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Schweinfurt
Corona-Infizierte kritisieren das Gesundheitsamt Schweinfurt
Positiv getestete Schweinfurter berichten, tagelang nicht in Quarantäne geschickt worden zu sein. Auch sei die Kontaktverfolgung inkonsequent. Was das Gesundheitsamt dazu sagt.
Das Schweinfurter Gesundheitsamt steht in der Kritik.
Foto: Martina Müller | Das Schweinfurter Gesundheitsamt steht in der Kritik.
Nicolas Bettinger, Volontär, Mediengruppe Main-Post
Nicolas Bettinger
 |  aktualisiert: 18.02.2024 16:07 Uhr

Die seit Wochen hohen Corona-Fallzahlen haben in Teilen der Bevölkerung das Vertrauen ins Schweinfurter Gesundheitsamt schrumpfen lassen. Auch die im April verzögert gemeldeten Fallzahlen, die zu einer verzerrten RKI-Inzidenzberechnung führten, waren ein gefundenes Fressen für viele Kritiker. Nun gerät das Gesundheitsamt erneut in die Schusslinie. Denn positiv auf Corona getestete Schweinfurter erheben schwere Vorwürfe gegen die Behörde.

Unbestritten ist, dass die Mitarbeiter im Gesundheitsamt Schweinfurt in Zeiten der Pandemie alle Hände voll zu tun haben. Ihren Einsatz und Engagement lobten erst kürzlich sowohl Landrat Florian Töpper als auch die Schweinfurter Stadtverwaltung. Immer wieder betont das Gesundheitsamt, die Isolierung von Infizierten sowie die zeitnahe Nachverfolgung ihrer Kontakte sei gewährleistet. Doch genau dem widersprechen nun einige Schweinfurter, die bereits am Coronavirus erkrankten und die dem Gesundheitsamt Überforderung attestieren.

"Ich hätte sage und schreibe fünf Tage etliche Menschen anstecken können"

Einer von ihnen ist Klaus Meder. Der 62-jährige Schweinfurter ist sich sicher, dass die Arbeitsweise des Gesundheitsamtes mitverantwortlich für die hohen Inzidenzwerte in der Region sei. Als er an einem Freitag im April ein positives PCR-Testergebnis erhielt, begab er sich laut eigener Aussage "sofort" in häusliche Quarantäne. "Am Samstag informierte ich von mir aus das Gesundheitsamt Schweinfurt über mein Testergebnis", so Meder. Es sei ihm dabei erklärt worden, dass er sich so lange im öffentlichen Raum bewegen könne, bis das Gesundheitsamt ihn kontaktiere, erzählt Meder.

Dabei sei ihm sogar gesagt worden, dass seine sich eigens auferlegte Quarantäne nicht notwendig sei. Drei Tage später, erzählt der 62-Jährige, habe er das Gesundheitsamt nochmals über sein positives Testergebnis informiert. "Wieder die gleiche Antwort:  'Sie müssen abwarten, bis wir sie anrufen'", erinnert sich Meder. Am Mittwoch habe sich das Gesundheitsamt dann schließlich bei ihm gemeldet und ihn über die Quarantäneverordnung informiert. "Ich hätte sage und schreibe fünf Tage etliche Menschen anstecken können, obwohl das Gesundheitsamt über meinen positiven Test informiert war", staunt Meder.

Wurde zu spät nach Kontaktpersonen gefragt?

Die Aussage des Gesundheitsamtes, wonach alle positiv Getesteten spätestens nach 24 Stunden kontaktiert werden, "klingt wie der blanke Hohn für mich", betont der 62-Jährige. So bekomme Schweinfurt die Pandemie nie in den Griff, da helfe auch keine Verschärfung der Ausgangsperre, sagt Meder. Und er setzt noch eine Schippe drauf: "Der Höhepunkt des Ganzen war, dass die Anrufer zunächst keine Angaben zu Kontaktperson von mir wissen wollten." Meder zeigt Verständnis für das hohe Arbeitspensum des Gesundheitsamtes. "Unverständlich ist aber der leichtfertige Umgang, trotz vorliegender Informationen, mit infizierten Personen." Deshalb müsse sich dringend etwas ändern.

