Gut drei Monate lang war es Passantinnen und Passanten ein Rätsel geblieben, was hinter den mit Papier verklebten Schaufenstern des Bekleidungsgeschäfts "Underground" in der Siebenbrückleinsgasse in Schweinfurt vor sich ging. Nur ein weißes Plakat mit der Aufschrift "We say Goodbye. [...] Wir bedanken uns für eure alljährliche Treue" ließ seit Anfang November erkennen, dass hier eine lange Geschichte des Schweinfurter Einzelhandels zu Ende ging.
Nach 34 Jahren hat der frühere Inhaber, Manfred Opfermann, das "Underground" in neue, beziehungsweise altbekannte Hände gelegt. Denn die neue Inhaberin ist durchaus kein neues Gesicht im Schweinfurter Einzelhandel. "Zwölf Jahre habe ich hier vorher schon gearbeitet", sagt Denise Hild und blickt sich in ihrem Laden um.
Als klar wurde, dass Opfermann das Geschäft altersbedingt aufgeben würde, habe sich die 35-Jährige ebenso wie eine Kollegin in der "Underground"-Filiale in Haßfurt zu einem großen Schritt entschlossen: Sie würde die Filiale übernehmen. "Wir haben uns dazu entschieden, das Geschäft für unsere Kollegen und für uns zu bewahren", sagt Hild.
Mit Wiedereröffnung Anfang Februar einiges geändert
Dass sie nun, kurz nach der Eröffnung Anfang Februar, in ihrem eigenen Laden steht, könne sie aber noch immer nicht ganz glauben. "Ich kann das noch gar nicht so wirklich greifen. Aber es ist so schön, dass ich meine eigenen Ideen im ganzen Entstehungsprozess mit einfließen lassen konnte", sagt sie. Denn hinter den großen Schaufenstern habe sich einiges geändert.
"Am Anfang haben wir jeden Tag renoviert; die Wände und Decken abgeschliffen, neu gestrichen, neu lackiert", sagt Hild rückblickend über die vergangenen drei Monate. Nur eines sei unangetastet geblieben: "Die Treppe wollte ich unbedingt so belassen. Da ist so viel Geschichte dran. Die ist schon so oft gestrichen worden und hat einiges ausgehalten im Leben", sagt Hild und lacht.
Im Sortiment seien vor allem ein paar neue Marken hinzugekommen, zudem Accessoires und einige weitere Produkte. Denn künftig soll es im "Underground" nicht nur Mode zu kaufen geben. "Wir sind jetzt eher ein Concept Store. Das heißt, man soll hier also auch viele Accessoires finden, aber auch mal eine Blumenvase oder eine Kerze für die beste Freundin, wenn man sich eigentlich gerade ein T-Shirt kauft. Der Schwerpunkt soll aber weiterhin auf Fashion liegen", erklärt Hild das neue Konzept.
Insgesamt sei der Bestand dennoch verschlankt worden. "Vorher waren wir hier schon sehr überladen. Das war auch schön, aber es war einfach immer sehr viel Auswahl da. Das haben wir jetzt deutlich luftiger gestaltet", sagt die 35-Jährige. Künftig solle nun nicht mehr jedes Produkt in jeder Größe zigfach eingelagert, sondern lieber bei Bedarf nachbestellt werden.
Trotz Schwierigkeiten des Einzelhandels zuversichtlich
Auch in der Nachbarschaft fühle sich Hild wohl. "Ich finde es total schön, wie sich die Unternehmer in Schweinfurt gegenseitig respektieren und unterstützen", sagt sie. In Zeiten wie diesen, in denen Innenstädte und Einzelhandel vielerorts mit Verwaisung zu kämpfen haben, einen Laden zu eröffnen, mache ihr keine Angst. "Ich glaube, man muss ein Einkaufserlebnis schaffen. Nur Ständer reinstellen – das funktioniert nicht mehr", sagt sie. Stattdessen der Kundschaft auch mal einen Kaffee anbieten, sich Zeit für ein Gespräch nehmen und spezielle Events – das sei die Zukunft des Einzelhandels, meint Hild.
So solle es auch im "Underground" laufen. "Künftig wollen wir ein paar coole Aktionen starten. Zum Beispiel Mädels-Shoppingabende, bei denen man mit Freundinnen vorbeikommen und zwei Stunden ohne andere Kundschaft zur eigenen Lieblingsmusik shoppen kann", sagt Hild.
Dass ihr Konzept von den Schweinfurterinnen und Schweinfurtern gut angenommen werde, darum mache sie sich keine Sorgen. Denn bereits zur Eröffnung am 3. Februar seien mehrere hundert Menschen gekommen. "Es war unglaublich. Wir waren direkt ausverkauft", sagt Hild.
Der Zukunft des "Underground" blicke sie deshalb zuversichtlich entgegen. Auch wenn der Weg bisher nicht immer leicht gewesen sei. Vieles habe sich die Jungunternehmerin erst einmal aneignen müssen. "Ich hatte ja noch nie einen Arbeitsvertrag geschrieben; und dann die Steuer...", sagt Hild und lacht. "Aber zu sehen, dass das, was ich hier mache, so gut ankommt – das hätte ich mir nie erträumen lassen."