In etwa so muss es sich anfühlen, nachts alleine durch ein hell erleuchtetes Kaufhaus zu schleichen. Leere Gänge, einsam auf und ab fahrende Rolltreppen und unangetastete Regale. Leider beschreibt das die knallharte Realität, in der sich der Einzelhandel dieser Tage befindet. Auch ein Ausflug in die Schweinfurter Innenstadt macht deutlich, dass viele Geschäfte zwar geöffnet haben, die Kunden sich am Tag aber häufig an einer Hand abzählen lassen.
Seit diesem Montag gelten in Schweinfurt härtere Corona-Maßnahmen. Und ab 14. April gilt das auch für den Landkreis. Das Einkaufen nach Terminvereinbarung (Click & Meet) ist zwar nach wie vor erlaubt. Nun aber nur noch unter Vorlage eines negativen Corona-Tests. Doch wie umständlich ist es eigentlich, sich testen zu lassen? Und kommen die Kunden trotzdem noch in die Läden?
An diesem kühlen Vormittag reihen sich einige Menschen in eine kurze Menschenschlange vor der Geschäftsstelle der Stadtwerke Schweinfurt am Roßmarkt ein. "Brauche ich hier einen Termin?", fragt eine Frau während Sie vorbeiläuft. "Eine Impfung bekomme ich hier aber nicht, oder?", scherzt ein anderer. Neben zahlreichen Apotheken bieten auch die Stadtwerke in Schweinfurt einen kostenlosen Corona-Schnelltest an.
Ein negativer Befund dient anschließend quasi als Tagesticket und ermöglicht den Zutritt zum Einzelhandel. Am Roßmarkt ist keine Terminvereinbarung erforderlich, und so dauert es an diesem Tag etwa 25 Minuten, bis man hereingebeten wird. "Sind Sie symptomfrei?", fragt eine Mitarbeiterin und geht die Personalien durch. Der Test selbst kitzelt dann zwar gehörig in beiden Nasenlöchern, ist nach wenigen Augenblicken aber geschafft. Nach einer Viertelstunde Wartezeit ist das negative Testergebnis da und das Shoppen kann beginnen.
"Dramatische Auswirkungen" für Handel
Doch kann das Shoppen dieser Tage sehr einsam sein. "Um sich ein Taschenbuch zu kaufen, stellt sich doch niemand zuvor eine Stunde in die Schlange und lässt sich testen", sagt Katharina Hess. Die Inhaberin der Buchhandlung Collibri am Marktplatz blickt in ein menschenleeres Geschäft. Die Auswirkungen der neuen Maßnahmen seien "dramatisch" für den Handel. Doch auch Kunden könnten die ständigen Regeländerungen nicht mehr nachvollziehen. "Natürlich war es toll, dass wir Buchhändler zuletzt noch normal öffnen durften, aber warum das andere Geschäfte nicht durften, habe ich nicht verstanden", so Hess. Seit Montag haben auch Buchhandlungen ihre Sonderstellung verloren.
Ein paar Schritte weiter das gleiche Bild. Auch im Modehaus Wöhrl ist der Kundenandrang sehr überschaubar. "Gestern hatten wir über den ganzen Tag verteilt 15 Besucher", sagt Geschäftsführer Philipp Stein. Dies stehe in keiner Relation zu Personalkosten und organisatorischem Aufwand. Man sei mit der Besucherfrequenz "total unzufrieden" und verstehe nicht, warum im Drogeriemarkt gegenüber unzählige Menschen ohne Corona-Test einkaufen dürfen, man selber jedoch solch hohe Hürden überwinden müsse. "Mit diesen Maßnahmen werden die Menschen ja regelrecht in den Online-Handel hineingetrieben", sagt Stein. Er wünscht sich von der Stadt, dass sie ihre Testangebote weiter ausbaut. Denn nur so könne der Handel für die Menschen attraktiv bleiben.