Klaus Meder ist mit seiner Kritik nicht alleine. Weitere Leserinnen und Leser meldeten sich bei der Redaktion und berichteten von ähnlichen Erfahrungen. Eine Frau bezeichnete es etwa als "lachhaft", dass das Gesundheitsamt betone, die Kontaktverfolgung stehe an erster Stelle. In ihrem Fall habe sich das Gesundheitsamt erst am siebten Tag nach dem positiven Corona-Testergebnis bezüglich der Quarantäne gemeldet. Erst nach zwei Wochen sei sie dann nach Kontaktpersonen befragt worden. Weitere Hinweise liegen der Redaktion vor, die auf Probleme bei der Isolierung und Kontaktnachverfolgung von Infizierten hindeuten. Doch führten vereinzelte Fehler zu solchen Pannen oder gibt es generelle Überlastungsprobleme im Gesundheitsamt?

Gesundheitsamt Schweinfurt spricht von Ausnahmen

Von Überlastung will Landrat Florian Töpper nicht sprechen und verweist auf 150 Personen, die im Gesundheitsamt auch für die Kontaktnachverfolgung zuständig sind. Auch auf die scharfe Kritik der CSU reagierte er kürzlich deutlich und verteidigte die gute Arbeitsleistung im Gesundheitsamt.  Man habe bereits personell aufgestockt, um weiter eine konsequente Bearbeitung zu gewährleisten. Auf Nachfrage der Redaktion stellte der kommissarische Leiter des Gesundheitsamtes, Matthias Gerhrig, klar, dass die angesprochenen Fälle vorkommen könnten, es sich dabei aber um Ausnahmen handele. Hierfür gebe es mehrere Gründe. So sei etwa die Schnelligkeit der Nachverfolgung abhängig von der Anzahl der eingehenden positiven Befunde. Alle Fälle müssten abgearbeitete werden, jedoch sei auch die Arbeitszeit der Mitarbeiter endlich. Gibt es also sehr viele Fälle an einem Tag, könne dies durchaus mal zu Verzögerungen führen.

Allerdings, erklärt Gehrig, sei es grundsätzlich unproblematisch, wenn ein positiv Getesteter erst einen Tag später kontaktiert werde, da er sich laut Allgemeinverfügung und nach Aufklärung durch den Testenden ohnehin selbstständig in Isolation zu begeben habe. Im Gesundheitsamt seien verschiedene Aufgabengebiete organisiert, die nacheinander abgearbeitet würden. So werde ein positiv Getesteter zunächst nur kontaktiert, um Fragen zu Symptomen und Testung zu beantworten. Erst danach melde sich ein sogenannter Kontaktpersonenerheber beim Infizierten, um nach dessen Kontakten zu fragen.

Probleme mit falschen Personendaten

Danach wiederum würden die Kontaktpersonen nacheinander kontaktiert und in Quarantäne geschickt, bekommen einen Testtermin und werden anschließend von einer dritten Einheit betreut. Eine vierte Arbeitskraft kümmert sich dann darum, dass alle Beteiligten eine schriftliche Bescheinigung der Quarantäneverordnung zugemailt bekommen. Die vielen Arbeitsschritte führten in der Regel allerdings nicht zu solch langen Verzögerungen wie anfangs beschrieben.

Laut Gehrig sei ein weiterer Grund dafür, dass manch positiv Getestete erst verspätet informiert werden, fehlende Daten. Demnach komme es immer wieder zu Schwierigkeiten durch falsche Schreibweisen, falsche Geburtsdaten oder fehlende Adressen und Telefonnummern. So sei es vereinzelt schwierig, Personen überhaupt zu erreichen. In diesen Fällen müsse dann die Polizei helfen und betroffene Personen zuhause aufsuchen, damit sie sich beim Gesundheitsamt melden. Gesundheitsamt, Landratsamt und Stadt Schweinfurt appellierten daher erneut an die Eigenverantwortung der Bürger.

