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Schwanfeld
"Das erste Mal für meine Familie entschieden": Schwanfelds Bürgermeisterin Lisa Krein will keine zweite Amtszeit
Seit 2020 ist die 61-Jährige im Amt. Ende letzten Jahres kündigte sie an, bei der Kommunalwahl nicht mehr antreten zu wollen. Die Gründe? Privat, aber nicht nur.
Bürgermeisterin Lisa Krein kündigte Ende 2024 an, bei der Kommunalwahl 2026 nicht mehr für eine zweite Amtszeit kandidieren zu wollen. 
Foto: Anand Anders | Bürgermeisterin Lisa Krein kündigte Ende 2024 an, bei der Kommunalwahl 2026 nicht mehr für eine zweite Amtszeit kandidieren zu wollen. 
Lisa Marie Waschbusch
 |  aktualisiert: 27.03.2025 02:38 Uhr

Als Lisa Krein 2020 Bürgermeisterin von Schwanfeld wurde, hatte sie zwar noch nie ein kommunalpolitisches Amt innegehabt, aber zehn Jahre Erfahrung in der Kommunalverwaltung mitgebracht. Das Bürgermeisteramt, der damals für sie "nächste logische Schritt". Ende letzten Jahres kündigte die 61-Jährige an, bei der Kommunalwahl 2026 nicht mehr für eine zweite Amtszeit kandidieren zu wollen. Im Interview spricht sie über die Gründe, über Erfolge und Herausforderungen und über ihre Zukunftspläne.

Frage: Was hat Sie dazu bewogen, nach einer Amtsperiode wieder aufzuhören?

Lisa Krein: Es spielen immer mehrere Faktoren für so eine Entscheidung eine Rolle. Einmal, meine private Situation. Ich habe einen schwerbehinderten Sohn, der in Würzburg ein Studium begonnen hat. Dann habe ich letztes Jahr geheiratet. Ich habe immer gearbeitet, auch als meine Kinder klein waren, sie sind es gewohnt, sich mit mir zu organisieren und abzustimmen. Trotzdem ist es jetzt eine andere Situation. Ich hab mich zum ersten Mal für meine Familie entschieden. Sicherlich hat aber auch das ein oder andere, das ich hier in Schwanfeld erlebt habe, diese Entscheidung etwas begünstigt.

Was meinen Sie damit?

Krein: Es gab eine Schlüsselsituation, die mich sehr, sehr getroffen hat. In einer Bürgerversammlung wurde mir von einem ehemaligen Gemeinderat der Verfall Schwanfelds vorgeworfen. Das hat mich tagelang beschäftigt. Sicherlich erlebt jeder Bürgermeister solche Situationen, das bringt das Amt so mit sich. Aber viele haben vielleicht die Persönlichkeitsstruktur, sich zu schütteln und dann weiterzumachen. Das fehlt mir. So etwas kostet viel Energie. Und diese Energie brauche ich für meinen Job und nicht, um mich mit diesen Nebenschauplätzen zu beschäftigen.

Es hat sich ja damals lange niemand für das Amt gefunden. Haben Sie gewusst, wie die Lage in der Gemeinde wirklich ist?

Krein: In der Tiefe nicht. Aber ich hatte eine Vorstellung, warum sich da niemand gemeldet hat, um Bürgermeister zu werden. Ich wusste, dass ich diese Dinge angehen und lösen kann. Dass es dann doch so eine Vielzahl von Dingen war, das hat mich etwas erschlagen. Es gab Wochen, da wusste ich nicht, wo ich zuerst hinlangen soll. Als ich gewählt wurde, war ich doch über die ersten Monate sehr überrascht, wie viel nicht erledigt war.

Haben Sie da ein Beispiel?

Krein: Das Feuerwehrhaus zum Beispiel. Es waren die planerischen Voraussetzungen nicht getroffen. Es fehlte der Bebauungsplan, den wir nachholen mussten. Sicherlich hatten sich da auch Leute schon Gedanken gemacht, wie es sein kann. Aber ein Feuerwehrhaus wird nicht nach Gemeindegröße, sondern nach Feuerwehrbedarfsplan ausgelegt, und Schwanfeld braucht nun mal vier Stellplätze.