Handelsverband fordert "Testcenter" für die Innenstadt
Ins gleiche Horn bläst der Kreisvorsitzende des bayerischen Handelsverbands Axel Schöll. Die neue Regelung sei ein "absoluter Rohrkrepierer" und zwänge einige Händler dazu, ihre Geschäfte schon vor Ladenschluss abzuschließen, um Strom- oder Personalkosten einzusparen. "Selbst große Häuser hatten am Montag nur zwei, drei Kunden, manche sogar gar keinen", erklärt Schöll. Die neuen Vorgaben der Staatsregierung seien eine "Frechheit" und kämen einem versteckten Lockdown gleich. Seine Forderung an die Stadt: "Wir brauchen einen großen Testcenter in der Innenstadt, von mir aus sollen sie ein Zelt vor dem Rathaus aufbauen." Andernfalls könne man auch leerstehende Geschäftsräume für eine Schnellteststation nutzen.
Angesichts der aktuellen Regelungen erwarte er eine bessere Kommunikation. "Keiner weiß mehr, was nun gilt, ich muss einige meiner Kunden wieder wegschicken, weil sie eben keinen Test vorzeigen können", so Schöll. Deshalb müsse die Stadt für mehr Transparenz sorgen, um für den Einzelhandel zu werben und den Ablauf möglichst reibungslos zu gestalten. Denn: "Nach wie vor kämpfen wir Einzelhändler um unsere Existenz."
Händler haben kein Verständnis für Corona-Maßnahmen
Eine ähnliche Meinung vertritt Martin Weiss, Inhaber von "Leder Weiss" in der Schweinfurter Spitalstraße. "Meiner Meinung nach werden die Regelungen so umständlich wie möglich gemacht, um möglichst viele Menschen zu verkraulen", betont Weiss. Mittlerweile herrsche eine "totale Verwirrung", keiner wisse mehr, wo er was darf und wo nicht. "Diese Regeln sind reine Schikane." Die Besucherfrequenz – "unter aller Sau" – sei rapide nach unten gegangen, der Tagesumsatz am Montag habe sich auf 500 Euro belaufen. "Ziehen wir davon die Mehrwertsteuer, den Wareneinkauf, die Kosten für die Homepage und die Lohnkosten ab, so bleibt nichts mehr übrig", so Weiss.
In der Bevölkerung fehle mittlerweile die Akzeptanz für die sich ständig ändernden Regelungen. Auch die neue Verschärfung sei noch nicht überall angekommen. "Ein Drittel der Kunden kommt mit einem negativen Testergebnis, zwei Drittel haben keinen Test dabei, sie bedienen wir dann vor der Türe. Auch Weiss wünscht sich mehr Unterstützung der Stadt was schnelle Testmöglichkeiten angeht. "Hier fehlt mir die Kreativität, man muss eben Anreize schaffen", so Weiss. Bekäme jeder Bürger fünf Euro pro Test, dann sehe die Situation ganz anders aus, erklärt der Geschäftsmann.
Maximal 24 Stunden alter Schnelltest
Ein Spaziergang durch die Schweinfurter Stadtgalerie beendet das "Shopping-Erlebnis" an diesem Tag. Auch hier das gleiche Bild. Wenig Menschen, dafür überall verschlossene Glastüren mit der Aufschrift: "Zutritt nur mit einem negativen Corona-Test".
Für "Click & Meet" müssen Kunden einen aktuellen negativen Corona-Test (maximal 48 Stunden alter PCR-Test oder maximal 24 Stunden alter Schnelltest) vorlegen.
zu ihrem Gedanken:
wahrscheinlich politisch so gewollt
Corona stellt in dieser Hinsicht eine Zäsur da.
Persönlich war ich seit knapp einem Jahr nicht mehr in Schweinfurt shoppen. Die Auflagen schrecken ab oder bergen wöchentlich neue Überraschungen. Zudem wird man zuhause am PC im Gegensatz zur Stadt nicht permanent an Corona erinnert.
Leid tut es mir für die Händler aber ich sehe nicht ein die Fehler der Politik durch umständliches Kaufverhalten auszubügeln.