Die Suche nach den Schuldigen für den Einsturz der Schraudenbachbrücke an der A7 bei Schweinfurt dauert bereits sechs Jahre. Bislang gab es drei Angeklagte, nun kommt offenbar ein vierter Verdächtiger dazu: Die Staatsanwaltschaft Schweinfurt hat gegen einen 64-jährigen Prüfingenieur Anklage wegen fahrlässiger Tötung eines Arbeiters und Verletzung von 13 weiteren erhoben. Auf Anfrage bestätigt die Staatsanwaltschaft einen entsprechenden Bericht des Bayerischen Rundfunks.
Wird die vierte Anklage auch zugelassen?
Ob der seit 2019 gestoppte Prozess zur Aufklärung des Unglücks am Landgericht Schweinfurt nun wieder Fahrt aufnimmt? Oberstaatsanwalt Reinhold Emmert teilt auf Nachfrage mit, dass die Anklage gegen den 64-Jährigen bereits Ende 2021 erhoben worden sei. Noch sei nicht entschieden, ob die neue Anklage vom Gericht zugelassen und in das laufende Verfahren eingebunden werde, heißt es von Seiten der Staatsanwaltschaft.
Am 15. Juni 2016 war bei der Erneuerung der Talbrücke Schraudenbach nahe des Autobahnkreuzes Werneck bei Betonierungsarbeiten das Traggerüst zusammengebrochen. 13 Bauarbeiter wurden mit in die Tiefe gerissen, ein Bauarbeiter starb.
Angeklagter Statiker wies vor Gericht in Schweinfurt Verantwortung zurück
Verantwortung dafür trugen nach dem Ergebnis eines Gutachtens - und zur Überzeugung der Staatsanwaltschaft - zunächst der für die Berechnungen der Statik zuständige Techniker sowie zwei weitere Ingenieure, denen die Prüfung der Statik oblag. Im November 2019 begann vor dem Landgericht Schweinfurt gegen die drei Männer der Prozess.
Den damals 45, 47 und 56 Jahre alten Angeklagten wurde vorgeworfen, die Statik eines Traggerüstes nicht ausreichend geprüft zu haben. Der Statiker hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. Seinen Worten zufolge soll sich die ausführenden Baufirmen nicht an seine Planungen gehalten haben. Wäre dies geschehen, so der Statiker, wäre das Gerüst nicht eingestürzt. Den zwei angeklagten Ingenieuren werden Fehler bei der Abnahme der Planungen vorgeworfen.
Vierter Verdächtiger bestreitet die Vorwürfe
Im Dezember 2019 wurde der Prozess nach sechs Verhandlungstagen ausgesetzt, weil ein neues Gutachten eingeholt werden sollte. Ein mündliches Gutachten der damaligen Bausachverständigen hatte die Erwartungen des Gerichts nicht erfüllt, weil es in zentralen Punkten vom schriftlichen Gutachten abwich. Daraufhin sollte ein neues Gutachten erstellt werden, zu dem die Verfahrensbeteiligten Stellung beziehen mussten.
Der Tatverdacht gegen den vierten Verdächtigen ergab sich laut Staatsanwaltschaft nun "aus dem Ergebnis von Nachermittlungen, die in der Zeit nach der Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens gegen die anderen Angeklagten unternommen wurden". Es besteht der Verdacht, dass der 64-Jährige seiner Pflicht zur Prüfung statischer Berechnungen nicht ausreichend nachgekommen sei. "Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe", heißt es von Seiten der Staatsanwaltschaft.