Was noch?

Krein: Auch der Kindergarten, das ist eine Pflichtaufgabe der Gemeinde. Die Verhandlungen mit dem Bistum Würzburg wegen einer Generalsanierung waren 2020 vollkommen festgefahren. Bei der Trinkwasserleitung hätte man viel, viel mehr sanieren müssen. Das Kanalsystem, die Kläranlage. Ich weiß, mit Fäkalien beschäftigt sich niemand gerne, aber wenn das nicht funktioniert, dann steht es uns bis zum Hals. Wir mussten viel angehen, und sehr früh musste ich die Entscheidung treffen: Legen wir es auf den Tisch oder nicht. Alles, was wir auf den Tisch gelegt haben, hat natürlich einen Finger in die Wunde gelegt.

Fühlen Sie sich unfair behandelt?

Krein: Unfair nicht, nein. Jeder hat sein eigenes Rechtsempfinden, seine eigene Emotionalität, wie er Dinge sieht. Und ich bedauere es auch, wenn ich manche Vorgänger oder auch vorangegangene Gemeinderäte damit verletzt habe. Aber ich konnte es nicht unter den Tisch fallen lassen und ich konnte auch manche Dinge nicht beschönigen. Ich bin nicht die große Diplomatin, ich habe aber in meinen vielen Berufsjahren gelernt, dass die Dinge offen angesprochen werden müssen.

Hat sich das Anspruchsdenken der Menschen verändert?

Krein: Wenn man vorankommt, lässt man immer einige hinter sich. Ich halte mich für fachlich kompetent. Aber es wird dann nicht anerkannt oder über andere Themen versucht, mich zu demontieren. Die Erwartungshaltung ist schon ein bisschen: ‘Wasch mir den Pelz, aber mach ihn nicht nass.’ Es soll was passieren, es soll weitergehen. Aber es darf das Alte nicht zu sehr verändern. Schwanfeld als ältestes Dorf Deutschlands, alles schön und gut. Deswegen müssen wir aber noch lange nicht so aussehen.

Hatte sich auch der Gemeinderat bei Ihrem Amtseintritt stark verändert?

Krein: Nein, gut zwei Drittel waren auch im vorangegangenen Rat. Aber die können sich auch nur mit den Dingen beschäftigen, die ihnen vom Bürgermeister vorgelegt werden. Das ist mein Job. Ich muss die Dinge erkennen, ich muss sie aufzeigen und möglichst Lösungsvorschläge vorlegen, damit der Rat in der Lage ist, darüber zu entscheiden. Der ganz große Vorteil Schwanfelds ist ja die Schwanfelder Liste. Es geht hier wirklich um das Interesse der Gemeinde, und unser Job ist es, Schaden von der Gemeinde fernzuhalten.

Mussten Sie schon einmal Schaden abwenden, kann man so weit gehen?

Krein: Soweit dürfen Sie nicht gehen. Aber die Zeit des Zuwartens war 2020 schon vorbei. Es ist sicherlich mein Vorteil gewesen, dass ich von außen draufgeschaut habe. Aber wir wissen alle: Man gewöhnt sich auch an Provisorien.

Wie ist der Stand der Projekte jetzt?

Krein: Beim Feuerwehrhaus gibt es zwar noch ein bisschen Diskussion, aber das wird auf jeden Fall umgesetzt. Die Sanierung der Trinkwasserleitung ist in trockenen Tüchern, ebenso die Kanalsanierung und die Umsetzung der Hauptstraße. Bei der Straßensanierung geht es natürlich um die Straße, aber vor allen Dingen um das, was darunter liegt. Wir werden viele Millionen in die Erde verbuddeln, aber es ist so wichtig, dass diese Dinge funktionieren. 

Gibt es auch Projekte, die Sie sich vorgenommen hatten, die sie jetzt nicht mehr schaffen werden?

