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Schweinfurt
Betriebe in Main-Rhön suchen händeringend Azubis – und doch ist die Unsicherheit bei jungen Leuten groß
Der Ausbildungsmarkt ist bisher stabil, sagen Vertreter der Agentur für Arbeit in Schweinfurt. Es wäre wichtig, dass es dabei bleibt – für alle Seiten.
Es gibt Berufe, bei denen viele Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben, unter anderem bei Maler- und Lackierern, wie auf unserem Symbolbild.
Foto: amh-online.de | Es gibt Berufe, bei denen viele Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben, unter anderem bei Maler- und Lackierern, wie auf unserem Symbolbild.
Katja Beringer
 |  aktualisiert: 22.11.2024 02:40 Uhr

Die ersten Auswirkungen der "wirtschaftlichen Schwächephase werden zunehmend spürbar", heißt es in einer Mitteilung der Agentur für Arbeit Schweinfurt. Für den Ausbildungsmarkt gilt das nicht. Zwar gebe es leichte Signale, dass er sich anpassen wird, sagt Thomas Schlereth, Teamleiter der Berufsberatung im Gespräch.  Wesentlich reduzieren werde sich das Ausbildungsangebot der Betriebe aber nicht, man brauche Nachwuchskräfte, darin ist sich Schlereth mit Alexandra Elbert, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur, einig.

Die Chancen für eben jene Nachwuchskräfte sind so gut wie nie. Rein statistisch fallen auf jeden Bewerber im Bereich der Agentur für Arbeit Schweinfurt, die neben der Stadt und dem Landkreis Schweinfurt auch die Kreise Bad Kissingen und Haßberge umfasst, 1,9 Ausbildungsstellen. 4422 Lehrstellen hatten die Betriebe der Agentur im Ausbildungsjahr 2023/2024 gemeldet, 2334 Bewerber für eine duale Ausbildung gab es. Das sind, grob gesagt, all diejenigen, die sich über die Berufsberatung der Agentur für eine Ausbildung interessiert hatten. Zum Vergleich: 2004/2005 war es noch umgekehrt, gab es doppelt so viele Jugendlichen wie Ausbildungsplätze.

Die 22 Berufsberaterinnen und -berater der Agentur gehen in alle Schulen im Zuständigkeitsbereich – von Mittelschulen bis Gymnasien. Doch die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber, die für das Ausbildungsjahr 2023/2024 in der Statistik erfasst sind, ist nicht gleich der Zahl derjenigen, die tatsächlich auch in die Ausbildung gehen könnten. Wer keine Schulpflicht mehr hat – also Realschüler oder Abiturienten – zählt nur dann als Bewerber, wenn er oder sie sich meldet.

Berufsberater: Die Unsicherheit bei vielen jungen Leuten ist gestiegen

Das dürfte der Großteil sein, aber nicht alle. Trends allerdings kann man deutlich erkennen. Immer mehr Jugendliche wollen im "schulischen System" bleiben, wie Schlereth es nennt. Heißt: Sie versuchen die Klasse zu wiederholen, um die Noten zu verbessern, gehen auf weiterführende Schulen, streben höhere Schulabschlüsse an.

Alexandra Elbert, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Schweinfurt, und Thomas Schlereth, Teamleiter der Berufsberatung der Agentur. Die Chancen für junge Leute, einen Ausbildungsplatz zu finden, sind ungebrochen gut, sagen sie.
Foto: Katja Beringer | Alexandra Elbert, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Schweinfurt, und Thomas Schlereth, Teamleiter der Berufsberatung der Agentur.

Was sich noch feststellen lässt: die zunehmende Unsicherheit unter jungen Leuten, sagt Berufsberater Schlereth. Der Grund? Über den lasse sich viel spekulieren. Vielleicht seien es die Rahmenbedingungen, die vielen Möglichkeiten (es gibt 360 Ausbildungsberufe), die Angst, den falschen Weg einzuschlagen, Erwartungen der Eltern. Was Schlereth aber auch feststellt: Die meisten jungen Leute sind motiviert, haben sich Gedanken über ihre Zukunft gemacht und informiert.

Für diejenigen, die sich auch nach der Schule schwertun bei der Entscheidung oder noch nicht bereit sind für eine Ausbildung, gibt es vielfältige Unterstützungsangebote der Agentur für Arbeit. Kern dabei sind immer Praktika. Ein wichtiger Baustein bei der Entscheidungsfindung, meint Schlereth. Und ein Modell, das Arbeitgeber und künftige Azubis zueinander bringen kann.

Für qualifizierte Fachkräfte gibt es gute Perspektiven, auch in der Region

Für junge Menschen ist die "Situation eigentlich bombig", sagen Schlereth und Elbert. Trotzdem sollten sich junge Leute früh informieren und gute schulische Leistungen anstreben. Die Berufsausbildung sichere nach wie vor einen guten Start in ein zukunftssicheres Berufsleben und minimiere das Risiko einer möglichen Arbeitslosigkeit, fasst es Elbert zusammen. Außerdem gebe es für qualifizierte Fachkräfte Perspektiven. "In unserer Region stehen in den nächsten zehn Jahren zahlreiche klein- und mittelständische Betriebe vor der Herausforderung, eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger zur Weiterführung des Betriebes zu finden, auch dies kann für viele eine berufliche Chance bieten."

Die Betriebe wüssten, wie wichtig qualifizierte Fachkräfte seien, um wettbewerbsfähig zu bleiben, betont Elbert. Sie suchten nach wie vor "händeringend nach Azubis". Nicht nur über die Agentur für Arbeit, sondern auf allen Kanälen – von Jobbörsen bis hin zu Instagram. Allerdings: In welchen Bereichen Azubis händeringend gesucht werden und wofür sich viele jungen Leute interessieren, klafft oft weit auseinander. Das zeigt ein Blick auf die Top-10-Listen der Ausbildungsberufe.

Die beliebtesten Berufe sind nicht unbedingt die am meisten gesuchten

Am beliebtesten sind demnach Kfz-Mechatroniker, Fachinformatiker und Elektroniker (Energie- und Gebäudetechnik) bei den Männern und Medizinische Fachangestellte, Kauffrau und Industriekauffrau bei den Frauen. Dem gegenüber steht die Top-Liste der am häufigsten unbesetzten Ausbildungsstellen: Auf Platz 1 Kaufmann/-frau im Einzelhandel, gefolgt von Verkäufern sowie Malern und Lackierern.

Übrigens: der Arbeitsmarkt der Region zeigt im Oktober zwar eine gesunkene Arbeitslosenquote, allerdings war der erwartete saisonale Rückgang schwächer als in den vergangenen Jahren. Im Oktober waren in der Region 8813 Menschen arbeitslos gemeldet, 230 weniger als im September. Verglichen mit Oktober 2023 sei die Zahl der Arbeitslosen jedoch um 14,3 gestiegen. "Die wirtschaftlich schwierige Lage wirkt sich auch in diesem Monat spürbar auf den Arbeitsmarkt aus", so Hella Knoop, Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit.

 
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