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Schweinfurt
Berufsschulzentrum: Neubau wächst, Lockdown braucht Perspektive
Der Lockdown trifft alle Schulen. Ein Berufsschulzentrum wie das Alfons Goppel, steht  vor weiteren Herausforderungen, denn wie vermittelt man Praxis in der Distanz? 
Man sieht schon etwas vom 'Magic Cube', dem magischen Würfel, wie ihn der Münchner Architekt Peter Schwinde nennt, der den Neubau entworfen hat. Dank seiner kompakten Bauweise und vier Stockwerke hoch, wird nur relativ wenig Platz verbraucht.
Foto: Helmut Glauch | Man sieht schon etwas vom "Magic Cube", dem magischen Würfel, wie ihn der Münchner Architekt Peter Schwinde nennt, der den Neubau entworfen hat.
Helmut Glauch
Helmut Glauch
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:20 Uhr

"Das Erdgeschoss ist am Werden, man sieht schon etwas vom Neubau." Oberstudiendirektor Joachim Sagstetter, Schulleiter des staatlichen Beruflichen Schulzentrums Alfons-Goppel in der Geschwister-Scholl-Straße in Schweinfurt, ist zufrieden mit dem Baufortschritt. Daran ändert auch die zwischenzeitliche Zwangspause aufgrund des Wintereinbruchs und der damit verbundenen teils zweistelligen Minusgrade nichts. Auch mit dem Zeitplan, so seine Information und sein Eindruck, sehe es gut aus. Der wegen Corona nur symbolisch durchgeführte Spatenstich fand im September statt, in rund eineinhalb Jahren, zum Schuljahresbeginn 2022/23 soll im Neubau der Unterricht starten. 

Gute Zusammenarbeit mit den Behörden, aber es gibt es Lieferengpässe

Die Schule steht auf Stadtgebiet, gehört aber dem Landkreis, der dafür gemäß Planung 53,7 Millionen Euro in die Hand nimmt, von denen zwischen 18 und 29 Millionen in Form von Fördermitteln wieder in die Landkreiskasse zurückfließen werden. Der ambitionierte Neubau ist somit das teuerste Projekt in der Geschichte der Gebietskörperschaft. In Sachen Neubau ist also alles im grünen Bereich, auch die Zusammenarbeit mit den Entscheidungsträgern und zuständigen Behörden funktioniere sehr gut, so Sagstetter.   

Mehr Sorge, und damit steht er als Schulleiter sicher nicht alleine da, macht ihm der anhaltende Lockdown, der auch das berufliche Schulzentrum zum schülerfreien Raum gemacht hat. Online-Unterricht ist zur Routine geworden, kann aber dennoch den echten Kontaktunterricht nur unzureichend ersetzen. Die Lehrkräfte versuchen alles, ihre Schülerinnen und Schüler vom Home-Office aus mit Lerninhalten zu versorgen. Natürlich bestehe, wie an anderen Schulen auch, immer die Gefahr, einzelne Schüler, etwa aus bildungsferneren Schichten, ein Stück weit zu verlieren.

Lernschwache Schüler, die teilweise ohne Schulabschluss kommen, die der direkten Motivierung bedürften, seien dafür besonders gefährdet – auch weil zu Hause das technische Gerät dafür nicht immer im erforderlichen Umfang zur Verfügung steht. Leihgeräte für Schüler und Lehrerdienstgeräte sind beantragt, so Sagstetter. Das Landratsamt arbeite in dieser Hinsicht auch wirklich schnell und man fühle sich massiv unterstützt. Dennoch scheitere die Umsetzung im Moment mitunter daran, dass es auf dem Markt Lieferengpässe für die benötigten Endgeräte gebe. Der Distanzunterricht werde deshalb zu einem Großteil von privaten Geräten aus erledigt.

Joachim Sagstetter, Schulleiter des staatlichen Beruflichen Schulzentrums Alfons Goppel, ist zufrieden mit dem Baufortschritt des 53,7  Millionen Euro-Neubaus. Gleichzeitig wünscht er sich, dass im Zuge der Corona-Pandemie und damit verbundener Öffnungsstrategien, die Situation beruflicher Schulen stärker in den Fokus gerückt wird. An Schulen, die einen hohen Anteil an praktischen Fähigkeiten zu vermitteln haben, sind dem Online-Unterricht Grenzen gesetzt.
Foto: Helmut Glauch | Joachim Sagstetter, Schulleiter des staatlichen Beruflichen Schulzentrums Alfons Goppel, ist zufrieden mit dem Baufortschritt des 53,7  Millionen Euro-Neubaus.

Darüber hinaus funktioniere Online-Unterricht meist nur zur Vermittlung theoretischer Inhalte. "Die Problematik ist, dass wir hier sehr viel Praxis zu vermitteln haben", so Sagstetter. Künftige Bäcker müssen backen, Kochen lernt man am Herd und auch für alle Arten der Pflegeberufe sei sehr viel Praxisunterricht nötig. Landwirtschaft, Gartenbau, Hauswirtschaft, die Liste ließe sich verlängern, verlangen einen großen Anteil an Vermittlung von praktischen Fähigkeiten, was am Bildschirm, wenn überhaupt, nur sehr eingeschränkt möglich sei. "Skifahren lernt man auch nicht auf Youtube, sondern indem man es übt", so der begeisterte Sportler Joachim Sagstetter.       