Krein: Vorgenommen hatte ich mir selbstverständlich den Neubau der Kindertagesstätte und natürlich den Neubau des Bauhofs. Das kann ich jetzt nicht verwirklichen, aufgrund der finanziellen Situation.

Gibt es das eine Projekt, auf das Sie am meisten stolz sind?

Krein: Ein Projekt, auf das ich als Schuldverbandsvorsitzende am meisten stolz bin, ist die Schule. Die so technisch zu ertüchtigen, dass wir wirklich Digitalisierung haben, dass wir mit den Medienwänden arbeiten können, die mittlerweile zum Schulalltag gehören. Und dass es jetzt sauber und frisch ist. Wir haben entrümpelt, wir haben neue Waschbecken in den Klassenzimmern. Es war nicht damit getan, in den Toiletten ein paar herabgefallene Fliesen wieder dranzukleben. Wir haben komplett entkernt und haben jetzt eine barrierefreie Toilette, was ich in einer Schule für absolut wichtig halte. Des Weiteren bin ich sehr stolz auf mein Team, das sich in den letzten Jahren gebildet hat. Die Zusammenarbeit tut mir gut und stärkt mich sehr.

Wie waren die Rückmeldungen aus der Gemeinde zu Ihrer Entscheidung, aufzuhören?

Krein: In erster Linie, dass sie es schade finden, weil ich viel auf den Weg gebracht habe. Ich bin davon überzeugt, dass, so wie die Verwaltung jetzt aufgestellt ist und so wie die Dinge jetzt vorbereitet sind, ein Nachfolger, eine Nachfolgerin relativ nahtlos weitermachen kann. Ich wurde hier mit sehr, sehr offenen Armen empfangen. Es ist nach wie vor so, dass der Gemeinderat und ich eine wunderbare Basis haben. Ich wusste, eine Legislaturperiode werde ich brauchen, um Dinge auf den Weg zu bringen, und eine andere werde ich brauchen, um die Dinge umsetzen. Das Umsetzen fällt jetzt bei mir weg, und das macht mir schon auch zu schaffen.

Was machen Sie ab 2. Mai 2026 beruflich?

Krein: Ich würde zukünftig gerne im sozialen Bereich arbeiten. Ich durfte die letzten Jahre noch mal sehr viel lernen. Gerade was Kinderbetreuung in Schule und Kindertagesstätte angeht. Dazu gehört auch die Maßnahme Seniorenzentrum „Alte Brauerei“. In den Gesprächen habe ich viel über eine erfolgreiche Umsetzung in der Arbeit für unsere Senioren gelernt. Das könnte ich mir durchaus vorstellen, dass ich mich da wiederfinde. Oder im Vergabewesen, das ist meine Welt. Aber ich habe für mich entschieden, dass ich mir, wenn das finanziell geht, eine Auszeit von drei Monaten gönne. 2026 werde ich 63 und habe meine 45 Berufsjahre voll. Ich werde mal sehen, was sich für mich ergibt. Ganz zu Hause zu bleiben, kann ich mir aber nicht vorstellen.

Werden Sie in Schwanfeld die Zelte abbrechen?

Krein: Ich werde nicht am 30. April gehen und sagen: jetzt macht mal. Ich werde meiner Nachfolgerin oder meinem Nachfolger alles an Wissen geben, was ich nur geben kann, und wenn es ein halbes Jahr später ist, dann ist es ein halbes Jahr später. Da fühle ich mich Schwanfeld einfach viel zu sehr verbunden.

 
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Kommentare
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  • Gabriele Schneider
    Ich kann die Gründe der Dame nur zu gut verstehen, abgesehen von denen Ihrer privater ,wird es immer Mitbürger geben die alles besser wissen , aber keine Verantwortung übernehmen wollen.
    Und das angehen von Problemen mit der Infrastruktur, die man nur dann bemerkt wenn sie nicht funktioniert ist eine ungern gesehene Aufgabe mit der man sich keine Popularität schaft , die aber extrem notwendig ist.
    Deswegen wird dieses in vielen Gemeinden schludrig behandelt.
    Peter Schneider
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