Außen hui und innen pfui. Dieser Spruch trifft, zugegeben etwas überspitzt formuliert, die Situation der Aussegnungshalle auf dem Gerolzhöfer Friedhof. Dank einer nicht allzu lange zurückliegenden Sanierung von Dach und Außenfassade präsentiert sich das Gebäude auf den ersten Blick in einem recht ordentlichen Zustand. Doch auf den zweiten Blick, ins Innere, wird einem schnell klar: Dort muss dringend saniert werden. Im jetzigen Zustand sei dort kein würdevoller Abschied von Verstorbenen möglich, beschrieb Bürgermeister Thorsten Wozniak während der Stadtratssitzung am Montagabend zusammenfassend die aktuelle Situation.
Deshalb verfolgt die Stadt seit längerem den Plan, das denkmalgeschützte Gebäude im Innern in einen ansprechenden und zugleich pietätvollen Zustand zu versetzen. Denn die vom Bürgermeister eingeworfene Alternative, die Aussegnungshalle "zuzusperren", dürfte nie ernsthaft zur Debatte gestanden haben. Hierfür ist dies ein viel zu sensibler Ort.
Architekt stellt Ergebnis der Untersuchungen vor
Um eine möglichst solide Planungsgrundlage für die anstehende Sanierung zu erhalten, war eine sogenannte denkmalpflegerische Voruntersuchung des Gebäudes notwendig, welche nun abgeschlossen ist. Beauftragt war damit das Architekturbüro Gruber-Hettiger-Haus mit Sitz in Karlstadt und Marktheidenfeld. Für dieses stellte Architekt Johannes Hettiger dem Stadtrat die Ergebnisse vor.
Ziel der Untersuchungen sei es gewesen, den Ist-Zustand der Aussegnungshalle möglichst haargenau zu erkunden, um am Ende "keine Wundertüte" an nicht erwartetem Aufwand und versteckten Kosten zu haben. Deshalb wurden Hettiger zufolge unter anderem ein verformungsgenaues Aufmaß erstellt, das jede noch so geringe Verformung aller Bauteile erfasst hat. Ein Tragwerksgutachten hat zudem alle vorhandenen Schäden kartiert.
Aufsteigende Feuchtigkeit bereitet Probleme
Das erfreuliche Ergebnis ist: die Dacheindeckung, der Dachstuhl und die Deckenbalken des Erdgeschosses sind in einem sehr guten Zustand, sagte Hettiger. Kleinere, durch aufsteigende Feuchtigkeit entstandene Schäden seien im unteren Bereich des Fachwerks der Innenwände festgestellt worden. Überhaupt würde der Einbau einer wasserundurchlässigen, gedämmten Bodenplatte, auf der das komplette Gebäude stehen soll, den größten Aufwand der anstehenden Sanierung darstellen, meinte der Architekt.
Zur möglichen Aufteilung der Innenräume legte Hettiger zwei Versionen vor, die sich nicht groß voneinander unterscheiden. Auf jeden Fall soll durch den Wegfall einiger Wände ein großer, pietätvoller Raum entstehen, in dem die Trauernden Abschied nehmen können. Dieser Raum wird bestuhlbar sein. Hinzu kommen sollen ein kleiner Raum für den Geistlichen, eine Toilette und ein Lagerraum.
Barrierefreier Zugang über die Seitentür
Die Aussegnungshalle soll weiter über den portikusartig gestalteten Eingang betreten werden. Allerdings schlägt die Variante, die der in die Planungen eng eingebundene Arbeitskreis "Friedhof" favorisiert, vor, dass eine faltbare Glastür einen möglichst transparenten Zugang ins Gebäude ermöglicht. Da ein barrierefreier Zutritt über die Stufen am Hauptportal über eine Rampe "kaum ansprechend zu lösen ist", wie Hettiger feststellte, ist vorgesehen, einen solchen über eine vorhandene Tür auf der südlichen Flanke der Aussegnungshalle sicherzustellen. Diesen könnten dann auch Bestatter zum Transport des Leichnams nutzen.
Bleiben die Kosten. Und diese werden nach der laut Architekt realistischen Berechnung auf Basis der aktuellen Kostenentwicklung im Bausektor bei etwa 628.000 Euro liegen. Das ist deutlich mehr, als im Haushaltsansatz für das Jahr 2024 dafür vorgesehen sind. Denn dort steht eine Summe von 250.000 Euro, wie eine Nachfrage von Arnulf Koch (CSU) ergab. Stadtbaumeisterin Maria Hoffmann hofft jedoch, dass die Stadt – wie bei solchen Vorhaben üblich – einen Zuschuss der Denkmalpflege erhält. Wie hoch dieser ausfällt, darüber ließe sich allerdings nur spekulieren.
Kosten spiegeln sich in den Friedhofsgebühren
Kämmerer René Borchardt berichtete, dass die Investition über einen festgelegten Zeitraum über die Friedhofsgebühren abgeschrieben wird. Normalerweise seien dies 40 Jahre. Möglicherweise verringere sich der Abschreibungszeitraum, weil es sich um ein Denkmal handelt. Dadurch würden jedoch die Gebühren in einem kürzeren Zeitraum deutlich höher ausfallen.
Auf eine Frage von Thomas Vizl (Geo-net) sagte Architekt Hettiger, dass in dem großen Raum, wenn dieser komplett bestuhlt werde, bis zu 50 Menschen Platz fänden. Der Entwurf sehe jedoch vor, zunächst einmal 30 Stühle anzuschaffen.
Kühlmöglichkeiten für Leichen dringend gesucht
Ob die geplanten vier Kühlzellen für je einen Leichnam nicht zu viel seien, wollte Norbert Finster (SPD) wissen. Aktuell gibt es in der Aussegnungshalle zwei Kühlzellen. Hoffmann antwortete, dass Nachfragen bei Bestattern ergeben hätten, dass Kühlmöglichkeiten "händeringend gesucht werden", vier Kühlzellen also nicht überdimensioniert seien.
Vizl regte an zu prüfen, inwieweit das Regenwasser vom Dach des Gebäudes vor Ort genutzt werden oder zumindest versickern kann. Zudem wünschte er sich eine Ausstattung des Innenraums ohne religiöse Symbole, um den Raum für Angehörige aller Glaubensgemeinschaften gleichermaßen nutzbar zu können.
Wann beginnt der Umbau?
In den Kosten dürften sich beide Varianten unwesentlich unterscheiden, erklärte der Architekt auf eine Frage von Günter Iff (Freie Wähler). Die Dauer der Sanierung veranschlagt der Architekt mit etwa einem Dreivierteljahr. Baubeginn könnte im kommenden Jahr, aber auch erst im darauffolgenden sein, meinte die Stadtbaumeisterin. Nun muss aufgrund der vorliegenden Vorentwürfe erst ein Architekturbüro gefunden werden, das die Maßnahmen umsetzt.
Während der Bauzeit wird die Aussegnungshalle nicht nutzbar sein. Währenddessen, so Bürgermeister Wozniak, könnten eventuell mobile Kühlboxen für die Aufbewahrung von Leichnamen zum Einsatz kommen. Oder man weiche auf Kapazitäten in Nachbargemeinden aus.
Der Stadtrat beschloss einstimmig, dass nun ein Fachbüro gefunden werden soll, das den vom Arbeitskreis "Friedhof" bevorzugten Entwurf der Voruntersuchung weiter verfolgt.