Eines machen Axel Schöll, Kreisvorsitzender des Handelsverbandes in Schweinfurt, und der unterfränkische Handelsverbands-Geschäftsführer Volker Wedde von Anfang an klar: Der Lockdown wegen der stark gestiegenen Corona-Infektionen in Deutschland ist notwendig und war alternativlos.
Gefolgt von einem dicken Aber, das nicht darauf abzielt, die Lockdown-Regelungen zu lockern, sondern Gleichbehandlung unter allen Betroffenen zu schaffen. Denn: der Einzelhandel leidet und die Zukunft für ohnehin gebeutelte Innenstädte wie auch die Schweinfurts ist düster. "Wir fordern eine Gleichbehandlung zwischen Handel und Gastronomie, denn von Seiten der Politik wird im Moment der Einzelhandel im Stich gelassen", erklärt Volker Wedde.
Was er damit meint, sind die unterschiedlichen Hilfsprogramme der Regierung. Während die Gastronomen und Hoteliers zumindest in Aussicht haben, für November und Dezember 75 Prozent der Vorjahresumsätze ersetzt zu bekommen, gibt es für den Einzelhandel im Moment kein neues Hilfsprogramm. Das kann Axel Schöll in keiner Weise verstehen: "Bei gut 300 Öffnungstagen im Jahr gibt es 25, die besonders umsatzstark sind. Das ist rund um Ostern und vor und kurz nach Weihnachten. An allen diesen Tagen mussten die Geschäfte in diesem Jahr wegen Corona schließen."
Auf die Frage, wie das Weihnachtsgeschäft trotz allem war, antwortet Schöll im Namen seiner Kollegen in der Stadt nur lakonisch: "Welches Weihnachtsgeschäft." Während der Lebensmittelhandel natürlich während der Pandemie höhere Umsätze erzielte, da die Geschäfte wegen ihrer Systemrelevanz immer offen waren, berichtet Volker Wedde für den restlichen Einzelhandel von Umsatzeinbrüchen bis zu 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr und auch in den zwei Wochen Anfang Dezember, als noch offen war, von gut 30 Prozent weniger als 2019.
Der Grund ist einfach: Es fehlte an Kundenfrequenz, denn die Schließung der Gastronomie-Betriebe und der Kulturveranstalter seit Anfang November sorgte dafür, dass die übliche Symbiose dieser Branchen und das, was ein Einkaufserlebnis erst ausmacht, nicht mehr gegeben waren. "Es ist ein Wahnsinns-Brutalojahr", findet Axel Schöll kräftige Worte, hat selbst 25 Prozent weniger Umsatz als 2019.
Natürlich, so Volker Wedde, gab es verschiedene Dinge, die es den Händlern ein wenig erleichterten: Kurzarbeit ist ein ganz wichtiges Werkzeug, Online-Verkaufsmodelle ebenso, wenngleich sie nur rund fünf Prozent der stationär verlorenen Umsätze wettmachen, auch Click and Collect sei eine Variante. Dennoch: "Es fehlt die Perspektive, es fehlt die Strategie von Seiten der Politik. Es wurde in den vergangenen Monaten geschlafen, immer nur reagiert", kritisiert Axel Schöll.
"Es droht ein Kahlschlag in der Innenstadt", warnt Schöll eindringlich, denn das Problem für den Einzelhandel ist die Liquidität. Im Sommer wurde Ware für den Winter bestellt, auch unter der Prämisse, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn damals öffentlich versprach, es werde keine Schließung des Einzelhandels mehr geben.
Nun ist die Ware da, das Weihnachtsgeschäft fiel aus, mindestens bis Ende Januar sind die Läden geschlossen, doch die Rechnungen müssen natürlich dennoch bezahlt werden. Aus Schölls Sicht dürfte nicht nur ein Anteil der Fixkosten einer Firma erstattet werden, sondern es müsste auch Zuschüsse für den Wareneinsatz geben. Der macht nämlich 44 Prozent des Bruttopreises eines Produkts aus. Vorschläge von Seiten der Bundespolitik, zusätzliche Abschreibungsmöglichkeiten zu schaffen, seien zwar gut gemeint, gehen aber auch am Kern des Problems vorbei: Buchhalterische Aspekte ersetzen keine Umsätze. Wer kein Geld mehr auf dem Konto hat und seine Rechnungen nicht mehr bezahlen kann, weil er keine Einnahmen hat, muss schlicht Insolvenz anmelden.
Volker Wedde berichtet von zahlreichen Telefonaten mit Mitgliedern, die ihn sehr betroffen machen: "Ich rechne, wie lange wir es noch schaffen, heißt es dann. Und da geht es um Wochen, nicht um Monate", erzählt der Handelsverbands-Geschäftsführer.
Schöll und Wedde hoffen, dass die Einzelhändler möglichst bald wieder öffnen dürfen, denn die ausgefeilten Hygienekonzepte hätten sich bewährt: "Der Einzelhandel war für die Politik während der Pandemie ein verlässlicher Partner. Wir waren bereit, mitzumachen und die Pandemie zu bekämpfen", betont Wedde, dass ihm keine Corona-Infektionen in Geschäften bekannt sind.
Klare Worte findet Axel Schöll auch gegenüber den politischen Vertretern für Freistaat und Bund in der Region, Gerhard Eck und Anja Weisgerber. "Ich bin enttäuscht, denn sie wissen nicht, was an der Basis vorgeht. Sie kamen in diesem Jahr nicht auf uns zu, haben sich nicht erkundigt, was uns Sorgen macht, was wir brauchen", so Schöll, der sich dieses Engagement auch gerade von großen Parteien wie CSU und SPD im Stadtrat gewünscht hätte, von denen es auch keine Nachfrage gegeben habe. Citymanager Thomas Herrmann hätte sich vorbildlich eingesetzt, lobt Schöll, auch die Initiative des Oberbürgermeisters, für den lokalen Handel zu werben, fand er positiv.
Doch es bleibt das Gefühl, von den Entscheidern in München und Berlin schlicht und ergreifend im Stich gelassen worden zu sein.