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Maria Bildhausen
Der Gurkenflieger vom Rindhof
Vor 40 Jahren begann am Rindhof des Klosters Maria Bildhausen die kurze Phase des Gurkenanbaus. Im Einsatz war eine Erntemaschine, die eigens für diesen Zweck im Klostergut konzipiert und gebaut worden war.
Dieses Foto vom Gurkenflieger findet sich im Archiv von Maria Bildhausen. Es muss wohl ein Testlauf gewesen sein, ehe das Gerät offiziell zum Einsatz kam. Bis zu zehn Arbeitskräfte fanden darauf Platz. Foto: Archiv Dominikus-Ringeisen-Werk Maria Bildhausen       -  Dieses Foto vom Gurkenflieger findet sich im Archiv von Maria Bildhausen. Es muss wohl ein Testlauf gewesen sein, ehe das Gerät offiziell zum Einsatz kam. Bis zu zehn Arbeitskräfte fanden darauf Platz. Foto: Archiv Dominikus-Ringeisen-Werk Maria Bildhausen
| Dieses Foto vom Gurkenflieger findet sich im Archiv von Maria Bildhausen. Es muss wohl ein Testlauf gewesen sein, ehe das Gerät offiziell zum Einsatz kam. Bis zu zehn Arbeitskräfte fanden darauf Platz.
Heike Beudert
 |  aktualisiert: 17.08.2022 05:40 Uhr

Im Sommer 1981 bot sich den Besuchern am Rindhof ein besonders Bild. Eine selbstgebaute Gurkenerntemaschine, der sogenannte Gurkenflieger , rollte über die weiten Felder am Rindhof. Der Gurkenanbau auf dem klösterlichen Gut war nur eine kurze, heute weitgehend in Vergessenheit geratene Episode. Der Gurkenflieger jedoch ist bei denen, die ihn mitkonstruiert haben, gut in Erinnerung geblieben. Laut eines Berichts der Saale-Zeitung im Juli 1981 war es die erste bekannte selbstfahrende Gurkenerntemaschine. Konstruiert hat das Werk der Wermerichshäuser Schmiedemeister Hubert Rasch.Monatelang hat er darüber getüftelt, wie er aus einem alten Mähdrescher eine Erntemaschine für Gurken bauen sollte.

Gurkenacker statt Golfplatz

1981 gab es dort, wo heute Golf gespielt wird, noch weite landwirtschaftliche Flächen, die zum Klostergut Maria Bildhausen gehörten. Der damalige Leiter der Landwirtschaft , Gottfried Wieselhuber, war immer auf der Suche nach neuen Innovationen für die Landwirtschaft . Und so experimentierte er auch mit Sonderkulturen. Anfang der 1981er Jahre beschloss er, Gurken für die Gewürzgurkenproduzenten auf einem Teil der Fläche anzubauen.

Thomas Hahn, früher Heimleiter in Maria Bildhausen , betreut heute das Archiv des Dominikus-Ringeisenwerkes.Bei seinen Studien ist er auf den Gurkenflieger gestoßen. Er selbst kam erst Mitte der 1980er Jahren in die Einrichtung, hat also dessen Einsatz nicht mehr selbst erlebt. Denn da war der Gurkenflieger schon wieder Geschichte. Aber er hat immer wieder Geschichten von dieser Episode gehört.

Münnerstadt: Tüftler entwickelte das Gerät

Hubert Rasch war zu dieser Zeit Schmiedemeister in Maria Bildhausen , zuständig für den landwirtschaftlichen Maschinenpark. Als begeisterter Tüftler war es für ihn eine willkommene Herausforderung, die Maschine zu konzipieren. Denn Neues habe ihn immer gereizt, erzählt der Ruheständler. Informationen zum Gurkenanbau und der Erntemaschine holten sich Gottfried Wieselhuber und Hubert Rasch in Unterspießheim, wo Gurken angebaut wurden. Dort waren schon Gurkenflieger im Einsatz, allerdings keine selbstfahrenden, wie ihn Hubert Rasch bauen sollte.

Für den Schmiedemeister war die Planungs- und Aufbauphase eine anstrengende, aber erfüllende Zeit. "Für mich war es komplettes Neuland", erinnert er sich zurück. Er habe sich viel Theorie angeeignet und viel den Kopf zerbrochen, wie das gehen könnte. Eigentlich sei der Umbau des Mähdreschers ein Neubau gewesen. Die Achse musste verbreitert werden. Für die Erntehelfer wurde an die Maschine ein Vorbau errichtet, auf dem sie liegend die Gurken pflücken konnten. Zusätzlich musste ein Förderband kon-struiert werden, auf dem die gepflückten Gurken gelegt und sicher in einen Behälter weiter befördert werden konnten. Der Motor wurde gedrosselt, denn schneller als vier bis sechs Kilometer durfte das Gerät nicht laufen. Sonst wären die Erntehelferinnen - es waren hauptsächlich Frauen im Einsatz - nicht mit dem Pflücken nach gekommen. Jedes benötigte Teil habe man selbst gebaut, berichtet Hubert Rasch.

Ein gutes dreiviertel Jahr habe es gedauert, bis der Gurkenflieger einsatzbereit war. Viele, viele Überstunden seien in Konstruktion und Bau geflossen, berichtet Hubert Rasch. Die Arbeitskräfte kamen aus den Dörfern der Umgebung. Das Ernten sei eine strapaziöse Arbeit gewesen, erinnert sich der Schmiedemeister. Um das Pflücken, das auf dem Maschinenausleger im Liegen erledigt werden musste, etwas bequemer zu machen, kamen Schaumstoffmatratzen zum Einsatz.

Nur eine kurze Zeit

Nur vier Jahre war der Gurkenflieger im Einsatz. Dann wurde die Kultivierung von Gurken in Maria Bildhausen aufgegeben. Hubert Rasch und Thomas Hahn gehen davon aus, dass der Aufwand in keinem Verhältnis zum wirtschaftlichen Ertrag stand. Erfolgreicher war dann der Anbau von Chicorée. Viele Jahre lang versorgte die klösterliche Landwirtschaft Gastronomie und Supermärkte der Region mit dem gesunden Wintergemüse.

Mit dem Abschied vom Gurkenanbau wurde auch die dazugehörige Erntemaschine überflüssig. Hubert Rasch hatte nun die Aufgabe, seinen mit so viel persönlicher Energie konzipierten Gurkenflieger in dessen Einzelteile zu zerlegen und zu entsorgen. Geblieben sind einige Bilder von dem Gerät und die Erinnerungen an ein besonderes Projekt.

 
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