Er hätte sich wohl mehr erwartet, vielmehr erhofft: Als Ministerpräsident Markus Söder am Mittwoch vor die Presse trat, um die Beschlüsse des Ministerrats zu verkünden, war Tomi Neckov, Vizepräsident des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands (BLLV) online live dabei. Und musste hören, dass nichts von dem angekommen ist, was der Verband so dringend in einem Brandbrief im März von Söder und seinem Kultusministerium gefordert hatte: Impfangebote für alle Lehrer, eine andere Regelung der Selbsttests bei Schülern, weniger Leistungsstress.
Stattdessen habe Söder die Vorschläge und Fragen des BLLV sowie anderer Verbände als "Quatsch" bezeichnet. Und dann ein Konzept vorgestellt, dass nach Ansicht Neckovs dringend nachgebessert werden muss, "sonst fällt es ihnen auf die Füße".
Dass die Impfungen von Lehrern laut Söder Fahrt aufnähmen, ist dem BLLV-Vizepräsidenten und und Rektor der Frieden-Mittelschule in Schweinfurt nicht genug. Nur wenige Lehrer seien bisher geimpft. Das gelte auch für diejenigen, die als erste drankommen sollten: Sonderpädagogen oder Grundschullehrer. Nur rund ein Viertel der Grundschullehrer sei inzwischen geimpft, schätzt Neckov.
"Daher fordern wir als BLLV nach wie vor ein schnelles Impfangebot für alle Lehrkräfte, vor allem in unterfränkischen Hotspot-Gebieten wie zu Beispiel in Schweinfurt-Stadt, Rhön-Grabfeld oder Haßberge." Auch dort gäbe es vierte Klassen und Abschlussklassen, in denen die Schüler und Lehrkräfte in die Schule kommen müssten. "Solange Lehrer kein Impfangebot bekommen haben, dürfen sie aus unserer Sicht nicht in die Schule", sagt der BLLV-Vize. Dann müsse es Distanzunterricht geben.
Selbsttests zuhause statt im Klassenzimmer
Nicht funktionieren wird seiner Ansicht nach auch die vorgestellte Teststrategie mit Selbsttests in allen Schularten. Zwar sei die neue eingeführte Testpflicht für Schüler und Lehrer und damit regelmäßige Testungen der richtige Weg. Die Umsetzung aber sieht Neckov kritisch. Die Tests müssten vor dem Unterricht und bei Jüngeren von medizinischem Fachpersonal durchgeführt werden, so die Forderung. Es brauche eine differenzierte Umsetzung – für kleine Schulkinder auf der einen, für größere auf der anderen Seite.
"Gerade die jüngeren Kinder können es nicht selbst bewältigen. Wir haben Kinder, die es nicht schaffen, sich die Schnürsenkel zu binden. Diese Kinder können sich auch nicht selbst und ohne Unterstützung testen", erklärt Neckov. Lehrerinnen und Lehrer sollten die Tests nicht leisten müssen, sie seien kein medizinisches Fachpersonal. Und schließlich lehnen laut BLLV-Vize auch viele Eltern, gerade von jüngeren Kindern, die Tests in der Schule oft ab. Das hätten Umfragen an den Schulen vor den Ferien gezeigt.
Warum die Tests nicht von den Eltern zuhause durchführen lassen? Die Frage ist eine von vielen, die sich für Tomi Neckov auftut: "Kann der Test im Klassenzimmer unter hygienisch ausreichenden Bedingungen und unter Einhaltung des Datenschutzes gemacht werden? Wie geht man mit positiven Kindern um? Was passiert, wenn die Tests gerade am Anfang nicht ausreichen? Was machen wir mit Schülern, die sich nicht testen lassen möchten? Warum verwenden wir keine Pooltests?" All das ist sei ungeklärt.
Neue Lösungen für Übertritt und ein freiwilliges Förderjahr
Außerdem fordere der BLLV "endlich ein Entstressen der Lern- und Leistungskultur". Im Distanzunterricht könnten und dürften keine schriftlichen Leistungsnachweise erhoben werden. Damit sei die Leistungsmessung in diesem Schuljahr in vielen Regionen gelaufen. Bis manche Klassen wieder in die Schule kommen, werde es wahrscheinlich Mai, schätzt Neckov. Daher fordere der BLLV, dass Eltern nach Beratung durch die Lehrkräfte über den Übertritt in der vierten Klasse entscheiden könnten. Zum anderen müsste in allen Jahrgangsstufen ein freiwilliges Förderjahr angeboten werden. Denn manche Schülerinnen und Schüler seien in der Pandemie "auf der Strecke geblieben". Auch darauf weisen Lehrerinnen und Lehrer seit Monaten hin.
Wäre Herr Söder auf die Vorschläge und Fragen eingegangen hätten er und sein Kultusminister Piazolo ihr Versagen in dieser Sache zugeben müssen!
Das Wort "Quatsch" ist bezeichnend und zeigt die Hochnäsigkeit eines selbstverliebten, eitlen Mannes der sich medial wortgewaltig durch die Pandemie wurschtelt. Betrachtet man es genauer muss man leider feststellen, dass in Bayern nichts besser läuft im Vergleich zu anderen Bundesländern.
Das Wort "Quatsch" zeigt auch deutlich die Missachtung gegenüber den Personen die vom Fach sind!
Die Lehrer haben mit vielem Recht – aber weder werden sie gehört, noch haben sie die Möglichkeit, selbst etwas zu verändern. Und sehr wenige Lehrer sehen sich überhaupt in der Rolle, Verantwortung zu übernehmen.
Und so wenden sich die Lehrer in einer gewissen Hilflosigkeit an die Politik und erwarten, dass ihnen – wie sie es gewohnt sind – alle relevanten Entscheidungen abgenommen werden. Aber das funktioniert gerade hinten und vorne nicht …
Es wäre längst an der Zeit, das Schulsystem zu hinterfragen und ernsthaft den Muff der letzten 200 Jahre auszumisten. Weg mit den Sesselpupern im Ministerium, weg mit den Lehrern, die ihre Aufgabe als erfüllt ansehen, wenn sie einen Lehrplan im Klassenzimmer heruntergebetet und die Noten eingetragen haben, weg mit Unterrichtskonzepten, die aus der Kaiserzeit stammen …
Aber das wird wohl ein Traum bleiben …