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Schweinfurt
Bürgerentscheid: Der Abend der unbequemen Wahrheiten
Wie geht es nach den ungültigen Bürgerentscheiden mit der Landesgartenschau-Planung weiter? Die Parteien treffen sich noch diese Woche zu Gesprächen.
Die Grafik zeigt, wie die Schweinfurter in den einzelnen Stadtteilen beim Bürgerentscheid abstimmten.
Foto: Grafik Jutta Glöckner | Die Grafik zeigt, wie die Schweinfurter in den einzelnen Stadtteilen beim Bürgerentscheid abstimmten.
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 27.04.2023 07:49 Uhr

Kurz vor 18.30 Uhr war Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) am Sonntag im Vorraum des großen Sitzungssaals im Rathaus. Gleich sollten die ersten Ergebnisse des Bürgerentscheids eintrudeln, das Stadtoberhaupt war zuversichtlich, dass das von ihm vehement vertretene Konzept pro Bürgerpark mit Landesgartenschau eine Mehrheit finden würde. "Ich bin lieber mittendrin im Auge des Orkans", sagte Remelé schmunzelnd und ging in den Sitzungssaal. Er ahnte nicht, wie groß der Orkan werden würde.

So groß, dass er unmittelbar nach der Auszählung bei einigen CSU-Stadträten für Wallung sorgte. Sie hielten sich strikt an der rechtlich völlig richtigen Sichtweise fest, dass beide Bürgerentscheide das Quorum verfehlten und deswegen nichts anderes gelten könne als der Stadtratsbeschluss von September pro Landesgartenschau. Aber kann man einfach weitermachen, als wäre nichts geschehen?

Gebannter Blick auf die Bildschirme bei der Auszählung: (v.l.) CSU-Fraktionschef Stefan Funk, der städtische Mitarbeiter Gerald Hofmann, OB Sebastian Remelé, Finanzreferentin Anna Barbara Keck und Stadträtin Ulrike Schneider.
Foto: Martina Müller | Gebannter Blick auf die Bildschirme bei der Auszählung: (v.l.) CSU-Fraktionschef Stefan Funk, der städtische Mitarbeiter Gerald Hofmann, OB Sebastian Remelé, Finanzreferentin Anna Barbara Keck und Stadträtin Ulrike ...

Kurz bevor im Sitzungssaal die Lichter ausgemacht wurden, standen der OB, seine Kontrahentin Ulrike Schneider und CSU-Fraktionsvorsitzender Stefan Funk beisammen. Man bemühte sich um höflichen Umgang, doch es war offensichtlich, dass sich der OB mit dem von SPD-Fraktionschef Ralf Hofmann ins Spiel gebrachten Kompromiss, Bürgerpark in der Ledward-Kaserne und keine Landesgartenschau, nicht sofort anfreunden wollte. Ulrike Schneider, selbst enttäuscht von dem Votum gegen den Stadtwald, versicherte, sie würde den Kompromiss mittragen. Aus Verwaltungssicht wäre der Kompromiss, Bürgerpark und Landesgartenschau - möglicherweise unter Einbeziehung der Anregungen des Bund Naturschutz - zu machen, und außerdem innerhalb der Stadtgrenzen an einem anderen Ort als der Kaserne deutlich mehr als die geforderten zehn Hektar aufzuforsten.

Eine grüne Lunge im Westen wichtig

Dass der Westen Schweinfurts eine grüne Lunge braucht, darüber ist man sich parteiübergreifend einig. Die Frage ist nur, wie man es umsetzt und ob die 5565 Nein-Stimmen beim Ratsbegehren nicht doch unter Einbeziehung der erstaunlich vielen ungültigen Stimmen - nach Angaben der Verwaltung teilweise durchgestrichene Fragen, aber auch leer abgegebene Stimmzettel - eher für eine Erfüllung des Quorums sprechen. "Aus unserer Sicht ist das eine ganz klare Ablehnung der Landesgartenschau und des Stadtwaldes an dieser Stelle", so die Einschätzung von SPD-Fraktionschef Ralf Hofmann. Die Option Bürgerpark legt Hofmann dagegen bewusst auf den Tisch. 

