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POPPENHAUSEN
Die AfD in Poppenhausen: Ein Abend voller Einblicke
Eine Andacht zu „Mitmenschlichkeit und Toleranz“ unterstützte der Verein „Schweinfurt ist bunt“ in der Poppenhäuser Kirche. Gehalten wurde sie vor gut 120 Teilnehmern konfessionsübergreifend von (v.l.) Khaled Al Samadi aus Poppenhausen, dem Würzburger Hochschulpfarrer Burkhard Hose und dem evangelischen Citypfarrer Heiko Kuschel (Schweinfurt).
Foto: Schikora | Eine Andacht zu „Mitmenschlichkeit und Toleranz“ unterstützte der Verein „Schweinfurt ist bunt“ in der Poppenhäuser Kirche.
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:24 Uhr

„Ich bin ein Nazi“, sagt Leyla Bilge. Voller Überzeugung, den kurzen Moment der Verblüffung der rund 120 Besucher der AfD-Infoveranstaltung Samstagabend in der Werntalhalle genießend. „Ich bin nicht anpassungsfähig zur Islamifizierung.“ Beifall brandet auf.

Aufregung im Vorfeld

Es war das Ende des Vortrags der 35 Jahre alten Menschenrechtlerin und Aktivistin aus Krefeld beim politischen Infoabend des Kreisverbandes Kitzingen/Schweinfurt der Partei Alternative für Deutschland (AfD). Die über vierstündige Veranstaltung des AfD-Kreisverbandes, bei der sich auch die Kandidaten für die Bundestagswahl vorstellten, hatte im Vorfeld für Aufregung in dem 4300-Einwohner-Dorf gesorgt.

Bürgermeister Ludwig Nätscher hatte die Vermietung der Werntalhalle für den Infoabend, nach eigener Aussage zähneknirschend, genehmigt, einen weiteren AfD-Infostand zur Abschaffung der GEZ-Gebühren aber abgelehnt. Das sorgte aus unterschiedlichen Gründen für Kritik von beiden Seiten des politischen Spektrums.

Zwei Stunden vor dem Infoabend gab es eine Andacht in der Kirche unter dem Motto „Mitmenschlichkeit und Toleranz“, unterstützt von der Katholischen Landjugendbewegung Kronungen und dem Bündnis „Schweinfurt ist bunt“. Die Polizeiinspektion Schweinfurt war mit mehreren Einsatzfahrzeugen vor Ort, es blieb aber ruhig.

Eine Andacht zu „Mitmenschlichkeit und Toleranz“ unterstützte der Verein „Schweinfurt ist bunt“ in der Poppenhäuser Kirche. Gehalten wurde sie vor gut 120 Teilnehmern konfessionsübergreifend von (v.l.) Khaled Al Samadi aus Poppenhausen, dem Würzburger Hochschulpfarrer Burkhard Hose und dem evangelischen Citypfarrer Heiko Kuschel (Schweinfurt).
Foto: Schikora | Eine Andacht zu „Mitmenschlichkeit und Toleranz“ unterstützte der Verein „Schweinfurt ist bunt“ in der Poppenhäuser Kirche.

Für Menschlichkeit und Toleranz

In der konfessionsübergreifenden Andacht vor rund 120 Gästen warben der katholische Hochschulpfarrer Burkhard Hose aus Würzburg, der evangelische Citypfarrer Heiko Kuschel aus Schweinfurt und der syrische Flüchtling Khaled Al Samadi aus Poppenhausen dafür, Brücken zwischen den Kulturen zu bauen und Mitmenschlichkeit und Toleranz gegenüber allen Mitbürgern egal welchen Glaubens und aus welcher Kultur in den Vordergrund zu stellen.

Hose erzählte von seiner Begegnung und mittlerweile tiefen Freundschaft mit zwei muslimischen syrischen Flüchtlingen, die er 2015 kennenlernte und die einige Monate bei ihm wohnten. „Wir müssen uns nicht gegenseitig missionieren, sondern nur gegenseitig achten und als Menschen begegnen“, so Hose, der betonte, „mit der jüdisch-christlichen Tradition ist Ausgrenzung nicht zu haben.“

Deutliche Kritik von Graupner

Die Andacht wurde von Richard Graupner, zweiter stellvertretender Kreisverbandsvorsitzender der AfD und Stadtrat in Schweinfurt, später heftig kritisiert. „Einige sehr gute Menschen und bunte Schweinfurter“, so Graupner, hätten „extra den Hose geholt, um in Poppenhausen den Exorzismus gegen die AfD durchzuführen.“ Er kritisierte die aus seiner Sicht bestehende Nähe Hoses zur Antifa und warf dem Bündnis „Schweinfurt ist bunt“ vor, sich nicht genug von linksextremer Gewalt, wie man sie kürzlich beim G20-Gipfel in Hamburg habe erleben müssen, zu distanzieren.

In diesem Sinne sei der Antrag der Schweinfurter CSU an „Schweinfurt ist bunt“, sich explizit auch von linksextremer Gewalt und der Antifa zu distanzieren, begrüßenswert, auch wenn er zu spät komme. „Schwarz Rot Gold ist uns bunt genug“, so Graupner unter dem Beifall der Anwesenden, denen an der Andacht auch missfiel, dass Opfern islamistisch motivierten Terrors weltweit nicht explizit gedacht wurde.

