Frauen, darunter auch viele Mütter, zu helfen, Gewalt zu entkommen, sich vielleicht ein neues Leben aufzubauen. Ihnen zu helfen, weniger oder gar keine Angst mehr haben zu müssen vor dem gewalttätigen Partner oder Ex-Partner. Ihnen Angebote zu Hilfe und Unterstützung zeigen, oder sie an einen sicheren Ort bringen: Darum kümmern sich die Mitarbeiterinnen des Frauenhauses. Sie werden mit Schicksalen und Bedingungen konfrontiert, die nicht immer einfach sind, die oft auch sie belasten. 2020 kam noch eine Belastung und Herausforderung dazu: Corona. "Der Umgang mit Corona war das herausragendste 2020", sagt Sabine Dreibholz, fachliche Leiterin des Frauenhauses für die Region Main-Rhön, als sie ihren Jahresbericht für 2020 vorstellt.
Die Kontaktbestimmungen machten es nötig, die internen und externen Hygienemaßnahmen zu verschärfen. Einzug ins Frauenhaus ging nur nach einem negativen Corona-Test. "Den Bewohnerinnen und ihren Kindern haben wir viel Verzicht abverlangt mit unserm Drahtseilakt zwischen Infektionsschutz und möglichst viel Normalität. Immerhin leben im Frauenhaus Frauen und Kinder eher etwas beengt, auch wenn wir uns noch so große Mühe geben, die Räume ansprechend zu gestalten und Möglichkeiten der Freizeitgestaltung außerhalb der Wohnung bereit zu halten", heißt es im Jahresbericht. Sabine Dreibholz erinnert sich an schwierige Zeiten ("eine Gratwanderung"), die aber auch dank solidarischer Teamleistungen gemeistert wurden.
Kreativität gefragt: Gemeinschaft unter Corona-Bedingungen
Das Team entwickelte Kreativität, nachdem die "normalen" Gemeinschaftsangebote wie Treffen, Ausflüge, Feiern mehr gingen wegen der Corona-Regeln. Es gab Bastelpakete statt Bastelstunden für die Kinder, Kinderbetreuung an der frischen Luft, getrennt nach Familien. Lesestündchen in Eins-zu-Eins Betreuung und Abstandsregeln gehörten auch zum Angebot. Weihnachten gemeinsam feiern war natürlich auch im Frauenhaus nicht möglich. Stattdessen feierte jede Familie für sich, geregelt nach einem Nutzungsplan für das geschmückte Dachgeschoß.
Ausgangsbeschränkungen, Kontaktverbote, nicht mehr raus können: Viele befürchteten am Anfang der Corona-Krise vor einem Jahr den Anstieg von Gewalt gegen Frauen. Ist das eingetroffen? Statistisch festmachen kann Sabine Dreibholz das nicht. Vergangenes Jahr, zum ersten Lockdown, habe es weniger Aufnahmeanfragen für das Frauenhaus gegeben, dafür verdreifachten sich aber die telefonischen Beratungen, so Dreibholz. Ein Grund für die geringeren Aufnahmeanfragen könnte sein, dass es nur schwer möglich ist, eine Flucht zu planen, wenn der Aggressor den ganzen Tag daheim ist, es kaum Möglichkeiten gibt, raus zu kommen. "Was Corona alles gemacht hat, werden wir erst in Jahren wissen", so Sabine Dreibholz.
Vorsorglich neue Konzepte entwickelt
Das Team entwickelte im vergangenen Jahr vorsorglich neue Interventionskonzepte. "So sondierten wir vorsorglich Ausweichquartiere und baten die Polizeiinspektionen, vermehrt von der Möglichkeit des Kontaktverbotes für den Täter Gebrauch zu machen. Insgesamt war es zu Beginn der ersten Restriktionen entgegen aller Befürchtungen, die von außen an uns herangetragen wurden und über deren Wahrscheinlichkeit wir lediglich mutmaßen konnten, eher ruhiger als sonst", heißt es im Jahresbericht.
2020 lebten 46 Frauen und 43 Kindern im Frauenhaus. 2019 waren es 51 Frauen und 44 Kinder. Dreiviertel der Schutzsuchenden kamen aus dem Einzugsgebiet Main-Rhön. Die durchschnittliche Auslastung sank von beinah 89 Prozent auf etwas mehr als 73 Prozent und war gerade in Zeiten des beginnenden Lockdowns (Frühjahr und Herbst/Winter) ungewöhnlich niedrig, so der Bericht. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer verringerte sich von 76 im Vorjahr auf 61 Tage, heißt es im Bericht. Parallel verdoppelten bis verdreifachten sich gerade in diesen Perioden die telefonischen Beratungsgespräche. Über das Gesamtjahr verteilt haben sich die Telefonberatungen knapp verdoppelt von insgesamt 246 im Vergleich zu 145 in 2019.
Frauenhaus wurde 1980 als eines der ersten in Deutschland gegründet
Im Schweinfurter Frauenhaus, das 1980 als eines der ersten in Deutschland gegründet wurde, leben jährlich durchschnittlich 50 Frauen und 58 Kinder, so der Jahresbericht: "Doppelt so viele Frauen und Unterstützungspersonen suchen telefonische und persönliche Beratung in Fällen häuslicher Gewalt. Häusliche Gewalt ist überwiegend Gewalt durch männliche Beziehungspartner. Gewalt durch (ehemalige) Beziehungspartner ist für die betroffenen Frauen ein erhebliches Sicherheitsrisiko und hat enorme Auswirkungen auf ihre körperliche Unversehrtheit und weitere Entwicklung. 42 Prozent aller befragten Frauen gaben an, Formen von psychischer Gewalt erlebt zu haben, die von Einschüchterungen oder aggressivem Anschreien über Verleumdungen, Drohungen und Demütigungen bis hin zu Psychoterror reichen. Kinder sind bei Gewalttaten im häuslichen Bereich fast immer mit betroffen. Sie hören, sehen die Misshandlungen, geraten in die Misshandlungssituation hinein oder werden selbst angegriffen."
Kontakt für das Frauenhaus für die Region Main-Rhön: Tel.: (09721)78 60 30, Fax: (09721) 78 60 33, E-Mail: frauenhaus.schweinfurt@t-online.de. Bürozeiten: wochentags von 9 bis 18 Uhr, außerhalb dieser Zeiten Erreichbarkeit rund um die Uhr durch ehren- und hauptamtliche Mitarbeiterinnen. Das Frauenhaus wird gefördert durch die Stadt Schweinfurt, die Landkreise Schweinfurt, Bad Kissingen, Haßberge sowie Rhön-Grabfeld und das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales.