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Kreis Schweinfurt
Berliner Cantourage Group lässt medizinisches Cannabis im Landkreis Schweinfurt produzieren: Was das bedeutet
Der Firmen-Standort ist ein Geheimnis – weil dort Cannabis gelagert wird, aus dem die Cantourage Group im Kreis Schweinfurt ein Medizinprodukt herstellt.
Auf die Blüte kommt es vor allem an - auch bei der Produktion von medizinischem Cannabis. Das wird seit kurzem auch in einem Betrieb im Landkreis Schweinfurt hergestellt.
Foto: Sebastian Kahnert | Auf die Blüte kommt es vor allem an - auch bei der Produktion von medizinischem Cannabis. Das wird seit kurzem auch in einem Betrieb im Landkreis Schweinfurt hergestellt.
Katja Beringer
 |  aktualisiert: 15.07.2024 16:51 Uhr

Während es bis zur Legalisierung noch dauern dürfte, ist Cannabis in einem Bereich längst Normalität: in der Medizin. Produzenten von medizinischem Cannabis gibt es einige, einer davon mit Sitz in Berlin. Die Cantourage Group bezeichnet sich selbst als einer der führenden Produzenten in Europa. Produziert werde ausschließlich in Deutschland, seit kurzem auch in Unterfranken.

Genauer gesagt in einem Ort im Landkreis Schweinfurt. Dort hat die Cantourage Group eine neue Produktionsstätte. Mehr gibt das Unternehmen über den Standort nicht preis.

Auf Nachfrage der Redaktion erklärt Cantourage-Marketing-Direktor Frederick Steudemann, man könne aus Sicherheitsgründen keine Angaben zum Standort machen. Schließlich werde "an der Produktionsstätte eine sehr große Menge Cannabis gelagert".

Die wichtigsten Antworten zur Produktion von medizinischem Cannabis in Unterfranken.

Warum fiel die Wahl von Cantourage auf einen Standort im Landkreis Schweinfurt?

Die Antwort auf diese Frage ist eindeutig: die Rahmenbedingungen passen. Am Standort "wurden und werden schon länger Arzneidrogen angebaut und hergestellt", sagt Marketing-Direktor Steudemann. Entsprechend fänden sich Firmen, die "uns entlang der Wertschöpfungskette unterstützen";  ebenso geschultes Personal. Bei den Partnern vor Ort handle es sich um bestehende Unternehmen in der Region und den angrenzenden Bundesländern.

Wird das Cannabis für die Produktion auch in Unterfranken angebaut?

Nein, in der neuen Produktionsstätte der Cantourage Group im Kreis Schweinfurt wird der Rohstoff nur verarbeitet. Ihn bezieht die Gruppe laut eigener Aussage von über 60 Anbaupartnern aus 18 Ländern – unter anderem aus Kanada, Uruguay, Jamaika, Neuseeland und Portugal.

Was ist eigentlich medizinisches Cannabis?

Blüten und teilweise auch Blätter werden bei der Produktion von medizinischem Cannabis zu einem pharmazeutischen Produkt verarbeitet, an das das europäische und auch das deutsche Arzneibuch hohe Anforderungen stellen. Zum einen, was den Wirkstoff betrifft, zum anderen was Hygiene betrifft.

Cantourage, das 2019 gegründet worden ist und 2021 sein erstes Cannabisblüten-Produkt in deutsche Apotheken gebracht hat, sei "einer der Marktführer in Europa für Cannabisblüten und Dronabinol, pures THC als Wirkstoff", sagt Frederick Steudemann. Inzwischen sei die Gruppe in acht europäischen Ländern aktiv.

Gibt es Hersteller von medizinischem Cannabis, die auch in Deutschland anbauen?

Ja, die Zulassung erteilt das Bundesinstitut für Arzneimmittel und Medizinprodukte. Deren Cannabisagentur steuert und kontrolliert laut Homepage den Anbau und die Verarbeitung von Cannabis zu medizinischen Zwecken.

Vergeben wurden Lose für den Anbau von Cannabis in Deutschland an drei Firmen – Aphria und Aurora mit Sitz in Kanada und das deutsche Startup Demecan aus dem sächsischen Ebersbach. Demecan bekam 2019 drei von 13 Losen, die in einem Ausschreibungsverfahren verteilt wurden, die anderen beiden Firmen jeweils fünf.

Pro Los darf eine Jahresmenge von 200 Kilogramm Cannabis aus dem Anbau produziert werden. Und zwar im Auftrag des Staates, der diese Mengen ankauft und an Hersteller von Cannabis-Arzneimitteln, Großhändler oder Apotheken weiterverkauft. Angebaut wird das Cannabis übrigens in gut gesicherten Gewächshäusern.

Was ist der Unterschied zu Nutzhanf, der auf Feldern in Deutschland angebaut wird?

Ganz einfach: der THC-Gehalt, also der in den Blüten enthaltene psychoaktive Wirkstoff. Dieser darf laut Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung bei Nutzhanf nicht über 0,2 Prozent liegen. Aus Nutzhaf wird nicht nur Öl gemacht. Aus der Pflanze lässt sich so einiges machen – von Fasern über Nahrungsergänzungsmittel bis hin zu Baustoffen.

Wofür wird medizinisches Cannabis eingesetzt?

Vor allem bei der Behandlung von chronischen Schmerzen werden solche Produkte eingesetzt, aber auch bei multipler Sklerose oder für Krebspatienten. Cannabis enthält über 80 Inhaltsstoffe, "Cannabinoide". Dazu gehören CBD, das muskelentspannend wirken soll, und THC.

Sind die Produkte frei verkäuflich?

Nein. Medizinisches Cannabis ist, wie der Name schon sagt, ein Medizinprodukt, bei dem festgeschrieben ist, wie viel Wirkstoff enthalten ist. Ein Arzt oder eine Ärztin muss es verschreiben. Voraussetzung ist laut Krankenkassen eine schwerwiegende Erkrankung bei der es keine andere Therapiealternative gibt.

Möglich ist Cannabis auf Rezept seit 2017. Seitdem steigen nach den Angaben des Bundesinstituts die Importmengen von Cannabis zur medizinischen und wirtschaftlichen Nutzung kontinuierlich. Im Jahr 2021 waren das rund 20,6 Tonnen.

Will Cantourage in den neuen Markt einsteigen, wenn Cannabis legalisiert wird?

Das ist laut Unternehmen durchaus vorstellbar – falls die Rahmenbedingungen für Cantourage attraktiv sind. Aktuell seien die Anforderungen für den Freizeitmarkt in Deutschland noch nicht definiert. Ein Blick in andere Märkte, zum Beispiel Kanada, zeige aber, dass die Anforderungen an eine pharmazeutische Herstellung, wie sie für medizinisches Cannabis festgelegt seien, deutlich höher wären als an eine Produktion für einen Freizeitmarkt. "Folglich sollten wir auch jeden Fall einen Freizeitmarkt bedienen können", sagt Marketing-Direktor Steudemann.

 
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