Ablehnung des Islams in Deutschland

Der rote Faden der AfD-Veranstaltung war die einhellige Ablehnung des Islams in Deutschland, den man nicht als Religion, sondern als politische Ideologie, die unvereinbar mit dem deutschen Grundgesetz sei, bewertet. „Der Islam“, so der Kreisverbandsvorsitzende Christian Klingen aus Markt Einersheim, „gehört nicht zu Deutschland.“ Migranten hätten eine Bringschuld, sich zu integrieren, „wir werden es nicht zulassen, dass unsere kulturelle Identität verloren geht“, so Klingen.

„Neudeutsche Hoffnung – Überraschung für Merkel“ war der Vortrag von Alexander Tassis, AfD-Abgeordneter in der Bürgerschaft Bremens, überschrieben, den er beim Infoabend des AfD-Kreisverbandes Kitzingen/Schweinfurt in Poppenhausen hielt. Er kritisiert die deutsche Flüchtlingspolitik seit 2015 mit deutlichen Worten.
Foto: Oliver Schikora | „Neudeutsche Hoffnung – Überraschung für Merkel“ war der Vortrag von Alexander Tassis, AfD-Abgeordneter in der Bürgerschaft Bremens, überschrieben, den er beim Infoabend des AfD-Kreisverbandes ...

Die Redner Alexander Tassis und Leyla Bilge unterstrichen diese Positionen. Der 47-jährige Tassis, Bremer AfD-Abgeordnete im Landesparlament, offen homosexueller Deutsch-Grieche und einst CDU-Mitglied, griff besonders Bundeskanzlerin Angela Merkel für ihre „verbrecherische Zuwanderungspolitik“ an. Unter anderem den Philosophen Kant zitierend, der vor der Vermischung von Völkern durch Staaten gewarnt haben soll, prophezeite Tassis, dass die AfD „mit allen anständigen Ausländern ein neues, starkes Deutschland“ schaffen werde.

Die deutsche Kultur und Selbstgesinnung „reicht völlig aus, um die Barbarenhorden zu stoppen“, so Tassis in seiner Rede, die er mit einem selbst geschriebenen Schmähgedicht auf die „heißgeliebte Weltkanzlerin Angela Merkel“ beendete.

Leyla Bilge ließ deutliche Worte, Bilder und Videos folgen. Sie gründete 2011 in Krefeld eine Gruppe, die sich gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern, die Kinderehe und die gewaltsame Beschneidung von Frauen wendet. Sie unternahm zahlreiche Reisen nach Syrien, den Irak und die Türkei, um in Flüchtlingscamps zu helfen. Als sie sich vor zwei Jahren zur AfD bekannte, wurde sie dafür deutschlandweit kritisiert.

Burka weg, Deutschland-Kleid an

Ihren Auftritt beendete Bilge nicht nur mit dem Bekenntnis, sie lasse sich nicht islamifizieren. Sie begann ihn mit einem Knalleffekt, als sie mit einer Burka bekleidet in die Halle kam, diese ablegte, ein schwarz-rot-goldenes Kleid zum Vorschein kam und sie mit einer Deutschland-Fahne in der Hand verkündete, sie sei eine Kurdin, die „stolz darauf ist, Deutsche zu sein.“

Bilge äußert sich drastisch zu den Themen Kinderehe, Zwangsbeschneidung von Frauen und zur deutschen Flüchtlingspolitik. Aus ihrer Sicht seien die „Falschen“ hier, nämlich nicht die notleidenden Mütter und Kinder aus den von ihr besuchten Flüchtlingscamps in Syrien, der Türkei und im Irak, sondern „ehrlose“ junge Männer, die sich in sichere Gebiete abgesetzt hätten, um dem Kriegsdienst in ihren Heimatländern zu entgehen. Diese sollte Deutschland ausweisen und stattdessen lieber direkt vor Ort den Menschen helfen.

 
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  • Es gibt sie also noch, die wertfreie Berichterstattung. Das lässt hoffen! Bei dem CSU-Politiker Ludwig Nätscher ist ein Zähneknirschen ob der Veranstaltung des politischen Gegners sicher nachvollziehbar - nicht so bei dem Bürgermeister Ludwig Nätscher, der in seiner Amtsausübung strikte Neutralität zu wahren hat; insbesondere bei der Genehmigung von Infoständen zu Bürgerbegehren... Weshalb es zu einer politischen Informationsveranstaltung mit einer kurdisch-deutschen Menschenrechtlerin und einem griechisch-deutschen Homosexuellen ausgerechnet eine kirchlich getragene Gegenveranstaltung geben muss, bleibt wohl das Geheimnis der universitären Polit-Geistlichkeit. Diese täte gut daran, die Bibel (e.v. Gottes Wort) besser zu kennen. Wer dort schon den deutlichen Missionsbefehl Jesu Christi ignoriert, hat sicher keinen Blick für die klare biblische Unterscheidung zwischen integrationswilligen und nicht integrationswilligen Fremden. Das mag bunt sein - jüdisch-christlich ist es sicher nicht!
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  • sebastian.schoknecht@caritas-wuerzburg.de
    Verstehe ich das richtig? Da mokieren sich Leute der AfD, weil Pfarrer Hose aus Würzburg kommt, schleppen aber selber Leute aus Krefeld und Bremen an?
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  • Hier wird mal nicht negativ über die AFD geschrieben. Man muss auch mal andere Meinungen zulassen. In einer Stadt hätte es von linker Seite schon wieder Angriffe gegeben. Man kann auch friedlich seine Meinung vertreten.
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  • jbehr74
    ein dickes LOB an den Verfasser: Endlich schafft es die Mainpost mal neutral, sachlich und ohne persönliche Werturteile einen Bericht zu schreiben.

    Inhaltlich ist der Beitrag korrekt wiedergegeben worden. So ein Journalist sollte öfters auf AfD Veranstaltungen vertreten sein.
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