Wie erklärt man eigentlich einem "Reingeschmeckten", um was es beim Brünnstadter Ochsenfest geht? Das Traditionsevent an der Raiffeisenscheune, auf dem ehemaligen Sportplatz, ist so ziemlich das genaue Gegenteil eines "Veggie Day". Dafür sorgt ein 450 Kilogramm schwerer Ochse, der sich am Spieß dreht. "Wir könnten ihn noch mit Salat ausstopfen", schlägt der Verkäufer am Nachbarstand scherzhaft vor.
Der kapitale Fleckvieh-Bulle war streng genommen kein Ochse, in seinem anderthalb Jahre dauernden Leben. Das endete am 13. Juli in Erlangen. Seitdem hieß es erstmal abhängen, zum Nachreifen, bevor sich der "Ochsenhans" seiner angenommen hat: Hans Schmidt ist seit 45 Jahren Bräter auf der Berch, der Erlanger Bergkirchweih. Ein Meister im Umgang mit Filetiermesser und 1200-Grad-Gasgrill, auf dem der Ochse schmort, seit dem Vorabend schon. Die Spezialwürzmischung, mit dem der Braten eingepinselt wurde, ist ein Geheimrezept. Die Gastgeber der Feuerwehr sind derweil mit dem Aufbau beschäftigt.
Aus einer Wettlaune heraus entstand das Ochsenfest
Vereinsvorsitzender Josef Issing, selbst Fleischer ("das ist aber Zufall") und Nebenerwerbslandwirt, schaut am Sonntagvormittag etwas besorgt zum eingetrübten Himmel. 2005 hat Issing das Ochsenfest ins Leben gerufen, als Ergebnis einer Wette mit Klaus Münch, einem weiteren Floriansjünger. Um was genau es bei der Wette ging, das weiß heute niemand mehr so genau.
Daraus entwickelte sich ein Brünnstadter Dauerbrenner, der nur durch die Coronazeit unterbrochen worden ist. 18 Ochsenfeste zählt das Helferteam, das sich reichlich auf der grünen Wiese versammelt hat, um Zeltplanen fest zu zurren, Biergarnituren aufzuklappen oder die Kaffee- und Kuchen-Bar in der Halle zu bestücken. "Hutkrapfen" nennt sich eine weitere Spezialität, im Frankenwinheimer Gemeindeteil, die man in der hiesigen Gegend nur selten auf den Teller bekommt.
Eigentlich stammt das ebenso luftige wie knusprige Gebäck aus der oberfränkischen Küche, wo es von den Bäckerinnen früher buchstäblich übers Knie gelegt worden ist: Rita Schmeußer hat die klassische Kerwa-Süßspeise aus der Ebracher Gegend mitgebracht. Das Brot zum Ochsenbraten ist ein Produkt des eigenen Gemeindebackofens.
Große Portionen, damit die Gäste richtig satt werden
Im Mittelpunkt aber steht oder besser gesagt dreht sich der Jungbulle, der früher mal im Stall von Landwirt Matthias Ruß mampfen durfte, gleich nebenan. 500 Leute könnten von ihm satt werden. "Wir machen große Portionen, die es anderswo nicht mehr gibt", wirbt Issing.
Die Feuerwehr hat, inklusive Gasgrill, den Gegenwert eines kleinen Gebrauchtwagens investiert, vom Erlös erhofft man sich ein nettes Zubrot für die Vereinsarbeit. Ein bisschen weniger Auflagen wären den Veranstaltern schon recht, um wirklich Plus zu machen, und natürlich ein Einsehen des Wettergotts, im verrückten Sommer 2023.
Ansonsten geht es natürlich ums lockere Miteinander, die gelebte Dorfgemeinschaft, im Etwas-mehr-als 200-Einwohner-Ort südwestlich des Hörnauer Walds. Überhaupt wird dem Flair des fränkischen Landlebens von einst gehuldigt, als schwere Ochsengespanne noch die Rolle der heutigen Schlepper gespielt haben.
Vor dem Fest erst einmal ein Helferessen
In früheren Jahren kam der Ochsen-Toni aus Brünnau zu Besuch, mit zwei Bullenstärken am Leiterwagen, für Rundfahrten. Das eine Hörnertier soll dafür heutzutage noch zu jung sein, das andere schon zu alt, heißt es.
Am Sonntag ab elf Uhr werden die ersten Gäste erwartet. Davor gibt es erstmal ein "Helferessen". Ebenso ein Versucherle für die Reporter, auf dem Brett vom Bräter. Das Fleisch schmeckt wirklich hauchzart, wie der Ochs am Erlanger Berch.
Kurz darf sinniert werden, was genau das besonders feine Bürgermeisterstück war, das früher den Honoratioren serviert worden ist, als Schmorstück oberhalb der Keule. Dann geht der Blick wieder zum Himmel. Hoffentlich hält das Wetter. Der brutzelnde Bulle von Brünnstadt ist jedenfalls durch – das Ochsenfest kann beginnen.
Gerhard Merten, Gerolzhofen