"Mit wem hatten Sie in den letzten zwei bis drei Tagen Kontakt?" Wem diese Frage gestellt wird, ist corona-positiv getestet. Am anderen Ende der Leitung sitzt dann jemand mit einem dank Corona relativ neuen Beruf: Kontaktermittler. Oder neudeutsch: Contact Tracer. Ziel der Kontaktermittlung: So schnell wie möglich Leute in Quarantäne schicken, die sich angesteckt haben könnten, so Gesundheitsamtsleiter Matthias Gehrig und sein Mitstreiter Andreas Kempf. Ungefähr 100 Leute sind im Corona-Einsatz, darunter Freiwillige, Kollegen aus anderen Sachgebieten, Kollegen aus Behörden, Polizisten, Bundeswehrler, Stammpersonal. "Wir haben genug Leute", sagt Kempf.
Die verschiedenen Schritte, von der Verständigung eine Kontaktperson bis zum Fallabschluss sind in verschiedene Teams aufgeteilt. Das mache die Einarbeitung leichter, so Kempf. Je nach Hintergrund brauchen Neueinsteiger in der Regel zwei bis vier Tage zur Einarbeitung. Als die Inzidenz in Schweinfurt bei über 200 lag, sei es enorm wichtig gewesen, die Leute schnell einzuarbeiten. "Zeit ist einer der wichtigsten Punkte für uns", betont Kempf. Kempf ist überzeugt, dass die schnelle Kontaktverfolgung auch dazu geführt hat, dass Schweinfurt jetzt den Deutschlandrekord mit der niedrigsten Inzidenz hält. "Offenbar haben wir Infizierte und Kontakte sehr schnell isolieren können."
Kontakte zu verfolgen war in der letzten Zeit dank Lockdown eh einfacher. "Wenn sie zur Zeit Leute treffen wollen, müssen sie zur Arbeit gehen", scherzt Kempf. Als die Inzidenzen hoch waren, kein strenger Lockdown war, kamen auf einen Corona-positiv-Getesteten acht bis zehn Kontaktpersonen. Jetzt sind es zwei bis drei.
"Mit wem hatten Sie in den letzten zwei bis drei Tagen Kontakt?" Die Frage ist oft nicht so einfach zu beantworten, erzählen Andreas Kempf und seine Kollegin Jessica Leicher. Die Kontaktermittler helfen nach, fragen zum Beispiel "Waren Sie einkaufen"? "Haben Sie am Parkplatz länger mit jemandem geredet?" "Wir können nur mit dem arbeiten, was die Leute sagen", betont Kempf. Die Leute seien in der Regel kooperativ, sagen Kempf und Leicher. Es gibt aber auch besondere Fälle: Wenn zum Beispiel jemand angerufen wird, der der Meinung ist, Corona existiere nicht. "Nützt ihm nichts, er muss trotzdem in Quarantäne."
Tamara Schreiber und Lukas Knab-Ziegler haben auch einige Erfahrung im Kontaktverfolgen. Sie finden es beeindruckend, wenn ein positiv Getesteter noch mal anruft, weil er einen Kontakt nicht erwähnt hat. Familienmitglieder werden wohl oft vergessen. Lukas Knab-Ziegler erinnert sich daran, als ihn ein Mann zurückgerufen hat und erzählte: "Ich habe meine Frau als Kontaktperson vergessen."
"Ein breites Kreuz, starke Nerven": Für Natalie Kraus, Leiterin des Bürgertelefons, war das vor allem im Oktober/November wichtig für ihre Arbeit. Was darf ich? Was darf ich nicht? Wie muss ich mich verhalten? Wie werde ich über das Testergebnis informiert? Das sind einige der am häufigsten gestellten Fragen.
Ein großes Thema ist auch die Einreise-Quarantäne-Verordnung. Sabine Lilienweiß und Monique Menzel kümmern sich um mehr als um Urlauber-Fragen. Lkw-Fahrer, Saisonarbeiter, Geschäftsreisende sind davon betroffen. "Wir sind viel im Gespräch mit Konzernen und Firmen", sagt Lilienweiß. Die Regelungen ändern sich alle zwei bis drei Wochen. Die Risikogebiete oft auch. "Wir müssen schon sehr auf dem Laufenden sein."
Patricia Kaspar und ihre Stellvertreterin Martha Bielefeldt leiten das Team Sichtung. Sie überwachen das Hauptpostfach des Gesundheitsamtes. "Wir sind das Team an der Front." Sie beantworten unter andrem Fragen und kümmern sich um Befunde und Kontaktpersonenmeldungen.
Ein gefragter Mann ist zur Zeit auch Hygienesachbearbeiter Jürgen Schröer. Firmen und Geschäftsinhaber wenden sich an ihn, um zu fragen, ob ihr Hygiene-Konzept stimmt, wollen wissen, worauf sie achten müssen. Corona ist auch bei ihm der Mittelpunkt, hier werden die Todesfälle und die positiv getesteten Fälle an das Robert-Koch-Institut weitergeleitet. Hygienebelehrungen für Personen, die in der Gastronomie arbeiten, kann das Amt wegen der Corona-Belastung nicht mehr anbieten, bedauert er. 34 Jahre ist er im Dienst. Die Liste der übertragbaren Krankheiten sei in dieser Zeit nicht kleiner geworden. "Wir werden immer gut zu tun haben", sagt er. Nach Corona werde sicher wieder irgendwann eine Erkrankung auftreten, die uns beschäftigen wird."
Gesundheitsamt und Corona-Bekämpfung
Bürgertelefon: Beantwortung von Bürgeranfragen
Sichtung: Sichtung von Testergebnissen, Beantwortung von E-Mails
Betreuer: Betreuung der Covid-19 Fälle während der Quarantäne
Kontaktpersonen-Ermittler: Ermittlung von Kontaktpersonen und Einstufung des Kontakts
Kontaktpersonen-Verständiger: Verständigung von Kontaktpersonen, Festsetzung der Quarantäne
Entlasser: Quarantäneentlassung von Covid-19 Fällen und Kontaktpersonen
Listenführung: Dokumentation und Datenpflege, Überwachung der zentralen Datenbank, Statistiken
Äskulab: Datenpflege in Äskulab, Datenübermittlung an das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL)
Heime & Pflegeeinrichtungen: Betreuung und Bearbeitung von Ausbruchsgeschehen in Senioren- und Pflegeheimen
Großeinrichtungen: Betreuung und Bearbeitung von Ausbruchsgeschehen in Schulen und Kindertagesstätten
Einreise-Quaratäne (EQV): Betreuung von Reiserückkehrern aus Risikogebieten
Hygienesachbearbeiter: Kontrolle von Hygienekonzepten
Rechtlicher Vollzug: Anordnung bei Testverweigerung, Amtshilfeanfragen.
Im gesamten bisherigen Verlauf der Coronapandemie hat das Gesundheitsamt 4778 positive Covid-19 Fälle und 14 838 Kontaktpersonen der Kategorie I bearbeitet. Insgesamt sind 167 Personen in Zusammenhang mit einer Covid-19 Infektion in Stadt und Landkreis gestorben. 160 Personen sind in Stadt und Landkreis in Quarantäne ( Stand 19. Februar)