Schaut man sich die Wahlen in den Stadtteilen an, sieht man Erstaunliches: In keinem Stadtteil holte das Ratsbegehren eine Mehrheit. Selbst im Musikerviertel, das an die Kaserne angrenzt, stimmte man dagegen. Hier gelang es dem Stadtwald-Bürgerbegehren, Stimmengleichheit herzustellen. Am Deutschhof gab es als einzigem Stadtteil mehr Stimmen für den Wald als dagegen. Zählt man nur die Ja-Stimmen, hätte der Stadtwald die Mehrheit gehabt - auch das eine bittere Wahrheit für die Landesgartenschau-Befürworter. 4417 Wähler stimmten beim Stadtwald mit Ja, 4366 beim Bürgerpark mit LGS. Die Stichfrage entschied auch der Stadtwald für sich: 4407 zu 4360.

Aufklärungsbedarf im Hinblick auf die Landesgartenschau

CSU-Fraktionschef Stefan Funk war nachdenklich. Er halte die Landesgartenschau nach wie vor für gut, gesteht aber ein, dass es offensichtlich Aufklärungsbedarf gibt. Er wolle zunächst in der Fraktion diskutieren. Auf Ulrike Schneider bezogen erklärte Funk, es seien "keine tiefen Wunden geschlagen worden. Wir achten uns und reden regelmäßig miteinander."

Unter den Initiatoren des Ratsbegehrens pro Bürgerpark mit Landesgartenschau gehen die Meinungen auseinander. Linken-Fraktionschef Frank Firsching betont: "Man kann nicht so einfach über so ein deutliches Ergebnis hinwegsehen und so tun, als wäre nichts passiert." Adolf Schön (proschweinfurt) sieht "keinen Grund, die Landesgartenschau nicht stattfinden zu lassen." Auch wenn es knapp ausging, das Quorum sei nicht erreicht. Reginhard von Hirschhausen (Grüne) schlussfolgert, dass die Mehrheit der Wähler möchte, dass die Flächen in der Kaserne entsiegelt werden. Die Befürchtung, die LGS-Kosten könnten aus dem Ruder laufen, sei größer als gedacht gewesen. Er möchte Gespräche mit den anderen Fraktionen führen, wie es weitergeht. "Wenn wir nach einem ungültigen Quorum einen Stadtratsbeschluss kippen, schaffen wir einen Präzedenzfall", warnt er.

 
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  • Reinshagen153@t-online.de
    Die umbequemste Wahrheit: Die Bürger, die am meisten vom Bürgerpark profitieren sollen, im Musikerviertel, stimmten wie alle, mehrheitlich dagegen und hatten nach obiger Grafik mit 14,49 % die geringsten Wahlbeteiligung aller Stadtteile! Die weit vom Bürgerpark entfernten Viertel Steinberg/Hochfeld aber 29,22 % und Eselshöhe 31,82 %.

    Würden aber die Hochfelder jemals in einen Bürgerpark zwischen Stadionzaun und Kynologischen Club gehen? Niemals - die fahren in ihrer Freizeit nach Volkach zum Spargelessen oder nach Meiningen in den Englischen Garten. Das zeigt: "Bürgerpark" ist nur ein populäres Schlagwort idealisierender, bürgerlicher Kreise und Politiker, die meist im SWer Osten wohnen.