 
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  • Einwohner
    Warum stecken sich in Schweinfurt soviele an? Halten sich da viele nicht an die AHA Regeln?
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  • Einwohner
    Mal völlig unabhängig vom Gesundheitsamt, wo hat sich der Mann denn angesteckt und warum bzw. wie?
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  • seneca
    Hoffentlich sind im Amt keine Leugner und Querdenker tätig
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  • jebusara@web.de
    Warum braucht der Deutsche immer jemand der ihm sagt was er tun soll? Wenn ich positiv bin gehe ich in Quarantäne! Da gehöre ich nämlich hin und wenn mir noch so oft "kannst ruhig raus gehen" zugerufen wird. Der gesunde Menschenverstand und die Verantwortung für Andere sagt eindeutig: bleib drin, stecke niemand an und warte bis du ein negatives Ergebnis vorweisen kannst.
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  • seifertfrank@me.com
    Das ist korrekt. Dennoch erledigt das Gesundheitsamt seine Arbeit mehr als ungenügend. Das ist leider Fakt und muss doch angesprochen werden dürfen.
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  • clubfan2@gmx.de
    Wer hat eigentlich
    bis vor zwei Jahren gewusst
    was ein Gesundheitsamt so macht?
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  • Albatros
    Also der Tenor in dieser Sache ist ziemlich eindeutig, aber letztlich wird sich wie immer auch in dieser Behörde keiner der Verantwortung stellen. Es wäre sicherlich falsch, die Mitarbeiter im Gesundheitsamt oder auch in anderen Behörden als faul zu bezeichnen. Aber letztlich muss man feststellen, dass die Beschäftigten in Behörden und Ämtern in normalen Zeiten eher weniger ausgelastet sind. Wie könnte es sonst sein, dass tausende Beamte während ihrer Arbeitszeit Versicherungen und Bausparverträge verkaufen (https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/versicherer/debeka-debakel-innenministerium-warnt-beamte-vor-versicherern/9132106.html?ticket=ST-1527262-hZc9Pz3qefPBAQrczgdV-ap6). Corona hat zweifelsohne gravierende Anforderungen an die Behörden gestellt und damit waren diese, auf Grund ihrer gewohnten Arbeitsweise, komplett überfordert. Wer jahrelang in Ämtern und Behörden gearbeitet hat, hätte mit den Erfordernissen in der freien Wirtschaft kaum eine Chance.
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  • fritschdittelbrunn
    Das passt ins Bild.
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  • Richard24
    Warum dürfen Studierende aus Hochrisikogebieten (Indien) überhaupt einreisen, im Studentenwohnheim als positiv Geteste frei umherlaufen und keiner überwacht oder kontrolliert das!!! Nach stundenlangen Telefonaten(Warteschleife) wurde ich vom Gesundheitsamt an die Ausländerbehörde der Stadt Schweinfurt verwiesen(wieder Warteschleife) O-Kommentar: " Wenn die sich nicht an Quarantäne Regeln halten-rufen Sie einfach die Polizei!" Wir Bewohner der Stadt SW halten uns schön brav an die AHA-Regeln und bald haben wir die verschiedensten Mutationen hier! Leider interessiert das keinen!
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  • sanduhr
    1.500 Leute arbeiten im Gesundheitsamt. Da frage ich mich, wieviele Personen in und um Schweinfurt sich täglich anstecken müssen, so dass das Gesundheitsamt überlastet ist? Wieviele infizierte Personen kann ein Mitarbeiter des Gesundheitsamtes täglich überhaupt kontaktieren? Eins? Zwei? Drei? oder Keins???
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  • brauerei
    150 nicht 1500
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  • t.horling
