnitt die Innensanierung für weitere 453 000 Euro angegangen werden, wozu angesichts der Kosten noch ein konkreter Beschluss des Kirchenvorstands fehlt. Im Innern stehen Haustechnik wie Heizung, Elektroarbeiten, Renovierung der Ausstattung, Bänke, Boden, Fenstergesimse, Kanzel, Taufstein, Epitaphien und ein neuer Anstrich an - also eine Rundumerneuerung.
Bei der Finanzierung des Mammutunternehmens mit zusammen 1,225 Millionen Euro Kosten steht den Euerbachern das evangelisch-lutherische Kirchengemeindeamt Schweinfurt beratend zur Seite. „Insgesamt 790 000 Euro wird die evangelische Landeskirche tragen“, versichert der stellvertretende Leiter Detlef Brands. Dazu hat die politische Gemeinde Euerbach fünf Prozent der Investitionen, etwa 61 000 Euro, zugesagt. Vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege gibt es Geld. Antrag gestellt wurde unter anderem auch bei der Unterfränkischen Kulturstiftung, bei der Bayerischen Landesstiftung, der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.
Dennoch: Für die Kirchengemeinde mit 900 Mitgliedern aus Euerbach und Geldersheim bleiben mindestens 220 000 Euro Eigenanteil. Pfarrer Andreas Duft weiß, dass das schwierig wird. Eine Eigenleistung von 40 000 Euro hat der Architekt eingeplant, Pfarrer Duft rechnet mit dem Kirchburg-Kaffee, dem Kooperationsprojekt mit der örtlichen Kaffeerösterei Wehner. Aber vor allem brauche man Spenden und das Wohlwollen aller. „Wir haben doch keine Chance, wir müssen das jetzt anpacken“, sagt er.
Türschwelle wird wieder tiefer gelegt
Noch im Februar soll die Ausschreibung erfolgen, im späten Frühjahr die Außensanierung beginnen, macht der Architekt Druck. Denn bis zum Winter müssen Putz und Anstrich fertig sein, die gesamten Außenarbeiten sollen in einem Jahr erledigt werden.
„Den ersten Spatenstich hatten wir eigentlich schon“, überlegt Pfarrer Duft. Als ehrenamtliche Helfer am Eingang nach dem Fundament gruben und entdeckten, dass die Türschwelle ursprünglich viel tiefer lag. Was nun auch wieder, in Verbindung mit dem barrierefreien Zugang und einer Absicherung vor einlaufendem Wasser, so werden soll.
Kirche Sankt Cosmas und Damian in Euerbach
Die mittelalterliche Kirchenburg mit der evangelisch-lutherischen Pfarrkirche prägt das Ortsbild von Euerbach. Die Gadenanlage rund um die Kirche, einst Schutz bei Kriegsgefahr und Vorratsraum, ist bis auf einen Mauerteil noch als Ring geschlossen. Einige Gaden werden nach wie vor zur Lagerung von Vorräten genutzt. Auch ein 18 Meter tiefer Brunnen ist in der Anlage noch vorhanden. Ein geheimnisvoller, unterirdischer Gang unter dem einst herrschaftlichen Zehnthaus wurde jetzt vermessen. Der wuchtige Kirchturm aus dem 13. Jahrhundert war früher ein Wehrturm mit Schießscharten.
Dass die Euerbacher Kirche zu den ältesten – und ungewöhnlichsten – im Landkreis zählt, zeigt die Krypta unter dem Chorraum, für eine Dorfkirche äußerst selten. Sie wurde 1251 errichtet und war ursprünglich eine Unterkirche, ein Sakralraum unter der eigentlichen Kirche. Ein gemeißeltes Kreuz im Stein der kleinen Fensteröffnung, wie bei der Begehung durch das Landesamt für Denkmalpflege gesehen, unterstreicht dies.
Zu den dort vorhandenen drei ausgeschmückten Grabdenkmälern, Epitaphien genannt, gibt es an und in der Kirche vier weitere der damaligen Dorfherren von Steinau. In solcher Häufung sind Epitaphien selten.
Eine reich bemalte Kanzel von 1546, ein Taufstein von 1574 und der Altar von 1688 spiegeln die Epochen Renaissance und Barock wider. Ein gotisches Sakramentshäuschen und eines der ältesten Glockengeläute ganz Frankens – mit Glocken von 1478 und 1524 – sind weitere Zeugen der Geschichte.
Die Kirchenpatrone und Märtyrer, die Brüder Cosmas und Damian, sind auch Patrone der Ärzte und Apotheker. Jetzt braucht das sanierungsbedürftige Gebäude selbst Hilfe.