
Es kommt nicht alle Tage vor, dass Schweinfurt präsidialen Besuch hat. Eva Maria Welskop-Deffaa, die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, hat der Pfarrgemeinde St. Anton einen Besuch abgestattet. Sie war beim Surfen im Netz auf das Zentrum "Casa Vielfalt" aufmerksam geworden und hatte sich quasi selbst zu einer Besichtigung eingeladen.
Ist das "Casa Vielfalt" ein Projekt für die Zukunft? Kann der Dachverband von Schweinfurt etwas lernen? Die Erwartung war hoch, das Fazit der Präsidentin am Ende der knapp zweistündigen Führung aber eindeutig: "Das ist die Zukunft der Caritas."
Ein großes Empfangskomitee erwartete den hohen Gast aus München am Eingang des Zentrums. Vertreter der örtlichen Kirchengemeinde, des Bischöflichen Ordinariats, des Caritasverbandes Stadt und Landkreis Schweinfurt sowie der Kommunalpolitik und Kooperationspartner nutzten die Gelegenheit, um mit der Präsidentin in den Dialog zu kommen.
Casa Vielfalt als Leuchtturmprojekt bezeichnet
Im Jahrbuch des Deutschen Caritasverbandes werde das casa Vielfalt als Leuchtturmprojekt bezeichnet, sagte Kilian Hartmann, der Vorsitzende des Kreis-Caritasverbandes Schweinfurt, stolz. Nach dem Umbau der Kirche St. Anton für über 17 Millionen Euro ist hier ein Begegnungsort für Menschen verschiedener Kulturen, Religionen und Generationen entstanden. Verschiedene soziale Einrichtungen arbeiten unter dem Dach der Caritas mit der Kirchengemeinde St. Anton zusammen, um miteinander neue Wege zu gehen.
Es gibt Beratungs- und Betreuungsangebote, konkrete Hilfen in schwierigen Lebenssituationen und spirituelle Angebote. Im casa Vielfalt kann man zwanglos miteinander reden, andere Menschen kennenlernen, Teil einer Gemeinschaft werden. Hier kann man über Gott und die Welt sprechen, Gemeinschaft erleben oder den Glauben erfahren. Im Mittelpunkt steht immer der Slogan "Vielfalt leben".

"Caritas und Kirche haben hier etwas Neues entstehen lassen", verdeutlichte Hartmann den innovativen Ansatz. Angebote wie das Friedhofs-Café und das Café Charisma, der Austausch zwischen Muslimen und Christen oder Workshops für Grundschüler zum Thema "Angst vor dem Tod" bringen Menschen unterschiedlicher Lebenswelten zusammen und liefern konkrete Hilfen zur Lebensbewältigung.
Lob von der Caritas-Präsidentin
"Hier ist alles vorbildlich vereint", lobte die Caritas-Präsidentin. Es sei eine große Ermutigung zu sehen, wie die Grundwerte der Caritas, Nächstenliebe und Wohltätigkeit, hier umgesetzt werden. In einer Gesellschaft, die immer mehr zerfalle, brauche es solche Begegnungsorte. "Es reichen aber nicht nur Räume", so Welskop-Deffaa, es brauche auch die Menschen, die Leben in die Räume bringen.
"Wir haben ausgezeichnetes Personal", verwies der örtliche Caritas-Vorsitzende Kilian Hammer auf das Engagement der Beschäftigten, besonders auf das von Marion Hammer, der Koordinatorin des casa Vielfalt. "Ohne sie wären wir nicht da, wo wir heute sind." Hartmann nutzte deshalb die Gelegenheit, die beiden anwesenden Domkapitulare Clemens Bieber und Christoph Warmuth auf die weitere Notwendigkeit der finanziellen Unterstützung durch die Diözese hinzuweisen, damit die Koordinationsleitung auch in Zukunft gesichert sei.

Wie es überhaupt zu dem gemeinsamen Projekt casa Vielfalt gekommen ist, erläuterte Kirchenpfleger Ottmar Prell. Ziel der Umbauarbeiten war, die in den 1950er-Jahren gebaute Kirche zu verkleinern. Die Zahl der Plätze wurden von 700 auf 138 reduziert. So entstand Raum für soziale Einrichtungen der katholischen Kirche, die bislang verteilt waren.
Unter dem Namen "Casa Vielfalt" ist nun neben der Kirche St. Anton und der gleichnamigen Kindertagesstätte auch das gebündelte Angebot des Caritasverbandes Schweinfurt vereint. Dazu gehören der soziale Beratungsdienst, die Gemeindecaritas, das Krisennetzwerk Unterfranken, der sozialpsychiatrische Dienst, das Tageszentrum und das ambulant betreute Wohnen.
Café Charisma bietet beschützte Tagesstruktur
Auch Nicht-Caritas-Angebote wie der Malteser-Hospizdienst, die Aidsberatung Unterfranken oder die Griechisch-Orthodoxe-Gemeinde haben im weitläufigen Gebäudekomplex ihren Platz. Konferenz- und Veranstaltungsräume sowie das Café Charisma, das Menschen mit psychischen Erkrankungen eine Zuverdienstmöglichkeit bietet, werden von allen gemeinsam genutzt.

"Der ganze Lebensbogen wird hier abgebildet", so Kirchenpfleger Prell, "und alles rankt sich um den Kirchenraum." Das Besondere: Niemand sieht den Menschen, die die Tür zum casa Vielfalt öffnen, an, ob sie zum Gebet oder zum zwanglosen miteinander Reden kommen oder ob sie Hilfe brauchen. Caritas-Präsidentin Welskop-Deffaa zeigte sich begeistert von diesem innovativen Ansatz: "Das ist absolut genial, solche Umbauten sollte es viel öfter geben."
Beim Rundgang durchs Haus zückte sie immer wieder ihr Smartphone, um die gelungene Architektur fotografisch festzuhalten. Dabei kam sie aus dem Staunen kaum heraus: "Ich bin ganz begeistert" oder "Eine solche Entdeckung", so die Reaktionen der Präsidentin. In Schweinfurt sei vieles realisiert, "was ich mir von der Caritas wünsche". Es gebe Angebote für den ganzen Lebenslauf. Welskop-Deffaa: "Das ist es, was die Menschen heute brauchen."