    Auch ich habe in meinem Bekanntenkreis von Fällen gehört, wie sie Herr Meder schildert.
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  • rusda@web.de
    Mich wundert nichts, bei der Erfahrung die wir selber mit dem GA SW gemacht haben. Meine Frau war Kontakt 1. Die Konversation mit dem GA SW darf hierbei mindestens als fraglich bezeichnet werden. Hätten wir nicht aktiv angerufen, wäre da nicht wirklich viel gekommen. Als Beispiel wurde uns mal gesagt, dass der Sachbearbeiter gerade in Mittag wäre und uns ein anderer keine Auskunft geben könne. Der Sachbearbeiter werde sich sofort melden. Als nichts passierte, riefen wir eben am Folgetag wieder an, um weiteres wie anderweitige Kontakte, mögliche Folgequarantänen….. weiterzumelden. Bei zwei Bekannten, welche im identischen Fall ebenso Kontakt 1 waren, aber anderen Lkr. und somit anderen GA´s angehörten, lief es so wie man es sich vorstellt/wünscht. Da erfolgte täglich eine aktive und zielführende Konversation seitens des GA……. Diese Landkreise sind inzwischen auch 1x fast unter 50 und 1x unter 35. Auch von Arbeitskollegen könnte ich Sachverhalte berichten, die der Wahnsinn sind…..
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  • Mike123
    Diese oben beschriebenen Fälle kann ich leider auch nur bestätigen....
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  • seifertfrank@me.com
    Das kann ich nur bestätigen. Ausnahmefälle. Das ich nicht lache. Unsere Familie ( drei Infizierte) ist es so ergangen und ich weiß von zahlreichen Fällen, bei denen dies genauso war. Nach Kontaktpersonen sind wir zu keiner Zeit gefragt worden und mein Fall wurde erst erfasst und bearbeitet, nachdem ich bereits aus der Quarantäne entlassen wurde. Hätte mich mich nicht selbst isoliert, hätte ich zahlreiche Infektionen auslösen können.
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  • peter.bohn@t-online.de
    Ähnliche Fälle, wie von Herrn Meder geschildert, kenne ich auch aus meinem näheren Umfeld. Wahr ist aber auch, dass Infizierte ihre Kontaktpersonen nicht angeben und Arbeitgeber ihre Mitarbeiter sogar dazu auffordern, Kontakte an der Arbeitsstelle nicht anzugeben. Klingt absurd, ist evtl. ein trauriger Einzelfall, war aber so.
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  • fw@widdi.de
    bei meinem Arbeitgeber war es wohl ähnlich..... das GA wollte scheinbar keine Namen hören.. obwohl der Arbeitgeber die Kontaktpersonen gekannt hätte *schulterzuck* Datenschutz... manchmal steht man sich selbst im Weg traurig
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  • @braunmatthias Eigenverantwortung und Menschenverstand und nicht immer nach dem "Staat, Amt etc." rufen. Ich Stimme Ihnen zu.
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  • stellar
    So manch ein verantwortlicher ist ungeeignet vernünftig mit Corona um zu gehen. Im Josefs Krankenhaus gehen Fensterputzer durch alle Zimmer und wurden nicht getestet. Wenn einer dieser Corona hat und mich als Patient ansteckt könnte es meinen Tot bedeuten.
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  • kaleos
    Wenn man das hier so liest, kann man nur den Kopf schütteln. Jetzt den schwarzen Peter an das Amt zu geben. JEDER hat mit seinem Verhalten dafür zu sorgen, dass keiner zu Schaden kommt. Wenn ich positiv bin und das weiß gebe ich natürlich dem Amt sofort Bescheid aber selbstverständlich wäre es auch gewesen die zu informieren mit denen ich zusammen war und nicht auf den Anruf vom Amt zu warten. Eigenverantwortung NULL vorhanden.
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