Zentrum für den Nachwuchs für soziale Berufe 

Vor allem der Nachwuchs in den Pflegeberufen, deren Vertreter in der Corona-Krise auch gerne mal als Helden bezeichnet wurden und denen man Beifall spendete, wird im Berufsschulzentrum ausgebildet. Junge Menschen, deren künftige Berufe im Zuge der Corona-Krise viel Wertschätzung erfuhren, bereiten sich am Beruflichen Schulzentrum auf ihr Arbeitsleben vor. Wer sich für einen Beruf in der Pflege entscheidet kommt häufig aus einer Mittelschule. Aber auch die befinden sich im Lockdown, weshalb der Austausch, zum Beispiel an Informationstagen, an denen sich Mittelschüler an beruflichen Schulen über Perspektiven informieren können, im Augenblick nicht stattfinden kann. "Falls es möglich ist, werden wir auch noch eine Präsenz-Infoveranstaltung hier im Haus durchführen." Auch der Berufsinformationstag im Konferenzzentrum auf der Maininsel, eine bewährte Perspektiven-Börse für Berufseinsteiger, kann heuer pandemiebedingt nicht wie gewohnt stattfinden.

Das Modell für den Neubau des Alfons-Goppel-Berufsschulzentrum in der Geschwister-Scholl-Straße in Schweinfurt. Zum Schuljahresbeginn 2022/23 soll alles fertig sein. Das Altgebäude wird dann abgerissen.
Foto: Schwinde Architekten | Das Modell für den Neubau des Alfons-Goppel-Berufsschulzentrum in der Geschwister-Scholl-Straße in Schweinfurt. Zum Schuljahresbeginn 2022/23 soll alles fertig sein. Das Altgebäude wird dann abgerissen.

Ganz ausfallen wird er dennoch nicht, denn der SBIT (Schweinfurter Berufsinformationstag) wird ins Netz verlegt. Er findet – kostenfrei und virtuell – am 21. April von 9 bis 12 Uhr statt. Alle angemeldeten Aussteller erhalten die Möglichkeit, sich und ihr Unternehmen in einem virtuellen Raum vorzustellen. Die verschiedenen Schulen bekommen einen Slot von einer Stunde, um zu gewährleisten, dass die jungen Leute ihre Fragen stellen können. Die Schulen wurden bereits angeschrieben, um sich anmelden zu können. Nach der Registrierung erhält die Schule einen Link, mit dem sie sich in den SBIT einloggen kann. Auch das Berufliche Schulzentrum, so Joachim Sagstetter, wird teilnehmen, um an diesem Tag über seine vielen Möglichkeiten informieren zu können.   

Und die sind trotz Großbaustelle nebenan genauso gut wie immer. "Wir ziehen hier nicht von einem Container in den anderen, der Schulbetrieb läuft in den Bestandsgebäuden unbeeinträchtigt weiter". Schon rein optisch trennt ein hoher Holzzaun den Schulbetrieb von der Baustelle. "Diejenigen, die im nächsten Schuljahr anfangen, sind voraussichtlich die ersten, die im neuen Gebäude ihren Abschluss machen." 

Karrierechancen sind gut

Wichtig wäre jetzt, dass möglichst bald auch wieder im Schulhaus unterrichtet werden kann und man Stück für Stück wieder zum  Normalbetrieb komme. Man sei hygienekonzepterprobt und gut vorbereitet. "Am besten können wir unsere Schülerinnen und Schülerinnen ausbilden und auf die Abschlussprüfungen vorbereiten, wenn sie hier im Haus sind", so Sagstetter.  Zum Beispiel in einem der vielen Berufe im weiten Feld der Pflege. Zukunftsträchtige Berufe, die nicht nur dringend gebraucht werden, sondern die auch enorme, aber in Schülerkreisen oft wenig bekannte Aufstiegsmöglichkeiten böten.

Berufe auch, die man sich als offener junger Mensch, durchaus einmal anschauen sollte, wenn es vielleicht mit dem ursprünglichen Wunschberuf nicht klappt. Nach einer Pflege-Ausbildung stünden alle Türen offen, sich über FOS/BOS oder Bayernkolleg weiter zu qualifizieren. Von der Pflegedienstleitung bis hin zum Einstieg in das Management einer Pflegeeinrichtung sei dann vieles denkbar. Dass jemand – einst Schüler am Beruflichen Schulzentrum Alfons Goppel – zum Beispiel einige Jahre später als Berufsschullehrer in das Haus zurückkehrt – sei keine Seltenheit.  

Im gesamten Schulzentrum Alfons Goppel unterrichten inklusive der Altenpflege und des beruflichen Förderzentrums (BFZ) 88 Lehrkräfte derzeit 740 Schülerinnen und Schüler in rund 1400 Wochenstunden.

 
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