
Alle 199 Plätze in der Rathausdiele waren besetzt, als der Kulturpackt zur Gala einlud. Sprecher Ingo Schäfer begrüßte den ebenso humorigen wie kunsterfahrenen Moderator Christof Wahlefeld. Er ist Leiter des Schweinfurter Theaters und lud gleich mal fürs nächste Jahr zur Gala ins Ausweichquartier, das Evangelische Gemeindehaus, ein. Ansonsten hat der Kulturpackt, rund um Geschäftsleiter Gerald Jimij Günther, ein ebenso anspruchsvolles wie abwechslungsreiches Programm gezaubert. Gespielt und gesungen wurde natürlich unentgeltlich, für den guten (Vereins-)Zweck.
Zu Beginn tanzten die jungen Stars der "I'm Art Showdancers" und der Elite Dance Academy Schweinfurt vom Oberdeck der "MS Europa" auf die Rathausbühne. Die TV-erfahrenen Talente, rund um Choreografin Nathalina Maldonado, begaben sich in einer glamourösen Revue auf die Suche nach der großen Liebe. "Dance Dreams" nennt sich ihr ebenso rasantes wie elegantes Showprogramm.

Mit Marco Berthold stand gleich danach ein Sprachphilosoph und Wortakrobat am Mikrofon. Geboten wurde ein Weitblick auf das "Augenklappenjahr" 2023, voll Hoffnung auf mehr Klarsicht und Courage in der Zukunft: Ein Stoiker wandert durch Schweinfurt, im Spannungsfeld zwischen "Memento Mori" und "Carpe diem", mit dem Wunsch, trotz ständiger Erinnerung an die Vergänglichkeit wenigstens den Augenblick zu "pflücken". Schließlich ist gerade ein schweres Jahr den Main hinunter geschwommen: Messi hätte den FC Schweinfurt in die dritte Liga schießen können (statt in die USA zu gehen). Mit Donald Trump faucht schon wieder ein orangegefärbter Tasmanischer Teufel vor den Toren der Kapitols. Die Hamas hat in Israel den Fortschritt geköpft und ein Ex-Geheimdienstler die Ukraine zertrümmert. Schweinfurt darf sich dafür über fabelhafte neue "Fabs" und "Labs" in der City freuen.
Temperamentvolle Gitarrensoli und virtuoses Harfenspiel
Temperamentvolle Gitarrensoli bot Oliver Schwab, der stimmgewaltig nach Mexiko, Spanien und Italien führte, auf der Gesangsspur der Startenöre. Johanna Glos, Bundessiegerin bei "Jugend musiziert" 2022, vertrat die Musikschule als hochproduktive Talentschmiede der Stadt: Die Pianistin (17) zählt zur Popgesangsklasse von Canan Semel und präsentierte Klassiker und eine flotte Eigenkomposition. Nathalina Maldonado kehrte an der Harfe zurück: Zum virtuosen Saitenspiel gesellte sich ein Ballett-Duo mit Elias Kacki, frei nach Beyoncé und "Halo".
Nach der Pause wurde es lauter. "Judgement of Silence" gewann 2023 als jüngste Band die "First Act Night", den Newcomer-Wettbewerb im Stattbahnhof, mit Hardrock und fescher Frontfrau. Der jüngste Headbanger am Schlagzeug zählt 13 Lenze. Aus berufenem Mund erfuhr das Publikum, was genau "Poetry Slam" ist.
Jule Beck erklärte den modernen Dichterwettstreit, der die Minne Walthers von der Vogelweide weit hinter sich gelassen hat. Walther würde sich heute aber ebenfalls über die Klimakrise aufregen, ist die Philosophiestudentin überzeugt. Es geht um Wortspiele in allen Varianten, bis hin zum Blubb des Goldfischs, der allein das Privileg hat, sich nicht um seine Umwelt kümmern zu müssen.

Maria Vollmer, ebenfalls Bundessiegerin bei "Jugend musiziert", war mit 14 Jahren die jüngste Teilnehmerin. Am Flügel gab es Stücke von Beethoven, Rachmaninow und Chopin, gefolgt von wildem Applaus und Bravo-Rufen.
Puppenspieler Hakan Arisoy, Herr der tausend Marionetten, präsentierte einen Ball mit Hund, den Moonwalk von Michael Jackson sowie den sexy Bauch- und Potanz einer Oma: Ein Strippenzieher, der Lust macht auf die Fortsetzung der Puppenspieltage.
Zum Finale zog Sopranistin Anke Katrin Glucharen ausdrucksstark alle Register ihres Könnens, mit Peter Maffays Verweigerung des Erwachsenseins, Adeles Skyfall und My Fair Lady. Ein Besucher fasste die prickelnde Stimmung des Publikums in Worte: "Schweinfurt hat seine Perlen."