    Stadtentwicklung mit sozialromantischen Schlagworten scheitert kläglich und verbrennt Millionen. Die Stadt sollte alles tun, dort (außer)universitäre Forschung hinzubringen. Die nächste Krise der örtl. Großindustrie droht durch Automatisierung & E-Mobilität. Jetzt sollte man sich breiter aufstellen!
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  • t.horling
    Die Stadt muß Stellung nehmen, wie die hohe Zahl ungültiger Stimmen zustande kam. Liegt evtl. ein ähnlicher Fall vor wie vor kurzem in Oberbayern?

    https://www.ovb-online.de/rosenheim/rosenheim-land/beim-auszaehlen-verzettelt-10345039.html
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  • all
    Die Wahlbeteiligung bei der letzten Stadtratswahl lag bei gerade mal 60% - wie l e g i t i m ist so ein Stadtrat, Landtag, Bundestag - und ab wann sagen sie die WAHL ist ungültig ... und die PARTEIEN repräsentieren nicht das VOLK und den WÄHLER ?
    Sagen sie bei der Stadtratswahl wenn die WAHLBETEILIGUNG unter xyz-Prozent liegt dann auch die WAHL ist ungültig weil zu wenig gewählt haben ? zwinkern
    Die NICHTWÄHLER haben damals mit 40% die Stadtratswahl gewonnen !
    >Die WAHLVERLIERER wollen die Wirklichkeit + Ergebnis der direktdemokratischen Abstimmung nicht akzeptieren :
    ERGEBNIS: 1.Platz 2 x NEIN hat gewonnen- 2.Platz Stadtwald - 3.Platz LGS=Stadtpark

    >Die WAHLVERLIERER wollen die direktdemokratische Entscheidung der 30% an diesem Thema der städtischen Entwicklung interessierten, gut informierten und engagierten WÄHLER nicht a k z e p t i e r e n - leugnen nun mit juristischen Winkelzügen+TRICKS wie trotzige Kinder beim "Mensch ärgere Dich nicht" - die WIRKLICHLICHKEIT zwinkern Quo vadis SW ?
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  • t.horling
    "ob die 5565 Nein-Stimmen beim Ratsbegehren nicht doch unter Einbeziehung der erstaunlich vielen ungültigen Stimmen - nach Angaben der Verwaltung teilweise durchgestrichene Fragen, aber auch leer abgegebene Stimmzettel - eher für eine Erfüllung des Quorums sprechen."

    Eine völlig zutreffende Einschätzung, Herr Schikora! Für mich ist das Quorum angesicht von mehr als 10% ungültigen Stimmen unter politischen, wenn auch nicht juristischen Gesichtspunkten erreicht. Wobei man dem Grund für diese beisspiellos hohe Zahl an ungültigen Stimmen weiter nachgehen muß.
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  • frika
    Für was wurden bitte rechtliche Regularien geschaffen, wenn sie dann egal sind? Damit wäre jeder Interpretation Tür und Tor geöffnet. Und was soll bitte eine "politisches" Quorum sein? Verfehlt ist verfehlt. Was für ein Kasperltheater!
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  • Reinshagen153@t-online.de
    Aber warum gab es so viele ungültige Stimmen? Was ich schon vor der Wahl wusste: SPD & SW1.News rieten für Wähler, die weder LGS noch Stadtwald wollten, die Stichfrage durchzustreichen, mit dem irrtümlichen Hinweis, der Wahlschein würde dadurch nicht ungültig. Warum hat das der Wahlausschuss nicht richtig gestellt? Kein Wähler kannte sich richtig aus, nicht mal Politiker. Warum ließ man die Wähler so schlecht informiert zur Wahl? Da kann man schon eine Absicht unterstellen.

    Zudem waren die Fragen pro LGS und pro Stadtwald nicht neutral gestellt, sondern mit Kommentaren schöngeredet. Was sollen solche Kommentare auf einem Wahlschein? (sage ich als langjähriger Unions-Wähler).

    Wie tief ist doch SW nach der einmaligen Grieser-Ära gefallen, mit einer LGS an der schlechtesten Stelle und dann noch Verschleierung vor einem Bürgerentscheid. W. Schäuble würde wohl sagen: Die SWer CSU blickt in den Abgrund
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