
"Vielleicht gibt es schönere Zeiten. Aber diese ist die unsere" – Sprecher Ingo Schäfer begann die Jahresendgala des KulturPackts mit einem Zitat von Existenzialist Sartre, aus dem Jahr 1945.
Nach einem Jahr Pause herrschten in der Rathausdiele strenge Corona-Auflagen. Im Foyer startete der Abend mit einer "Schnelltest-Performance", dank medizinischer Unterstützung der Sennfelder Mainbogenpraxis. Die Besucherzahl blieb im Saal auf 50 beschränkt und der Mundschutz auf. Ungewöhnlich war auch die Aufwandsentschädigung für die Künstler, die, so Schäfer, dank "enormer Spendenfreudigkeit der Schweinfurter" möglich geworden ist.
KulturPackt-Vorstandsmitglied Corinna Lindacher führte durch ein verkleinertes, aber irgendwie auch verfeinertes Programm. Einen kräftigen Schluck Wein in die momentan verwässerte Stimmung füllte "Agua y Vino". Flamenco-Tänzerin Barbara Puppa und Gitarrist Erik Weisenberger wirbelten durch Spanien und Südamerika, mit Ausflug Richtung Sinatra. Olé funktioniert auch mit 2G: "In Schweinfurt, da geht noch Kultur", lobte das Würzburger Duo, auf deutsch "Wasser und Wein." Dessen Durst nach Beifall ("es tut so gut") wurde ebenso gestillt wie der Hunger des Publikums nach rassigen Rhythmen und Augenschmaus.

Gefühlsecht waren auch die Gedichte von Aurelia Scheuring. Die 19-jährige Poetry Slamerin stammt aus Euerbach und lebt derzeit in Bordeaux. Es ging um Worte gegen Sprachlosigkeit, um das Leben als wilde Fahrt mit dem Omnibus durch die Galaxis. Ein poetischer Streifzug der jungen Wortspielerin führte durch eine ausgestorbene City. Wer hätte vor kurzem gedacht, dass am Main mal Wörter wie "Tauben" oder "Stadtspaziergang" aufhorchen lassen würden? Die Stadt mit "Demo in Grün" könnte aber auch die Umweltschutz-Metropole Bordeaux meinen. Überall verschwimmen derzeit Farben, Orte, Worte. Was bleibt, ist die Suche nach echter Fröhlichkeit.

Mit einem temperamentvollen Hip-Hop-Medley zeigten die Mädli von "Tanz an" ihr Können: Die Schwebheimer Tanzschule, unter Leitung von Katja Möhring, ist zehn Jahre alt geworden. Felicia Weidt (17) lernt bei Canan Semel an der Musikschule Popgesang. Neben einem Song von Ed Sheeran erklang "No Time To Die": Auch Bond hat, wie die Kultur, "Keine Zeit zu sterben". An der Gitarre begleitete Carl Kraus von der gemeinsamen Band "Third Step To Revolution".
Mit Licht und Ball jonglierten "Firlefanz", mit Silke und Matthias Ebert. Das charmante Schweinfurter Artistenduo zauberte die Welt des Zirkus ins Rathaus.

Nach dem Pausensnack einen Stock höher, griff Alexander Stöhr zur elfsaitigen Gitarre, wie sie vor 150 Jahren mal von einem blinden Gitarristen gespielt worden ist. Der Musikschullehrer präsentierte Saitenpoesie und ein sehr persönliches Gedicht. Danach wurde Fränggisch geredd: Polizist und Mundartautor Joachim Engel von der Schweinfurter Autorengruppe SAG konfrontierte seinen (Anti-)Helden Sebber mit einem Sessellift ebenso wie mit der Ausgangssperre 2020. Der heimische Cop musste sich modernem Denunziantentum ebenso stellen wie Covid-19 als Beziehungstest, der nicht immer positiv ausgeht.
"Agua y Vino" tanzte nach Kuba, zu den Klängen des Guajira und Guantanamera. Das Duo Weidt & Kraus übernahm mit Musik von Myles Kennedy und einer flotten Eigenkomposition das Finale. Zuletzt warb Ingo Schäfer für die "Schweinfurter Erklärung": An die 13 000 Unterschriften gibt es aktuell für eine Petition auf Change.org gegen die Vereinnahmung von Corona-Demos durch Extremisten, zu Gunsten von Demokratie und Zusammenhalt.
