
Die erste Ernte in ihrer Haselnuss-Plantage steht an, etwa hundert Kilo Früchte erwarten Sarah und Christian Kimmel in diesem Herbst. Mit dieser Menge wollen sie vor allem ausprobieren, wie sie künftig die Nüsse ihrer 1100 Bio-Bäume bei Pfersdorf vermarkten werden: Indem sie die ganzen Früchte verkaufen, sie weiterverarbeiten zu Aufstrichen oder Gebäck oder aus ihnen, eine ganz andere Alternative, Werntal-Haselnussgeist brennen lassen.
Auf jeden Fall möglichst regional und direkt will das Ehepaar seine Bio-Nüsse an die Verbraucher bringen. "Nussquelle Oberes Werntal" nennt sich denn auch die Idee der Nebenerwerbslandwirte. Dass auf der Fläche in der Nähe der Wernquelle bald viele Haselnüsse sprudeln werden, hofft das Paar.
Eher zufällig von der Möglichkeit des Haselnuss-Anbaus gehört
Die Beiden hatten sich vor der Übernahme des konventionellen elterlichen Betriebs in Pfersdorf überlegt, wie man sich auf kleiner Fläche spezialisieren könnte. Per Zufall hörte Christian Kimmel, hauptberuflich in der Schweinfurter Industrie tätig, im Radio von der Möglichkeit des Haselnussanbaues. "Ich habe damals noch darüber gelächelt", erinnert er sich.

Doch die Neugier war geweckt, intensive Recherchen folgten, dazu ein Seminar zum Anbau von Bio-Nüssen an der Öko-Akademie Bamberg der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau. Betriebsbesichtigungen unter anderem auf einer 40 Hektar großen Plantage bei Dresden kamen hinzu. Und es gab die Aussicht, die Früchte über die Erzeugergemeinschaft der bayerischen Haselnussanbauer zu verkaufen. Liefern könnten die Kimmels ihre Werntal-Bionüsse auch in eine oberfränkische Anlage.
2018 nahm Christian Kimmel einen damals verpachteten drei Hektar großen Acker zurück, zäunte ihn gegen Wildverbiss ein und begann mit seiner Frau, die ersten 250 Bäume in Handarbeit zu setzen. "Eigentlich sollten es mehr werden, aber das war das erste extrem trockene Jahr, weshalb uns die Baumschule wegen zu schwacher Wurzelausbildung keine Pflanzen lieferte." Denn Qualität sei ihr wichtig gewesen. "Und was nützt es uns, wenn die zierlichen Bäumchen dann eingehen?"

Die zweite Pflanzaktion mit 850 Bäumchen folgte im Herbst 2019. In exaktem Abstand und mit fünf Meter Reihenbreite setzte das Ehepaar die Jungpflanzen, schließlich sollen die Bäume vier bis sechs Meter hoch und ausladend werden. "Nur wo Licht hinfällt, wachsen die Nüsse", weiß Christian Kimmel. Die Umstellung auf biologische Landwirtschaft wurde zum Jahresbeginn 2020 angemeldet.
Auf der Plantage wächst jetzt zwischen den Reihen Gras, das alle acht Wochen gemulcht und gestriegelt wird, um die Nährstoffe auf der Fläche zu halten. Auch die Mäuse sollen dadurch gestört werden. Für deren fliegende Jäger hat Kimmel hohe Sitzstangen errichtet, von denen aus sich die Greifvögel auf ihre Beute stürzen können.
Warum das Unkraut um die Bäume alle vier Wochen entfernt wird
Zur Pflege der Anlage, die in den ersten Jahren besonders intensiv ist, gehört auch, direkt an den Bäumchen alle vier Wochen das Unkraut auf einen Meter Breite mit einer Unterfräse zu entfernen. Dadurch sollen zum einen die Seitenwurzeln vermieden und der Baum zum Tiefwurzeln erzogen werden. Zum anderen können durch die Bodenbearbeitung mögliche Larven des schädlichen Haselnussbohrers erwischt werden.
Vier verschiedene Haselnuss-Sorten mit einem Erntezeitraum ab Mitte September bis Ende Oktober haben die Kimmels gepflanzt. Es sind veredelte Pflanzen auf der türkischen Baumhasel, die einen Stamm und eine Pfahlwurzel ausbilden und extrem große Nüsse tragen.
Ab dem fünften Jahr ist mit einer richtigen Ernte zu rechnen
Bisher entfernte das Paar frühzeitig die ersten Früchte, damit die Bäumchen ihre Energie in das Wachstum stecken können. Deshalb sei erst ab dem fünften Jahr mit einer richtigen Ernte zu rechnen, meint Sarah Kimmel. Diese soll mittels ausgelegter Netze unter den Bäumen erfolgen, ähnlich wie bei der Olivenernte.
Wie alles in der Landwirtschaft sind auch die Haselnussbäumchen vom Wetter abhängig. In den extrem heißen, trockenen Sommern mussten die Neu-Landwirte mit einem selbst gebauten Bewässerungswagen die Pflänzchen gießen. Auch die Eisheiligen hinterließen Spuren. Aber der viele Regen in diesem Jahr ließ trotz der Kälte die Bäumchen gut wachsen.

Jetzt geht es um die Vermarktung und darum ob der Betrieb selbst die entsprechende Technik zum Knacken oder Rösten anschafft, oder die Nüsse ganz verkauft. Aber eine direkte und regionale Vermarktung bleibt das Ziel. Dabei soll die hofeigene Homepage www.nussquelle.de ebenso helfen wie das Netzwerk der Ökomodellregion Oberes Werntal.
Warum 80 Kilo Zwiebeln ein Nebenprodukt der Haselnussplantage sind
Über ebay-Kleinanzeigen versucht das Paar derzeit, etwa 80 Kilo Zwiebeln zu verkaufen. Sie sind das Nebenprodukt ihrer Haselnussplantage: Gegen Mäuse und Blattläuse hatten die Kimmels je eine Zwiebel unter ein Bäumchen gesteckt und damit nicht nur die Schädlinge im Zaum gehalten, sondern auch eine ansehnliche Zwiebelernte eingefahren.